rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahlvorstand. Betriebsratswahl. Gewerkschaft. betriebsfremdes Gewerkschaftsmitglied. Bestellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bestellung eines betriebsfremden Gewerkschaftsmitglieds zum Mitglied des Wahlvorstandes kann dann erforderlich sein, wenn aufgrund fehlender Erfahrungen und Kenntnisse der zur Amtsübernahme bereiten Arbeitnehmer sowie aufgrund einer gescheiterten Betriebsversammlung zur Bestellung eines Wahlvorstandes nicht zu erwarten ist, dass ein nur aus betrieblichen Mitgliedern bestehender Wahlvorstand die korrekte Anwendung der Wahlvorschriften gewährleisten kann.

2. Hat es zwischen dem Arbeitgeber und den Initiatoren einer erstmaligen Betriebsratswahl Spannungen gegeben bzw. Versuche des Arbeitgebers, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen, kann die Bestellung eines betriebsfremden Gewerkschaftsmitgliedes erforderlich sein, um durch dessen Unabhängigkeit und durch dessen zu erwartende stärkere Durchsetzungskraft eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl zu gewährleisten.

 

Normenkette

BetrVG §§ 16-17

 

Tenor

Zur Durchführung der Betriebsratswahl im Betrieb des Beteiligten zu 2 werden als Wahlvorstand

  1. Herr … zugleich als Vorsitzender,
  2. … und
  3. Herr …
  4. eingesetzt.

Als Ersatzmitglieder des Wahlvorstandes werden

  1. für Herrn … Herr …
  2. für … Herr … und
  3. für Herrn … Frau …
  4. eingesetzt.

Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligte zu 1) begehrt die Bestellung eines Wahlvorstandes durch das Arbeitsgericht für eine Betriebsratswahl bei dem Beteiligten zu 2).

Die Beteiligte zu 1) ist eine im Betrieb des Beteiligten zu 2) vertretene Gewerkschaft.

Der Beteiligte zu 2) ist als Träger von ambulanten Familien- und Betreuungshilfen aktiv. Er beschäftigt ca. 105 Arbeitnehmer, sowohl Frauen als auch Männer, und betreibt in Berlin eine Zentrale und 3 Außenstellen.

Ein Betriebsrat existiert bei dem Beteiligten zu 2) nicht.

Mit Schreiben vom 18.06.2001, auf dessen zur Akte gereichte Kopie (Bl. 6 d.A.) Bezug genommen wird, luden 3 Arbeitnehmer des Beteiligten zu 2) zu einer Betriebsversammlung ein, auf der ein Wahlvorstand gewählt werden sollte. Die Betriebsversammlung wurde am 10.07.2001 durchgeführt, ein Wahlvorstand jedoch – insbesondere wegen der Abgabe vieler ungültiger Stimmen – nicht gewählt.

Von den Einladenden zur Betriebsversammlung arbeitet gegenwärtig nur noch Herr … bei dem Beteiligten zu 2). Die anderen beiden Arbeitnehmer sind zwischenzeitlich aufgrund angeblich verhaltensbedingter Kündigung bzw. aufgrund Aufhebungsvertrag aus dem Betrieb ausgeschieden. Gegenüber Herrn Konrad wurden Ermahnungen ausgesprochen.

Herr … neben 4 weiteren Arbeitnehmern des Beteiligten zu 2), der Frau … und Frau … sowie den Herren … zur Übernahme des Amtes des Wahlvorstandes bereit.

Daneben haben sich die hauptamtlichen Mitarbeiter und zugleich Mitglieder der Beteiligten zu 1), Herr … und Frau … zur Übernahme des Amtes bereit erklärt. Beide sind in der Durchführung von Betriebsratswahlen langjährig erfahren.

Die Beteiligte zu 1) ist der Auffassung, es sei erforderlich einen 5-köpfigen Wahlvorstand zu bestellen. Dies sei nötig aufgrund der Arbeitnehmerzahl und weil sich die Tätigkeit bei dem Beteiligten zu 2) auf verschiedene Stadtteile verteile, die Arbeitnehmer zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten und sich kaum kennen würden. Darüber hinaus sei die Bestellung eines betriebsfremden Gewerkschaftsmitgliedes, welches sich in der Durchführung von Betriebsratswahlen auskenne, als Wahlvorstand nötig, weil die Rechtslage durch die Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes besonders kompliziert sei. Bei den zur Amtsübernahme bereiten Arbeitnehmern des Beteiligten zu 2) fehlten die Kenntnisse und Erfahrungen, um die Wahl ordnungsgemäß durchzuführen. Außerdem seien. Repressalien von Seiten des Beteiligten zu 2) und Versuche, auf die Wahl Einfluss zu nehmen, zu befürchten. Dazu behauptet die Beteiligte zu 1), das Ausscheiden der beiden Einladenden zur Betriebsversammlung stehe im Zusammenhang mit deren Einsatz für die Betriebsratswahl. Der Beteiligte zu 2) habe den von Herrn … betreuten Familien mitgeteilt, Herr … werde nach seiner Gesundung nicht wieder im Betrieb arbeiten.

Die Beteiligte zu 1) beantragt,

zur Durchführung einer Betriebsratswahl im Betrieb der Antragsgegnerin einen aus 5 Personen zusammengesetzten Wahlvorstand zu bestellen, bestehend aus

  1. dem Angestellten Herrn … als Vorsitzenden,
  2. Herrn … als Beisitzer,
  3. der Angestellten Frau … als Beisitzerin,
  4. dem Angestellten Herrn … als Beisitzer,
  5. dem Angestellten Herrn … als Beisitzer

sowie als Ersatzmitglieder

  1. der Angestellten Frau … als 1. Ersatzmitglied
  2. Frau … als 2. Ersatzmitglied.

Der Beteiligte zu 2) stellt keinen Antrag.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist zulässig und überwiegend begründet. Nach § 17 Abs. 4 BetrVG i.V.m. § 16 Abs. 2 BetrVG war ein Wahlvorstand zur Durchführung der Wahl eines Betriebsrates im Betrieb des Beteiligten zu 2) in der aus dem Tenor ersichtlichen Zusammensetzung zu bestellen.

1.

Nach § 17 Abs. 2 und 3 BetrVG kann – sofe...

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