3.7.1 Abdingbarkeit durch Tarifvertrag
Rz. 185
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG kann durch Tarifvertrag von den gesetzlichen Befristungs- und Übertragungsregelungen des § 7 Abs. 3 BUrlG abgewichen werden. So sind beispielsweise folgende tarifvertragliche Regelungen zulässig:
- Andere und weitere Übertragungszeiträume, so z. B. der 31.5 (so z. B. § 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD).
- weitergehende Übertragungsregelungen, so z. B. die Übertragung von Urlaubsansprüchen bis zum 31.3. des Folgejahres ohne Einschränkung,
- zusätzliche Übertragungsvoraussetzungen wie z. B. förmliche Geltendmachung.
Rz. 186
Zulässig ist auch die tarifvertragliche Bestimmung, dass der Urlaub innerhalb eines definierten Übertragungszeitraums angetreten werden muss. Hier genügt es, wenn der Urlaub vor Ablauf des Stichtags beginnt. Erkrankt in diesem Fall der Arbeitnehmer außerhalb des Übertragungszeitraums, so besteht eine Verpflichtung zur Nachgewährung nur bei tariflicher Regelung.
3.7.2 Abdingbarkeit durch Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag
Rz. 187
Sehr umstritten ist, ob und inwieweit durch Betriebsvereinbarung und Einzelarbeitsvertrag von den Übertragungs- und Befristungsregelungen des § 7 Abs. 3 BUrlG für den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch abgewichen werden darf. Obwohl die Handhabung in der Praxis oft gegen die gesetzlichen Regelungen verstößt, existiert kaum Rechtsprechung zur Abdingbarkeit. Dies gilt auch für die Frage, ob durch betriebliche Übung die Bindung an das Kalenderjahr und/oder den Übertragungszeitraum aufgehoben werden kann.
Rz. 188
Einigkeit besteht darüber, dass zuungunsten des Arbeitnehmers von den Vorschriften über die Befristung und die Übertragungsmöglichkeiten des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nicht abgewichen werden darf. Dies ergibt sich jedoch bereits aus § 7 Abs. 1 BUrlG. Eine Abweichung zuungunsten des Arbeitnehmers kommt nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber unter Hinweis auf vereinbarte Übertragungsregelungen den Urlaubswunsch des Arbeitnehmers ohne Vorliegen eines Leistungsverweigerungsrechts nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ablehnen könnte. Eine solche Vereinbarung in einem Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung würde bereits gegen § 7 Abs. 1 BUrlG verstoßen.
Es geht daher um die Fälle, in denen das Erlöschen des Urlaubsanspruchs wegen nicht vom Arbeitgeber zu vertretender Unmöglichkeit droht, sei es zum 31.12. bei Nichtvorliegen der Übertragungsmöglichkeiten nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG, sei es zum 31.3. des Folgejahres nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG.
Rz. 189
Eine Vereinbarung, nach welcher der Arbeitgeber Urlaub, der aus persönlichen oder betrieblichen Gründen nicht im Verlauf des Urlaubsjahres genommen oder gewährt wird, im gesamten Folgejahr zu gewähren hat, verstößt nicht gegen § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG. Die Regelung ist für den Arbeitnehmer günstiger als eine auf den 31.3. des Folgejahres befristete Übertragung. Damit wird bei Übertragungsgründen auch nicht das in §§ 1, 7 Abs. 3 BUrlG festgelegte Gebot zeitnaher Erfüllung des Urlaubsanspruchs verletzt. Auch ohne Übertragungsgründe scheint das BAG die Übertragung in das Folgejahr zu akzeptieren. Nachdem das BAG dies zwischenzeitlich ausdrücklich offengelassen hat, hat es die Übertragung in das Folgejahr in einer späteren Entscheidung (s. zur Übertragungsregelung im öffentlichen Dienst oben Rz. 141) nicht problematisiert.
Unbedenklich ist eine Vereinbarung, die den Arbeitgeber verpflichtet, Urlaub, der bereits verfallen ist, nachzugewähren. Zulässig ist auch eine vertragliche Vereinbarung einer Vergütungszahlung als Entschädigung für bereits verfallene Urlaubsansprüche. Eine solche Vereinbarung verstößt nicht gegen das Abgeltungsverbot.