Leitsatz
Mit dem Urteil vom 3.5.2007 beantwortet der Bundesgerichtshof die letzte noch offene Frage im System der Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nach Außen auftritt. Für Handelsgesellschaften war schon lange entschieden, dass die Mitgesellschafter auch für unerlaubte Handlungen eines Mitgesellschafters haften, die dieser im Rahmen der Gesellschaftstätigkeit begeht. Der für Anwaltshaftungsfragen zuständige 9. Senat hatte noch keine Gelegenheit, zu dieser Frage Stellung zu nehmen, insbesondere auch nicht zu der Frage, ob die Haftung nur dann gilt, wenn es sich um einen echten Gesellschafter handelt oder auch dann, wenn es sich um einen Scheingesellschafter handelt. Diese Frage hat er nun im Sinne einer einheitlichen Beurteilung entschieden. Die Sozien einer Rechtsanwaltssozietät haften für die unerlaubten Handlungen aller Außensozien, sofern diese im Rahmen der Tätigkeit des Außensozius für die Gesellschaft begangen werden.
Hinweis
Inzwischen ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 146, 341, 344 ff.) anerkannt, dass auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts am Rechtsverkehr mit eigenen Rechten und Pflichten teilnehmen kann und ihr insoweit Rechtsfähigkeit zuzubilligen ist. Es ist deshalb nur konsequent, wenn sich die Gesellschaft, die im Rechtsverkehr eigene Rechte erwerben kann und deshalb auch entsprechenden Rechtspflichten im Außenauftritt unterliegt, zum Schadensersatz verpflichtendes Handeln ihrer geschäftsführenden Gesellschaft zurechnen lassen muss (BGHZ 154, 88, 93; 155, 205, 210). Für Anwaltssozietäten in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann nichts Anderes gelten. Zwar hatte der Bundesgerichtshof früher einmal entschieden, dass die Anwaltssozietät nicht für das deliktische Verschulden ihrer Mitglieder haftet und dass insoweit § 31 BGB, der ansonsten im Gesellschaftsrecht jetzt durchgängig angewendet wird, hier keine Anwendung finden kann. Das war aber damit begründet worden, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts eben nicht selbstständig am Rechtsverkehr teilnehmen kann, sondern nur durch ihre Gesellschafter im Einzelnen handeln kann und nur für diese Rechte und Pflichten begründen kann. Mit der Anerkennung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als eigenes Rechtsobjekt, die selbstständig Rechte erwirbt, muss auch diese Rechtsprechung aufgegeben werden. Der Bundesgerichtshof durch seinen Zweiten Senat hatte bereits ausgesprochen, dass die neue Rechtsprechung im Hinblick auf die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch auf Anwaltssozietäten Anwendung findet (BGHZ 154, 370, 373 ff.). Er hatte jedoch, weil für die Ansprüche aus Berufshaftung nicht zuständig, noch im Dezember des Jahres 2005 offen gelassen, ob dies auch für berufshaftungsrechtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft gilt (BGH, Urteil v. 12.12.2005, II ZR 283/2003, WM 2006, 187, 188). Mit wenigen Ausnahmen waren jedoch die instanzgerichtliche Rechtsprechung und das Schrifttum schon der Auffassung des Zweiten Senats gefolgt und hatten auch für die Anwaltssozietät eine Haftung der anderen Sozien für Haftungsansprüche aus der beruflichen Tätigkeit bejaht. Nun hat auch der für diesen Bereich zuständige Neunte Senat ausdrücklich ausgesprochen, dass § 31 BGB auf die Anwaltssozietät Anwendung findet und dass es keinen Unterschied macht, ob es sich bei der haftungsbegründenden Tätigkeit eines Gesellschafters um Ansprüche aus Vertragsrecht oder aus Deliktsrecht handelt. Dabei konnte nur fraglich sein, ob § 31 BGB möglicherweise deshalb keine Anwendung findet, weil § 31 BGB ja nur für die verfassungsmäßig berufenen Vertreter die Haftung der Gesellschaft oder des Vereins ausspricht. Bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts sind aber alle Gesellschafter gemeinsam zur Vertretung berufen, so dass zweifelhaft sein könnte, ob auch auf das Handeln eines einzelnen § 31 BGB Anwendung finden kann. Gerade bei deliktischen Ansprüchen ist es ja meist so, dass nur ein Sozius allein das jeweilige Delikt begeht, im hier entschiedenen Fall die Veruntreuung von Mandantengeldern.
Mit Recht hat der 9. Senat aber hier die allgemeine Entwicklung der Rechtsprechung zu § 31 BGB berücksichtigt und sich mit der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung auf den Standpunkt gestellt, dass § 31 BGB dahingehend auszulegen ist, dass er jedes Handeln erfasst, das ein Gesellschafter oder ein Organ befugtermaßen für die Gesellschaft vornimmt bzw. jede Handlung dieser im Rahmen seiner Tätigkeit in der Gesellschaft begeht. Überlässt eine Gesellschaft es einem einzelnen Gesellschafter, allein die Gesellschaft zu vertreten, muss sie auch für die Folgen seines Handelns im Außenverhältnis voll eintreten. So war es hier. Die Anwaltssozietät hatte den Sozius, bei dem es sich in Wirklichkeit gar nicht um einen Sozius, sondern nur um einen Scheinsozius im Außenverhältnis handelte, selbstständig nach Außen auftreten lassen. Der Scheinsozius hatte die entsprechenden Mandate selbstständig ohn...