rechtskräftig!
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung von Eintragungen auf den Arbeitspapieren
Leitsatz (amtlich)
Die Arbeitsgerichte sind auch für Klagen zuständig, mit denen der Arbeitnehmer die Berichtigung von Eintragungen des Arbeitgebers auf seiner Lohnsteuerkarte bzw. seinem Versicherungsnachweis begehrt.
Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuerkarte bzw den Versicherungsnachweis richtig auszufüllen. Richtig sind die Eintragungen dann, wenn sie den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen.
Der Arbeitgeber darf in den Arbeitspapieren nur den Bruttoarbeitslohn vermerken, von dem er tatsächlich Lohn- (bzw Kirchen-)steuern und Rentenversicherungsbeiträge einbehalten und an die zuständigen Behörden abgeführt hat.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Ziff. 3 e)
Tenor
1) Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Lohnabrechnungen für die Zeit vom 15.5. – 10.7.1991 zu Übersenden.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2) Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu, 4/5 und dem Beklagten zu 1/5 auferlegt.
3) Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 500,– DM festgesetzt.
4) Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war beim Beklagten als Wachmann beschäftigt, nach seinen Angaben vom 15.05. bis 10.07.1991. Im Vorprozeß 1 Ca 224/91 verlangt er restlichen Arbeitslohn, und zwar für Juni 1991 1.500,– DM netto und für Juli 1991 700,– DM netto. Der Beklagte wendet ein, der Kläger habe nur vom 14. bis 23.06.1991 für ihn gearbeitet; für diese Zeit habe er seinen Arbeitslohn erhalten. In der Lohnsteuerkarte des Klägers für 1991 hat der Beklagte die Dauer der Beschäftigung nicht angegeben, den Bruttoarbeitslohn hat er auf 1.638,– DM beziffert; die einbehaltene Lohnsteuer ist mit 136,83 DM, die Kirchensteuer mit 12,31 DM vermerkt.
Mit der vorliegenden Klage fordert der Kläger eine Lohnabrechnung sowie die Berichtigung der Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte 1991 sowie auf dem Versicherungsnachweis.
Der Kläger beantragte,
- den Beklagten zu verurteilen, ihm unverzüglich kostenfrei ordnungsgemäße und nachprüfbare Lohnabrechnungen für die Zeiträume 15.05.–31.05.1991; 1.06.–30.06.1991; 1.07.–10.07.1991 zu erteilen und zu übersenden,
- den Beklagten zu verurteilen, die Lohnsteuerkarte des Klägers entsprechend dem tatsächlich verdienten Lohn zu berichtigen,
- den Beklagten zu verurteilen, die Versicherungsnachweise des Klägers dahingehend zu berichtigen, daß das Arbeitsverhältnis vom 15.05. – 10.07.1991 bestanden hat.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Kammertermin vom 26.05.1992 war der Beklagte nicht anwesend, so daß der Kläger einen Antrag auf Erlaß eines Versäumnisurteils stellte.
Wegen der Einzelheiten des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Über den Antrag zu 1) war durch Versäumnisurteil zu entscheiden; denn der Klagevortrag ist schlüssig, so daß der Erlaß eines Versäumnisurteils erfolgen mußte (§ 331 I ZPO).
Die Klageanträge zu 2) und 3) konnten jedoch keinen Erfolg haben; sie waren gem. § 331 II ZPO durch Endurteil abzuweisen. Zutreffend hat der Kläger für die Anträge zu 2) und 3) die Klage beim Arbeitsgericht eingereicht; denn auch bei der Berichtigung von Eintragungen in den Arbeitspapieren handelt es sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit, über die gem. § 2 I Ziff. 3 e Arbeitsgerichtsgesetz ausschließlich die Arbeitsgerichte zu entscheiden haben. Der Arbeitgeber ist zwar auch nach öffentlichem (Steuer- und Sozialversicherungs-)Recht zur ordnungsgemäßen Ausfüllung der Arbeitspapiere verpflichtet, doch ist es seit langem anerkannt, daß entsprechende Pflichten auch aus dem Arbeitsvertrag der Parteien folgen. Sofern einzelne Arbeitsgerichte und – ihnen folgend – die Kommentare zum Arbeitsgerichtsgesetz (Grunsky, ArbGG, 6. Auflage, § 2 Anm. 104; Germelmann-Mathes-Prütting, ArbGG. 1990, § 2 Anm. 78; Bader in GK-ArbGG, § 2 Anm. 8 e) für derartige Klagen die Zuständigkeit der Finanz- bzw. Sozialgerichte für gegeben halten, so vermochte diesen das erkennende Gericht nicht zu folgen. Deren Rechtsansicht folgt keineswegs aus der Entscheidung des Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 4.06.1974 (AP Nr. 3 zu § 405 RVO), die vielfach mißverstanden wurde (Müller, Betrieb, Beilage 5/1985). Auch im Interesse der Arbeitnehmer sollte es für Berichtigungsklagen bei der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bleiben; denn es kann keinem Arbeitnehmer zugemutet werden, deswegen gleich zwei weitere Gerichtsbarkeiten (die Finanz- und Sozialgerichte) zu bemühen (ebenso: Schaub, ArbR-Handbuch, 7. Auflage 1992 § 149 II 5). Die langen Wartezeiten dort sind allseits bekannt; das Hess. Finanzgericht beraumt nach einer neueren Pressemitteilung Termine z.Z. drei Jahre nach Klageeingang an. Dies führt dazu, daß Arbeitnehmer lieber auf die Durchsetzung ihrer Rechte verzichten – ein für einen sozialen Rechtsstaat untragbares Ergebnis!
Wenn demnach die Arbeitsgerichte auch über Anträge zu 2) und 3) zu entscheiden haben, sind die vom Kläger verfolgten Klagebegehren unbegründet; denn d...