Entscheidungsstichwort (Thema)

arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Kündigungsfrist von 18 Monaten

 

Leitsatz (amtlich)

Die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichen Kündigungsfrist von 18 Monaten zum Monatsende ist bei einem Einkaufsleiter Einkauf International einer europaweit tätigen Supermarktkette zulässig.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Streitwert: EUR 39.000,00.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer arbeitsvertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von 18 Monaten.

Der am 0.0.1980 geborene Kläger ist Diplom-Betriebswirt und war ab 0.0.2005 als Einkäufer bei der s. Tochter der Beklagten, der L. beschäftigt. Die Beklagte betreibt in Europa eine Supermarktkette mit über 9.000 Filialen und über 170.000 Mitarbeitern. In Deutschland beschäftigt sie ca. 60.000 Mitarbeiter in über 3.300 Filialen. Die Arbeitsvergütung des Klägers bei der L. betrug zuletzt jährlich EUR 0,00; arbeitsvertraglich war eine Kündigungsfrist von einem Monat vereinbart.

Mit Wirkung zum 01.August 2009 wechselte der Kläger zu der Beklagten und ist seither für diese als Einkaufsleiter Einkauf International tätig. Sein Anfangsgehalt betrug jährlich brutto EUR 0,00 und wurde ab 01.03.2011 auf EUR 0,00 erhöht; hinzu tritt die Überlassung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 30.Juli 2009, der den Kläger als leitenden Angestellten einordnet, vereinbarten die Parteien in § 5:

„Das Arbeitsverhältnis kann von beiden Seiten mit einer Frist von 18 Monaten zum Monatsende gekündigt werden.”

Der Arbeitsvertrag wurde von der Beklagten vorformuliert. Eine Probezeit sah er nicht vor. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wurde nicht vereinbart.

Bei der Beklagten ist ein Mitglied des Vorstands für den Einkauf zuständig. Dieses Vorstandsressort ist organisatorisch in die vier Sparten „F.”, „N.-F-”, „O. und G.” und „V. E.” unterteilt. Jeder Sparte steht eine als Geschäftsleitungsmitglied bezeichnete Führungskraft vor. Die Sparte „F.”, in der der Kläger seit seiner Einstellung eingesetzt wurde, ist in mehr als 20 verschiedene Bereiche untergliedert. Der Kläger wurde im Bereich „M.” eingesetzt und verantwortete den Einkauf der Markenprodukte der Unternehmen B., G, R. und L. mit Produkten wie „N.”, „B”, „O.”, „V.”, „C.”, „G.”. Im Gegensatz zu anderen Produkten haben die Lieferverträge mit diesen Lieferanten relativ lange Laufzeiten zwischen 6 Monaten und bis zu 18 Monaten. An den Verhandlungen mit der Firma B. nahm der Kläger teil, die Preisvereinbarung wurde direkt vom Vorstand abgeschlossen. In der gesamten Sparte F. sind nur der Kläger und ein weiterer Mitarbeiter mit Prokura ausgestattet. Die vom Kläger betreute Produktgruppe hat ein Einkaufsvolumen von mehreren Hundert Millionen Euro.

Mit Schreiben vom 30.08.2011 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Die Beklagte stellte den Kläger mit Wirkung ab 02.09.2011 unter Fortzahlung seiner Bezüge von der Arbeitsverpflichtung frei; diese Freistellung dauert zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung an.

Die Beklagte besteht auf der Einhaltung der Kündigungsfrist bis 28.02.2013.

Der Kläger trägt vor,

die im Vertrag vorgesehene Kündigungsfrist von 18 Monaten sei unzulässig. Sie verstoße gegen das in Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht der freien Wahl von Beruf und Arbeitsplatz und binde den Arbeitnehmer unverhältnismäßig lang. Die Verlängerung der Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer sei nicht grenzenlos zulässig. Es sei maßgeblich, ob eine vom Arbeitgeber einseitig diktierte Kündigungsfrist vom Standpunkt eines verständigen Betrachters einem begründeten und zu billigenden Interesse des Arbeitgebers entspricht. Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen sei das vorliegend nicht der Fall. Obwohl der Kläger in S. die gleiche Aufgabe gehabt habe, habe dort eine Kündigungsfrist von einem Monat genügt. Es reiche eine Kündigungsfrist von 6, maximal 12 Monaten, um dem Interesse der Beklagten am Schutz vor Wettbewerbern und vor einer Mitnahme des Know-Hows des Klägers zur Konkurrenz gerecht zu werden. Die Einkaufskonditionen seien für das Jahr 2012 im Wesentlichen abgeschlossen. Da der Kläger bereits seit 01.09.2011 freigestellt sei und an den „Jahresgesprächen” für das Jahr 2012 mit den Lieferanten nicht teilgenommen habe, verfüge er auch über keinerlei Kenntnisse der künftigen Einkaufskonditionen. Er habe zudem keine Schlüsselposition inne, sondern sei relativ niedrig in der Hierarchie als Sachbearbeiter einzuordnen. Eine Absenz von eineinhalb Jahren sei daher nicht erforderlich, sondern führe vielmehr dazu, dass der Kläger den Anschluss an die Entwicklungen seines Berufs verliere.

Hinzu komme, dass die Beklagte mit der Vereinbarung der Kündigungsfrist die Zwangslage des Klägers ausgenutzt habe. Die Beklagte habe dem Kläger den Vertragstext mit der Kündigungsfrist erst am 20.08.2009 vorgelegt. Bis dahin sei nur über das Gehalt verhan...

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