Das Urteil ist – nicht – rechtskräftig.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzlich vorgeschriebenes Praktikum ist kein Vorarbeitsverhältnis im Sinne des § 14 Abs. 2 TzBfG
Leitsatz (amtlich)
1. Ein im Zuge der Ausbildung (Masseur) gesetzlich geregeltes und für den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung erforderliches Praktikum („praktische Fähigkeit”) ist kein Vorarbeitsverhältnis im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG.
Es handelt sich vielmehr um ein berufsvorbereitendes Vertragsverhältnis im Sinne der §§ 19, 87 BBiG.
2. Die Praktikumszeit ist deshalb auch bei der Berechnung der maximalen Befristungsdauer des § 14 Abs. 2 TzBfG nicht zu berücksichtigen.
3. Der Ausbildungs- bzw. Praktikumsvertrag wird nicht deshalb unwirksam oder zum Arbeitsvertrag, weil die Ausbildung mangelhaft durchgeführt wurde.
Ausbildungsmängel können vielmehr zu Schadenersatzansprüchen führen und zur Pflicht, die Ausbildung zu wiederholen.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 2; BBiG §§ 19, 87; MPhG §§ 4, 7
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerseite hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.512,66 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die unbefristete Weiterbeschäftigung als Masseur und medizinischer Bademeister.
Der Kläger hat bei der Beklagten bzw. bei deren Rechtsvorgänger eine Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister nach dem Masseur- und Physiotherapeutengesetz (MPhG) absolviert. Die Ausbildung bestand aus einem Lehrgang, der theoretischen und praktischen Unterricht sowie eine praktische Ausbildung umfasste.
Die Beklagte sowie ihr Rechtsvorgänger sind durch das Regierungspräsidium in Gießen als entsprechende Ausbildungsstätte zugelassen und anerkannt worden.
Im Anschluss an die Ausbildung durch Lehrgänge und praktische Ausbildung schlossen die Parteien unter dem 12.02.2001 einen „befristeten Arbeitsvertrag für Praktikanten”. In diesem Vertrag war unter anderem geregelt:
§ 1
Herr F. wird ab 01.10.2001 als Praktikant eingestellt.
Der Inhalt der Tätigkeit im Einzelnen richtet sich nach den von dem Vorgesetzten gegebenen Weisungen.
§ 2
Das Arbeitsverhältnis wird für die Dauer von 6 Monaten vereinbart. Es endet daher am 31.03.02, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Die Kündigungsfrist des Arbeitsverhältnisses beträgt jeweils 6 Wochen zum Monatsschluss.
Unter dem 21.03.2002 schlossen die Parteien dann einen „befristeten Arbeitsvertrag gemäß Beschäftigungsförderungsgesetz (TzBfg)”. Danach wurde der Kläger „als Masseur und medizinischer Bademeister” für die Zeit vom 01.04.2002 bis zum 30.09.2002 eingestellt.
Unter dem 01.10.2002 schlossen die Parteien dann einen weiteren „befristeten Arbeitsvertrag gemäß Teilzeit- und Befristungsgesetz”. Danach wurde der Kläger als Masseur für die Zeit vom 01.10.2002 bis zum 31.03.2003 eingestellt.
Schließlich schlossen die Parteien unter dem 14.03.2003 einen „befristeten Arbeitsvertrag gemäß Beschäftigungsförderungsgesetz (BfG)”. Danach wurde der Kläger als Masseur und medizinischer Bademeister „gemäß Beschäftigungsförderungsgesetz” für die Zeit vom 01.04.2003 bis zum 31.10.2003 eingestellt.
Der Kläger ist 53 Jahre alt. Sein Gehalt hat sich zuletzt auf 1.504,22 Euro brutto monatlich belaufen. Die Beklagte beschäftigt 102 Arbeitnehmer.
Der Kläger war während seiner Beschäftigungszeit zum Betriebsratsmitglied gewählt worden.
Die Beklagte hat die Weiterbeschäftigung des Klägers über den 31.10.2003 hinaus unter Berufung auf die letzte Befristung des Arbeitsverhältnisses verweigert. Sie ist außerdem der Ansicht, dass es sich bei dem ersten befristeten Vertrag vom 12.02.2003 für die Zeit vom 01.10.2001 bis zum 31.03.2002 nicht um ein Arbeitsverhältnis im eigentlichen Sinne, sondern um ein Praktikantenverhältnis nach dem Masseur- und Physiotherapeutengesetz gehandelt habe.
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er ist der Ansicht, dass die von der Beklagten gewählte letzte Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtsunwirksam sei.
Der Kläger verweist darauf, dass mehrfach befristete Arbeitsverträge abgeschlossen worden seien. Die Befristungen beliefen sich insgesamt auf eine Gesamtdauer von 25 Monaten. Dies sei rechtlich ohne entsprechenden Sachgrund nicht möglich. Aus diesem Grunde befindet sich der Kläger in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.
Der Kläger ist weiter der Ansicht, dass auch der erste befristete Vertrag vom 12.02.2001 ein Arbeitsvertrag im eigentlichen Sinne gewesen sei. Zwar sehe § 7 MPhG vor, dass zur Ausbildung ein Praktikum von 6 Monaten zu absolvieren sei. Im vorliegenden Falle habe es sich jedoch – wenn überhaupt – nur um ein Scheinpraktikantenverhältnis gehandelt.
§ 7 MPhG schreibe nämlich vor, dass das Praktikum unter Aufsicht eines Masseurs unter medizinischen Bademeisters bzw. eines Krankengymnasten oder Physiotherapeuten abzuleisten sei. Er dagegen habe während der Vertragsdauer völlig selbständig ohne...