Tenor

I.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch den Aufhebungsvertrag

vom 17.09.2002 nicht aufgelöst wurde.

II.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Vertragsbedingungen als Zugbetreuer, zunächst bis zum 30.09.2003, weiterzubeschäftigen.

III.

Die Kosten hat die Beklagte zu tragen.

IV.

Der Streitwert wird auf 7.200,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger steht seit dem 4.11.1964 als Zugbetreuer in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern. Mit der am 3.12.2002 bei Gericht eingegangenen Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses und Weiterbeschäftigung, hilfsweise auf Zeugniserteilung in Anspruch.

Die Parteien schlössen mit Datum vom 17.9.2002 einen Aufhebungsvertrag zum 31.10.2002. Hierauf wird Bezug genommen. Dem Aufhebungsvertrag liegt ein Vorgang vom 13.9.2002 zugrunde. Die Beklagte wirft dem Kläger vor, es bestehe der dringende Verdacht oder der Nachweis, der Kläger habe an diesem Tag während seiner Schicht versucht, das Mobiltelefon eines Bahnkunden zu veruntreuen. Zwischenzeitlich hat die Beklagte vorsorglich eine Kündigung ausgesprochen, die aber nicht Gegenstand dieses Rechtsstreites ist.

Der Kläger trägt vor: Er habe nicht versucht, das Mobiltelefon des Kunden für sich zu vereinnahmen. Der Aufhebungsvertrag sei am 17.9.2002 unterschrieben worden. Der Aufhebungsvertrag sei rechtsunwirksam gemäß den §§ 305 ff BGB. Zudem sei der Aufhebungsvertrag mit Schreiben vom 12.11.2002 rechtswirksam angefochten worden.

Zum Zeitpunkt des Kammertermins war nicht bekannt, dass der Kläger 2 Tage vor diesem Kammertermin verstorben war.

Der Klägervertreter stellt deshalb die Anträge

  1. festzustellen, dass der zwischen den Parteien mit Datum vom 17.9.2002 abgeschlossene Aufhebungsvertrag unwirksam ist.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Zugbetreuer weiterzubeschäftigen.
  3. Hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Zeugnis mit folgendem

Wortlaut zu erteilen:

Zeugnis

Herr … geboren am … 64, trat am 01.09.1982 bei unserer Rechtsvorgängerin, der Deutschen Reichsbahn ein. Herrn … war als Zugbetreuer in unserem Unternehmen tätig.

  • Gewährleistung einer pünktlichen und betrieblich korrekten Zugfahrt im Zusammenspiel mit dem Team unter Anleitung des Zugchefs
  • erforderliche betriebliche, technische und örtliche Diensten ausführen
  • Sicherstellen einer ständigen, für den Kunden erkennbaren Dienstleitungsqualität
  • Gewährleistung von Pünktlichkeit und Sicherheit
  • Betreuung der Fahrgäste im und am Zug, Präsenz im Zug
  • Erkennen und Weiterleiten von Kundenwünschen
  • Produktbezogene Serviceaufgaben, APS – Service
  • Überwachen und Sicherstellen von Ordnung und Sicherheit im Zug
  • Einnahmesicherung

Herr … führte seine sämtlichen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit aus. Hervorzuheben sind seine guten Fachkenntnisse.

Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war immer einwandfrei.

Wir wünschen Herrn … seinen weiteren beruflichen Werdegang alles Gute. Berlin, 17.09.2002.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Die Beklagte trägt vor: Nach bisheriger Erkenntnis sei der Aufhebungsvertrag letztlich am 20.09.2002 abgeschlossen. Der Aufhebungsvertrag sei rechtswirksam. Unwirksamkeitsgründe gemäß BGB lägen nicht vor. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes habe die Beklagte zu dem Schluss kommen müssen, dass der Kläger versucht habe, ein Kundentelefon zu unterschlagen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in der Hauptsache begründet, wobei der Antrag des Klägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung jedoch offensichtlich obsolet ist.

Nach Auffassung der Kammer ist der Aufhebungsvertrag vom 17.9.2002 mangels Widerrufsbelehrung gemäß den §§ 349 und 355 BGB rechtsunwirksam.

Nach Auffassung der Kammer stellt der Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien einen entgeltlichen Vertrag gemäß § 312 Abs. 1 Ziff. 1 BGB dar. Bereits in der Entscheidung vom 6.9.2000 hatte die erkennende Kammer darauf hingewiesen, dass auch Verträge zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die am Arbeitsplatz abgeschlossen werden, eine entgeltliche Leistung gemäß § 1 Abs. 1 Haustürwiderrufsgesetz (HTWG) darstellen können (vgl. Arbeitsgericht Berlin vom 6.9.2000 – 31 Ca 6027/00 – in Arbeit und Recht 2002, Seite 193).

Der gesetzliche Wortlaut des Haustürwiderrufsgesetz (HTWG) ist in das bürgerliche Gesetzbuch übernommen worden. Nachdem das Haustürwiderrufsgesetz (HTWG) von dem Kunden gesprochen hatte, spricht jetzt § 13 BGB vom Verbraucher. Nach Auffassung der Kammer hat sich jedoch inhaltlich nichts geändert. Der Untertitel 2 des zweiten Buches des BGB zum Schuldrecht spricht eindeutig dafür, dass auch Arbeitsverhältnisse erfasst werden sollen (vgl. zu der rechtlichen Auseinandersetzung etwa Annus in Betriebsberater 2002 Seite 458, Thüsing in Betriebsberater 2002 Seite 2666, Hümmerich im Anwaltsblatt 2002 Seite 671 und Schleusener...

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