Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung gezahlten Arbeitsentgelts nach Anfechtung durch Insolvenzverwalter
Leitsatz (amtlich)
Die Zahlung von Arbeitsentgelt für erbrachte Arbeitsleistung ist typischerweise ein Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO.
Die Unmittelbarkeit von Leistung und Gegenleistung entfällt bei Zahlung des geschuldeten Entgelts für Arbeitsleistung eines Bauhelfers während der Winterbauzeit nicht bereits bei Zahlungsverzug von weniger als 30 Kalendertagen.
Normenkette
InsO § 129 Abs. 1, § 130 Abs. 1-2, §§ 142, 143 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 1.560,38 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt nach im Beschwerdeverfahren erstrittener Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom Beklagten die Erstattung abgerechneten (Bl. 200 d.A.) und gezahlten Nettoarbeitsentgelts für den Februar 2007 in Höhe von 1.560,38 EUR.
Der Kläger wurde mit Beschluss vom 2.8.2007 vom Amtsgericht Erfurt zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der K. Hoch- und Tiefbau GmbH in E. bestellt (Az.: Amtsgericht E. 172 IN 270/07 – Bl. 145 d.A.). Der Insolvenzeröffnung vom selben Tage war ein beim Amtsgericht Erfurt am 18.4.2007 eingegangener Insolvenzantrag der AOK Th. vom 12.4.2007 (Bl. 146 f. d.A.) vorausgegangen. Die Gemeinschuldnerin bot jedenfalls bis zur Insolvenzeröffnung Leistungen im Bereich des Hoch- und Tiefbaus am Markt an und erbrachte überwiegend Beton-, Eisenbiege- sowie Maurerarbeiten für ihre Auftraggeber. Bereits seit Anfang Oktober 2006 befand sich der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin nicht mehr in Deutschland, weswegen er deren technischem Betriebsleiter S. am 1.10.2006 gegenüber der D. Bank AG Vollmacht erteilte, die geschäftlichen Interessen der Gemeinschuldnerin dieser gegenüber zu vertreten (Bl. 119 d.A.). Mit Wirkung zum 8.1.2007 stellte die Gemeinschuldnerin durch Herrn S. den Beklagten als Bauhelfer zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 5.1.2007 ein (Bl. 138 – 140 d.A.). Während der Entgeltanspruch des Beklagten von der Gemeinschuldnerin für den Monat Februar 2007 (Bl. 41 d.A.) rechtzeitig abgerechnet worden war, wurde ihm das Entgelt erst am 4.4.2007 ausgezahlt. Ein vorprozessuales Erstattungsbegehren des Klägers vom 18.9.2007 (Bl. 142 d.A.) über diesen Betrag an den Beklagten blieb erfolglos, so dass der Kläger mit seiner zum Arbeitsgericht Jena erhobenen Klage den Anspruch weiter verfolgt.
Der Kläger behauptet, die Gemeinschuldnerin habe sich bereits seit dem letzten Quartal des Jahres 2006 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden und nur schleppende Lohnzahlungen geleistet. Die seit Januar 2007 fälligen Löhne seien nur noch teilweise und nicht in geschuldeter Höhe bezahlt worden, wie sich daraus ergebe, dass sich die Lohnrückstände für die im Juli 2007 noch beschäftigt gewesenen 63 Arbeitnehmer auf ca. 232.000,– EUR belaufen hätten. Die Gemeinschuldnerin habe durch ihren technischen Betriebsleiter jeweils bei Fälligkeit der Lohnforderungen am 15. des Folgemonats alle Mitarbeiter auf deren Nachfrage darüber in Kenntnis gesetzt, dass wegen mangelnder Liquidität des Unternehmens Löhne nur in Abhängigkeit von Einnahmen aus laufenden Aufträgen gezahlt werden könnten. Der Kläger meint, damit habe der Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin am 4.4.2007 gekannt oder doch zumindest um das Vorliegen von Umständen gewusst, aus denen zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin zu schließen gewesen sei. Er hält deshalb seine Anfechtung für ebenso begründet wie sein Erstattungsbegehren, weil der Februarlohn in den letzten drei Monaten vor Eingang des Insolvenzantrages gezahlt worden sei.
Er beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.560,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.9.2007 zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, der Lohn für den Monat Januar 2007 sei pünktlich gezahlt worden. Darüber hinaus habe er am 4.4.2007 keine Kenntnis von der wirtschaftlichen Situation der Gemeinschuldnerin gehabt. Insbesondere sei er von Herrn S. über diese nicht informiert worden, wie der Beklagte auch nicht nach dem Auszahlungszeitpunkt für den Februarlohn gefragt habe. Hierzu habe auch kein Anlass bestanden, weil im Februar keine Lohnrückstände für ihn aufgelaufen gewesen seien und diese erst für März 2007 mit einer Fälligkeit am 15.4. 2007 aufgetreten seien. Im Übrigen bestreitet der Beklagte den Klägervortrag zur Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin am 4.4.2007.
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst den beigefügten Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, und den der Sitzungsniederschriften vom 21.4.2009 (Bl. 179 d.A.) und vom 31.7.2009 (Bl. 210, 211 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, weil der Beklagte nicht zur Erstattung des Nettolohns für den Monat Februar 2007 verpflichtet ist (...