nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidungsbefugnis der Einigungsstelle
Leitsatz (amtlich)
1) Ist durch den Beschluß des Arbeitsgerichts der Vorsitzende einer Einigungsstelle bestellt und die Zahl der Beisitzer bestimmt, so ist ein Antrag des Arbeitgebers unzulässig, dem Betriebsrat stehe in der streitigen Angelegenheit kein Mitbestimmungsrecht zu.
Hierüber entscheidet die Einigungsstelle in eigener Zuständigkeit.
2) Legt ein Beteiligter für die Sitzung der Einigungsstelle den Entwurf einer Betriebsvereinbarung vor, so kann über die Zulässigkeit einzelner Vorschläge vorab keine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden.
Die Einigungsstelle ist nämlich an die Vorschläge der Beteiligten nicht gebunden sondern in ihrer Entscheidung frei, soweit sie den ihr gesetzlich vorgegebenen Rahmen beachtet.
Normenkette
BetrVerfG § 76
Tenor
I. Die Anträge werden zurückwiesen.
II. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Der beteiligte Betriebsrat ist der Ansicht, ihm stehe bei der Einweisung von kaufmännischen Angestellten in die automatische Erfassung von standardisierten Anzeigen ein Mitbestimmungsrecht zu. Da eine Einigung hierüber mit der Antragstellerin nicht zu erreichen war, beschloß der Betriebsrat die Errichtung einer Einigungsstelle und beantragte die Bestellung eines Vorsitzenden und die Bestimmung der Zahl der Beisitzer. Diesem Antrag gab das erkennende Gericht durch Beschluß vom 01.04.1986 (1 BV 2/86 – Abl. Bl. 57 ff d.A.) statt. Diesen Beschluß hat die Antragstellerin mit dem Rechtsmittel der Beschwerde angefochten, über die das Landesarbeitsgericht in Frankfurt/Main bisher noch nicht entschieden hat.
Nunmehr beantragt die Antragstellerin mit dem vorliegenden Beschlußverfahren,
- festzustellen, daß dem Beteiligten zu 2) bei der Angelegenheit „Einweisung von kaufmännischen Angestellten in die automatische Erfassung von standardisierten Anzeigen” kein Mitbestimmungsrecht zusteht,
- festzustellen, daß der von dem Beteiligten zu 2) der Beteiligten zu 1) überreichte und mit Antragsschrift vom 27.02.1986 in Sachen 1 BV 2/86 auch beim Arbeitsgericht Wetzlar eingereichte Entwurf einer Betriebsvereinbarung zur Regelung der personellen Auswirkungen, die aus einer Änderung, Erweiterung oder Ergänzung des seitherigen technischen Ablaufs der Zeitungsherstellung resultieren können, nicht vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gedeckt wird.
Der beteiligte Betriebsrat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Die Anträge konnten keinen Erfolg haben.
Der Antrag zu 1) ist unzulässig, denn er greift in die Zuständigkeit der Einigungsstelle ein. Die Einigungsstelle entscheidet in eigener Verantwortung, ob das vom Betriebsrat behauptete Mitbestimmungsrecht besteht; ihre Entscheidungen sind nur eingeschränkt anfechtbar (§ 76 Abs. 5 BetrVG, Pünnel, Die Einigungsstelle des BetrVG 1972, 1981, Seite 63 ff). Ließe man Anträge der vorliegenden Art. zu, würde dies in die Befugnisse der Einigungsstelle eingreifen und deren Entscheidung in einer nicht dem Gesetz entsprechenden Weise beschränken (Rossmanith, Arbeit und Recht, 1982, S. 339 ff). Dies widerspräche auch Sinn und Zweck des Gesetzes; denn mit der Einrichtung der Einigungsstelle sollten Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat außergerichtlich ausgeräumt werden.
Auch der Antrag zu 2) konnte keinen Erfolg haben. Die vom beteiligten Betriebsrat vorgelegte Betriebsvereinbarung ist lediglich ein Entwurf und dazu gedacht, die Verhandlungen der Einigungsstelle für den Fall vorzubereiten, daß diese ein Mitbestimmungsrecht bejaht. Bei ihrer Entscheidung ist die Einigungsstelle in keiner Weise an die Vorschläge des Betriebsrates gebunden, entscheidet vielmehr auch hier in dem ihr gesetzlich eingeräumten Rahmen; dabei hat sie nach billigem Ermessen die Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer angemessen zu berücksichtigen (§ 76 Abs. 5 BetrVG). Es kann daher nicht bereits im voraus eine gerichtliche Klärung über die Wünsche eines Beteiligten erreicht werden. Dies führte zu einer gutachterlichen Äußerung eines Gerichts, die nach deutschem Verfahrensrecht nicht vorgesehen ist.
Es war daher wie erfolgt zu entscheiden. Diese Entscheidung ergeht gem. § 12 Abs. 5 ArbGG gerichtskostenfrei. Für die Rechtsanwaltsgebühren war der Streitwert gem. § 8 Abs. 2 BRAGebO auf 4000,– DM festzusetzen (Tschischgale-Setzky, Kostenrecht in Arbeitssachen, 3. Auflage, 1982, S. 64).
Fundstellen