Entscheidungsstichwort (Thema)
Kongruenz für einen Anspruchsübergang gem. § 115 SGB X
Leitsatz (amtlich)
Die erforderliche zeitliche Kongruenz für einen Anspruchsübergang gem. § 115 SGB X ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer die ihm nachträglich am Monatsende oder später im Folgemonat zu entrichtende Vergütung zum Fälligkeitszeitpunkt nicht erhält und ihm deshalb in diesem Folgemonat Leistungen nach dem SGB II gewährt werden.
Normenkette
SGB X § 115; SGB II § 19 Abs. 2, § 33 Abs. 3, 5, § 34a
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.021,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 10.04.2009 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Kosten der Nebenintervention tragen die Streithelfer jeweils selbst.
3. Der Streitwert wird auf 1.021,06 EUR festgesetzt.
4. Soweit die Berufung nicht schon von Gesetzes wegen statthaft ist, wird sie gesondert zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruchsübergang von Vergütungsansprüchen des Streithelfers zu 1) für den Monat Oktober 2008 gegen die Beklagte.
Der Streithelfer zu 1) war bei der Beklagten beginnend ab 18.08.2008 beschäftigt. Anlässlich einer vor dem Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Aschaffenburg – geführten Bestandsstreitigkeit (Az: 5 Ca 1590/08), in welcher der Kläger darüber hinaus auch ausstehende Vergütungsansprüche bis einschließlich 31.10.2008 in Höhe von 3.151,98 EUR brutto geltend gemacht hat, unterbreitete das Gericht den Parteien nachfolgenden Vergleichsvorschlag:
- „Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund ordentlicher Arbeitgeberkündigung in der Probezeit vom 17.11.2008 mit Ablauf des 19.11.2008 in tariflicher Kündigungsfrist.
Die Beklagte zahlt an den Kläger als Arbeitslohn noch insgesamt Euro 2.701,68 brutto.
(…)
Erläuterung:
Der noch zu zahlende Betrag beruht auf dem bis einschließlich 23.10.2008 zu zahlenden Arbeitslohn: 24 Arbeitstage mal 112,57 brutto.”
Nach Annahme dieses Vergleichsvorschlages wurde dessen Zustandekommen mit Beschluss vom 27.01.2009 festgestellt.
Nachdem der Streithelfer zu 1) für den Zeitraum 24.09.2008 bis 23.10.2008 arbeitsunfähig krankgeschrieben war, erbrachte er ab 24.10.2008 unentschuldigt keine Arbeitsleistung mehr für die Beklagte.
Dem Streithelfer zu 1) wurde von der Klägerin ab 21.10.2008 Arbeitslosengeld II bewilligt. Im Zeitraum 21.10.2008 bis 30.11.2008 insoweit insgesamt Leistungen in Höhe von 1.060,07 EUR für die aus dem Kläger und seiner Ehefrau bestehende Bedarfsgemeinschaft gewährt, wobei auf den Zeitraum November 2008 ein Betrag in Höhe von 1.021,06 EUR entfiel. Als Kosten für Unterkunft und Heizung wurde hierbei ein monatlicher Betrag in Höhe von 389,06 EUR berücksichtigt.
Die Leistungsgewährung wurde durch die Klägerin gegenüber der Beklagten bereits vor Vergleichsabschluss mit Schreiben vom 18.11.2008 angezeigt. Das Schreiben (vgl. Bl. 15 f. d.A.) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
die/der o.G. bezieht seit dem 01.11.2008 Leistungen nach dem SGB II. Den Antragsunterlagen entnehme ich, dass die/der Arbeitssuchende aus dem Arbeitsverhältnis mit Ihnen noch einen Anspruch auf Arbeitsentgelt, Urlaubsabgeltung, Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistungen i.S. des § 115 SGB X wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend macht bzw. machen will.
Die A. Landkreis A. hat auch dann Leistungen zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer Ansprüche, die er geltend macht tatsächlich noch nicht erhält. Der/Dem Arbeitssuchenden gewähre ich daher Leistungen ohne Berücksichtigung etwaiger Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.
Die Zahlungen von Leistungen nach dem SGB II bewirkt, dass evtl. Ansprüche des Arbeitslosen gegen Sie bis zur Höhe der von mir gezahlten Leistungen gem. § 33 Abs. 5 SGB II i.V.m. § 115 SGB X auf mich übergehen. Sie sind insoweit verpflichtet, Zahlungen nicht an den Arbeitssuchenden, sondern an die A. Landkreis A. zu leisten.
(…)
Damit Sie nicht doppelt zahlen müssen, bitte ich Sie deshalb:
Sollte ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis anerkannt oder festgestellt werden, bitte ich sie, mir umgehend Art, Höhe und Zahlungszeitraum mitzuteilen. Ich werde dann prüfen, ob und in welcher Höhe ein Ruhen des Leistungsanspruches eingetreten ist und Ihnen umgehend die Höhe der auf mich übergegangenen Ansprüche beziffern.
(…).”
Nachdem durch den Streithelfer zu 2), dem damaligen und heutigen Prozessbevollmächtigten des Streithelfers zu 1), der Beklagten eine Frist zur Erfüllung der Verpflichtung aus dem Vergleich bis zum 20.02.2009 gesetzt und durch Schreiben vom 18.02.2009 für den Fall der nicht fristgemäßen Erfüllung Weiterungen angekündigt wurden, zahlte die Beklagte schließlich auf die Verbindlichkeit direkt an den Streithelfer zu 1).
Laut der erteilten Abrechnungen für den Monat September 2008 erfolgte eine Zahlung für sieben Tage in Höhe von 787,99 EUR brutto, sowie für Oktober 2008 (anteilig bis 23.10.2008) für siebzehn Tage in Höhe von 1.913,69 EUR brutto. Die Zahlung für Oktober 2008 ergab e...