Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 9.771,– DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer personenbedingten Kündigung.
Der am 08.08.1952 geborene, verheiratete Kläger ist seit 1979 zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Firma … dann bei der Beklagten als Kraftfahrer zu einem monatlichen Bruttogehalt i.H.v. DM 3.257,00 beschäftigt gewesen. Die Beklagte hat den Betrieb etwa Mitte Mai 1995 von der Firma … übernommen. Die letzte Betriebsratswahl hat noch bei der Rechtsvorgängerin am 17.05.1994 stattgefunden. Das Wahlergebnis wurde am 30.05.1994 ausgehängt. Auf das Bekanntmachungsschreiben vom 30.05.1994 wird Bezug genommen (vgl. Bl. 38 d.A.). Hieraus ergibt sich, daß 60 gültige Stimmen abgegeben wurden sowie fünf Betriebsratsmitglieder (davon 1 Arbeiter und 4 Angestellte) zu wählen waren. Bei den gewählten Mitgliedern handelt es sich um die Herren … sowie … Es ist streitig zwischen den Parteien, ob sich nach der Wahl ein funktionsfähiger Betriebsrat gebildet hat.
Mit Schreiben vom 06.12.1996 hat die Beklagte die ordentliche Kündigung zum 31.07.1997 ausgesprochen. Auf den Inhalt des Kündigungsschreibens wird Bezug genommen (vgl. Bl. 5 d.A.).
Mit Klageschrift vom 14.01.1997, eingegangen bei Gericht am 15.01.1997, wendet sich der Kläger gegen die ordentliche Kündigung. Die Klageschrift wurde der Beklagten am 22.01.1997 zugestellt.
Der Kläger trägt vor,
die Kündigung sei gem. § 102 BetrVG unwirksam, weil sie ohne Anhörung des Betriebsrates erfolgt sei. Im Betrieb der Rechtsvorgängerin der Beklagten habe ein Betriebsrat existiert. Der am 17.05.1994 gewählte Betriebsrat habe sich auch konstituiert (Beweis: Zeugnis des Herrn … etc.). Der konstituierte Betriebsrat habe auch mit dem Vorstand der … AG nach Konstituierung und Wahl verhandelt, was sich aus dem Schreiben der … AG gerichtet an den gewählten Betriebsrat vom 13.06.1994 (vgl. Bl. 51 d.A.) ergebe. Hierin wünschte der Vorstandsvorsitzende der … AG, daß zukünftig auf die Mitwirkung des Betriebsrates verzichtet werde. Mehr sei jedoch nicht geschehen, schließlich habe der Betriebsrat seine Tätigkeit nicht niedergelegt. Dieser seinerzeit gewählte Betriebsrat bestehe fort.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 06.12.1996 zum 31.07.1997 aufgelöst worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor,
nach der Betriebsratswahl am 17.05.1994 habe sich kein funktionsfähiger Betriebsrat mehr gebildet. Auch im Zeitpunkt der Übernahme durch die Beklagte habe kein funktionsfähiger Betriebsrat existiert. So habe der Kläger weder eine konstituierende Sitzung des Betriebsrats schlüssig vorgetragen noch habe er einen Betriebsratsvorsitzenden genannt. Die Anhörungspflicht bestehe jedoch erst dann, wenn die Amtszeit des Betriebsrates begonnen habe und sich der Betriebsrat gem. § 29 Abs. 1 BetrVG gebildet habe, d.h. einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter nach § 26 BetrVG gewählt habe. Das Schreiben vom 13.06.1994 belege nicht mehr, als das nach den Betriebsratswahlen und der Bekanntmachung des Wahlergebnisses am 30.05.1994 die „… AG” sich an die gewählten Betriebsratsmitglieder gewandt habe, mit der Bitte, auf einen Betriebsrat zu verzichten. Noch vor einer konstituierenden Sitzung hätten daraufhin sämtliche gewählte Betriebsratsmitglieder ihr Amt niedergelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Kündigung ist entgegen der Rechtsansicht des Klägers nicht gem. § 102 Abs. 1 BetrVG wegen Nichtanhörung des Betriebsrates unwirksam. Gem. § 102 Abs. 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Dieser Unwirksamkeitsgrund kann noch außerhalb der dreiwöchigen Ausschlußfrist des § 4 KSchG geltend gemacht werden.
Die Anhörungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG setzt jedoch voraus, daß im Betrieb überhaupt ein handlungsfähiger Betriebsrat existiert. Dies setzt voraus, daß sich spätestens im Zeitpunkt der Kündigungserklärung gegenüber dem Arbeitnehmer ein Betriebsrat konstituiert hat, also die nach § 29 Abs. 1 S. 1 BetrVG vom Wahlvorstand einzuberufende Sitzung sowie die dort nach § 26 Abs. 1 S. 1 BetrVG vorzunehmende Wahl des Vorsitzenden und dessen Stellvertreters stattgefunden hat (BAG, Urt.v. 23.08.1984, AP Nr. 36 zu § 102 BetrVG 1972). Erst durch die Konstituierung des Betriebsrats wird dessen Geschäftsführung ermöglicht. Ein Arbeitgeber kann mit einem Betriebsrat, der noch nicht handlungsfähig ist, also keine Amtsausübungsbefugnis hat, nicht verhandeln, und ihn folglich auch nicht rechtswirksam zu einer Kündigung a...