Leitsatz
Das AG hatte den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz zurückgewiesen. In der Rechtsmittelbelehrung wies das AG darauf hin, dass binnen einer Frist von einem Monat bei dem AG das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt werden könne. Der Beschluss wurde dem Antragstellervertreter am 9.1.2012 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 30.1.2012 hat die Antragstellerin beim AG Beschwerde eingelegt. Mit Verfügung vom 21.3.2012 wies der Senat darauf hin, dass die Beschwerdefrist zwei Wochen betrage und grundsätzlich eine Wiedereinsetzung wegen der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung bei anwaltlicher Vertretung nicht in Betracht komme.
Die Antragstellerin hielt gleichwohl an ihrer Beschwerde fest, die vom OLG wegen Verfristung als unzulässig verworfen wurde.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Die Beschwerde sei grundsätzlich statthaft, jedoch nicht innerhalb der maßgeblichen Beschwerdefrist von zwei Wochen gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG eingelegt worden. Die in der Literatur teilweise vertretene Auffassung, wonach bei Beschlüssen, die eine einstweilige Anordnung ablehnten, für die Beschwerde die Einmonatsfrist nach § 63 Abs. 1 FamFG gelte, sei abzulehnen. Richtigerweise sei § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG dahingehend zu verstehen, dass die Zweiwochenbeschwerdefrist bei jeder Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren Anwendung finde. Diese Auslegung sei vom Wortlaut gedeckt, entspreche dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers und erfülle den Zweck des einstweiligen Anordnungsverfahrens als Eilverfahren (OLG Zweibrücken vom 8.10.2010, FamRZ 2011, 794; KG vom 18.4.2011, FamRZ 2012, 51; Prütting/Helms-Stößer, FamFG, 2. Aufl., § 57 Rz. 12).
Auch eine ablehnende Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Anordnung sei als "einstweilige Anordnung" anzusehen.
Der Gesetzgeber unterscheide nicht zwischen stattgebender und ablehnender Entscheidung, im Übrigen bestehe in einstweiligen Anordnungsverfahren ein besonderes Bedürfnis für eine verkürzte Rechtsmittelfrist.
Der Antragstellerin könne auch nicht gemäß § 17 Abs. 1 FamFG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Eine solche komme nach § 17 Abs. 1 FamFG nur dann in Betracht, wenn der Verfahrensbeteiligte die Frist ohne sein Verschulden versäumt habe. Dies werde bei anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten gemäß § 17 Abs. 2 FamFG vermutet.
Bei anwaltlicher Vertretung sei ein Rechtsirrtum regelmäßig verschuldet und verhindere eine Wiedereinsetzung. Von einem Rechtsanwalt müsse regelmäßig die Kenntnis des Rechtsmittelsystems der ZPO und des FamFG erwartet werden. Entsprechend könnten auch rechtsmittelsystemwidrige Äußerungen von Richtern einen Irrtum des Anwalts nur entschuldigen, wenn der vom Gericht mit verursachte Irrtum nachvollziehbar und daher verständlich erscheine.
Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben. Es gehe um eine Grundfrage der Beschwerdefrist im einstweiligen Anordnungsverfahren nach dem FamFG, die seit In-Kraft-Treten im Jahre 2009 kontrovers diskutiert werde. Auch in der Rechtsprechung sei weitgehend die 14-Tage-Frist befürwortet worden.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheide aus, da der Antragstellerin das Verschulden ihres Verfahrensbevollmächtigten zuzurechnen sei.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 10.05.2012, 3 UF 52/12