Das Urteil ist – nicht – rechtskräftig.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitwirkung der Schwerbehindertenvertretung bei der Besetzung freier Stellen, insbesondere drittmittelfinanzierter Stellen an Hochschulen
Leitsatz (amtlich)
1. Abs. 1 SGB IX verpflichtet den Arbeitgeber nicht zu einer Unterrichtung und Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung bei freien Stellen, die nicht bzw. nicht mehr besetzt werden sollen.
2. Auch bei der Besetzung von drittmittelfinanzierten Arbeitsplätzen im Forschungsbereich der Universitäten besteht kein Anspruch der Schwerbehindertenvertretung auf Unterrichtung und Mitwirkung bei der Stellenbesetzung.
§ 25 Abs. 5 Hochschulrahmengesetz räumt allein dem Drittmittelempfänger das Auswahlrecht bei der Besetzung der Forschungsstellen ein, nicht der Hochschule. Diese tritt nur formal in die Arbeitgeberstellung ein (gesplittete Arbeitgeberstellung). Der Wegfall des Auswahlrechts bei der Stellenbesetzung führt auch zum Wegfall des Mitwirkungsanspruchs der Schwerbehindertenvertretung gegen den Arbeitgeber.
3. Das Drittmittel einwerbende Hochschulmitglied ist nicht an die Prüfpflicht zugunsten schwerbehinderter Menschen nach § 87 Abs. 1 SGB IX gebunden. Deshalb kann die Schwerbehindertenvertretung auch gegenüber ihm keine Mitwirkungsrechte geltend machen.
Normenkette
SGB IX § 81 Abs. 1, §§ 82, 95 Abs. 2; HRG § 21 Abs. 5
Nachgehend
Tenor
Die Anträge werden abgewiesen.
Tatbestand
A.
Antragsteller ist die Schwerbehindertenvertretung an der P. U. in Marburg. Diese begehrt von der Antragsgegnerin, vertreten durch den Präsidenten der P. U. die zeitnahe Bekanntgabe aller freien, frei werdenden, neu zu besetzenden sowie aller neuen Arbeitsplätze gegenüber der Schwerbehindertenvertretung. Darüber hinaus begehrt sie die Verpflichtung der Antragsgegnerseite, solche Arbeitsplätze auch dem Arbeitsamt zu melden. Ausdrücklich begehrt sie, in diese Bekanntgabe bzw. das Meldeverfahren insbesondere auch Arbeitsplätze mit einzubeziehen, die durch Drittmittel fremdfinanziert sind, sowie darauf hinzuwirken, dass Drittmittel-Antragsteller und Empfänger solche Arbeitsplätze in gleicher Weise bekannt geben und melden. Davon ausgenommen sollen nur die Arbeitsplätze sein, die bereits im Antragstellerverfahren bzw. in der Bewilligung durch den Drittmittel-Geber auf eine oder mehrere namentlich benannte Personen bezogen sind.
Der Antragsteller begehrt darüber hinaus die Verpflichtung der Antragsgegnerseite, Vermittlungsvorschläge des Arbeitsamtes sowie externe Bewerbungen Schwerbehinderter oder Gleichgestellter in das Stellenbesetzungsverfahren der Universität einzubeziehen.
Zunächst bestand zwischen dem Personalrat der P. U. und der Antragsgegnerseite Streit darüber, ob die Antragsgegnerin verpflichtet ist, drittmittelfinanzierte Arbeitsstellen im Wissenschaftsbereich wie andere, landesfinanzierte Arbeitsstellen generell auszuschreiben, wenn es sich um Landesverträge handelt. Der Personalrat war in allen Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht mit dem Antrag erfolglos. Nach den Feststellungen der Verwaltungsgerichte besteht zwar ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Einstellung von Wissenschaftlern, unabhängig davon, ob diese Arbeitsverträge vom Land oder von Drittmittel-Gebern finanziert werden. Es bestehe aber keine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung der Stellenausschreibung, da bei drittmittelfinanzierten Arbeitsverträgen das Recht zur Personalauswahl alleine beim antragstellenden Hochschulmitglied und Forschungsverwantwortlichen liege.
Die Antragsstellerin ist der Ansicht, dass unabhängig von der Frage der Ausschreibungspflichtigkeit die Arbeitgeberseite jedenfalls verpflichtet sei, der Schwerbehinderten Vertretung alle freien Arbeitsplätze, insbesondere auch drittmittelfinanzierte Arbeitsplätze der Schwerbehindertenvertretung und der Arbeitsagentur bekannt zu geben, damit Schwerbehinderte die Möglichkeit haben, sich auf diese Arbeitsplätze zu bewerben. Diese Verpflichtung müsse auch für Hochschulmitglieder gelten, die Drittmittel-Empfänger sind. Nur so sei gewährleistet, dass schwerbehinderte Bewerber angemessen in das Auswahlverfahren auch bei der Besetzung von Drittmittelstellen einbezogen werden.
Die Antragstellerseite beruft sich dabei auf die Vorschriften des SGB IX. Der in § 73 SGB IX definierte Begriff des Arbeitsplatzes beziehe sich auf alle Arbeitsplätze und damit auch auf drittmittelfinanzierte Arbeitsverträge.
Nach § 82 Abs. 1 SGB IX habe die Antragsgegnerin die Pflicht, freiwerdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze frühzeitig der Arbeitsagentur zu melden. Nach § 81 Abs. 1 sei die Antragsgegnerin dabei verpflichtet, zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können.
Bei dieser Prüfung habe die Antragsgegnerin die Schwerbehindertenvertretung gemäß § 95 Abs. 2 SGB IX zu beteiligen. Dies bedeute, dass die Antragsgegnerin die Schwerbehindertenvertretung insbesondere unverzüglich und umfass...