Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Auch außergerichtliche Kostenerstattung nach Rücknahme eines Rechtsmittels, wenn die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels – trotz gerichtlich vermittelter Einsicht in die Erfolglosigkeit – ins Auge springt
Normenkette
(§ 47 WEG)
Kommentar
1. Der Antragsteller hatte einen Genehmigungsbeschluss über den Wirtschaftsplan angefochten, ohne dass auch nur ansatzweise eine fehlerhafte Beschlussfassung zu erkennen war. Deshalb hat das AG neben der Antragszurückweisung auch die außergerichtliche Kostenerstattung zulasten des Antragstellers angeordnet. Den Geschäftswert bestimmte das AG nach 1/3 der aus dem Wirtschaftsplan strittigen Positionen auf 80.000 DM.
Der Antragsteller legte daraufhin sofortige Beschwerde insoweit ein, als ihm die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerseite auferlegt worden sind. Das Erstbeschwerdegericht (LG) teilte dem Antragsteller mit, dass es die Auffassung des AG teile; daraufhin nahm der Antragsteller sein Rechtsmittel zurück. In der landgerichtlichen Entscheidung wurde aufgrund der von der Kammer vermittelten Einsicht keine Erstattung außergerichtlicher Kosten angeordnet, der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 40.903 EUR festgesetzt.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen die landgerichtliche Entscheidung, d.h. gegen die nicht angeordnete außergerichtliche Kostenerstattung hatte beim Senat Erfolg.
2. Es ist zwar richtig, dass grundsätzlich von der Anordnung einer Kostenerstattung abgesehen werden kann, wenn die Zurücknahme des Rechtsmittels auf der vom Gericht vermittelten Einsicht in die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels beruht (BayObLG, NZM 1999, 852/853 m.w.N.). Das LG hat jedoch übersehen, dass trotzdem weitere besondere Umstände letztlich doch zu einer Anordnung der Kostenerstattung führen können. So kommt bei der Kostenentscheidung nach Zurücknahme eines Rechtsmittels eine Berücksichtigung der Erfolgsaussicht des zurückgenommenen Rechtsmittels dann in Betracht, wenn die Erfolglosigkeit ins Auge springt (BayObLG, ZMR 2001, 50). Ein solcher Fall lag hier vor; die auf die Kostenentscheidung des AG beschränkte sofortige Beschwerde des Antragstellers war gem. § 20a Abs. 1 Satz 1 FGG bereits unzulässig.
Aus diesem Grund mussten hier dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens entsprechend dem Grundsatz billigen Ermessens auferlegt werden. Gleiches gilt auch für die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
3. Bei der Geschäftswertfestsetzung des LG wurde allerdings übersehen, dass die sofortige Beschwerde beschränkt auf die Entscheidung des AG über die außergerichtlichen Kosten eingelegt wurde; dementsprechend ist der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 4.400 EUR festzusetzen (bezogen auf die Kosten der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren).
Link zur Entscheidung
BayObLG, Beschluss vom 03.04.2002, 2Z BR 26/02( BayObLG v. 3.4.2002, 2Z BR 26/02)
Die "Einsichtsrechtsprechung" Münchener Gerichte hinsichtlich der Erstattungsfrage außergerichtlicher Kosten bei Antrags- oder Rechtsmittelrücknahme wurde von mir stets kritisiert, da sie eine mittelbar obsiegende, anwaltlich vertretene Gegnerseite m.E. gleichzeitig zu Unrecht "bestraft". Mit dieser neuen Senatsentscheidung wird deshalb – sicher zu Recht – erneut auf die Einschränkung verwiesen, dass selbst bei gerichtlicherseits vermittelter Einsicht in die Erfolglosigkeit eines Rechtsmittels und nachfolgender Rücknahme zumindest dann ein Erstattungsanspruch außergerichtlicher Kosten sachgerecht ist, wenn ohnehin die Erfolglosigkeit eines Rechtsmittels für den Rechtsmittelführer ganz offensichtlich war bzw. erkennbar sein musste (wie im vorliegenden Fall bei nur isolierter – und damit unzulässiger – Beschwerdeeinlegung allein gegen eine Kostennebenentscheidung des AG). Ich würde mir allerdings wünschen, dass diese sog. Einsichtsrechtsprechung des Senats im Rahmen kostenrechtlicher Ermessensentscheidungen in Zukunft gänzlich aufgegeben wird.