Leitsatz
Unter den Begriff "neue Angriffs- und Verteidigungsmittel" i.S.d. § 531 ZPO fällt allein streitiges und damit beweisbedürftiges Vorbringen. Für die Aufnahme des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung bedarf es keines Sachvortrags; es genügt, dass sich der Erbe im Erkenntnisverfahren darauf beruft.
Sachverhalt
Der Kläger, der 2003 bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt wurde, nimmt die Beklagten als Erben ihres 2004 verstorbenen Sohnes M. auf Ersatz der materiellen und immateriellen Schäden in Anspruch. Das LG hat die Klage abgewiesen. Erstmals in der Berufungsinstanz haben die Beklagten die Einrede der beschränkten Erbenhaftung erhoben und beantragt, ihnen gem. § 780 ZPO die Beschränkung vorzubehalten. Unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens hat das OLG der Klage zu 2/3 stattgegeben, dabei den Beklagten aber die Beschränkung der Haftung vorbehalten. Gegen den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung richtet sich der Kläger mit seiner Revision.
Entscheidung
Die Revision hat keinen Erfolg. Hierbei kann es dahinstehen, ob das Rechtsmittel mangels Beschwer bereits unzulässig ist, da zwischen der Verwerfung als unzulässig und der Zurückweisung als unbegründet vorliegend weder hinsichtlich der Rechtskraftwirkung noch hinsichtlich der Anfechtbarkeit der Rechtsmittelentscheidung Unterschiede bestehen.
Die Beschränkung der Revisionszulassung auf die Aufnahme des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung ist zulässig, da es sich hierbei um einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes handelt, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Eine Beschränkung auf einzelne Angriffs- oder Verteidigungsmittel ist damit möglich, soweit es sich um rechtlich oder tatsächlich selbstständige und abtrennbare Teile des Gesamtstoffs handelt. Dies ist bei der nach § 780 ZPO vorgesehenen Erklärung der Fall.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beklagten seien mit ihrem erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Zwar handele es sich insoweit um ein neues Verteidigungsmittel i.S.d. Vorschrift, doch habe das Berufungsgericht unstreitiges Vorbringen gem. § 529 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Für unstreitige Einreden gelte nichts anderes, wie der BGH hinsichtlich der Verjährungseinrede, sofern die Erhebung der Einrede selbst sowie die den Verjährungsbeginn begründenden Umstände zwischen den Prozessparteien unstreitig sind, dies bereits entschieden habe (BGHZ [GZ] 177, 212). Unter den Begriff "neue Angriffs- und Verteidigungsmittel" i.S.d. § 531 ZPO fällt allein streitiges und damit beweisbedürftiges Vorbringen. Für die Aufnahme des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung bedarf es keines Sachvortrags; es genügt, dass sich der Erbe im Erkenntnisverfahren darauf beruft. Der Erbfall selbst und die Erbenstellung sind grds. unstreitig, da der Kläger seine Ansprüche ja gerade darauf stützt.
Dass sich der Kläger darauf beruft, dass zwischen den Parteien streitig sei, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Haftungsbeschränkung gem. §§ 1973 ff. BGB oder §§ 1989 ff. BGB gegeben seien, ist unerheblich, da das Prozessgericht, wenn eine solche Einrede erhoben worden ist, nach seinem Ermessen entweder bereits im Erkenntnisverfahren endgültig über die geltend gemachte Haftungsbeschränkung entscheiden oder aber die sachliche Klärung des Haftungsumfangs dem besonderen Verfahren gem. § 785 ZPO überlassen kann.
Bei der hier gegebenen Fallgestaltung kann die aufgeworfene Rechtsfrage jedoch nicht verbindlich geklärt werden. Selbst dann, wenn dem Berufungsgericht mit der Aufnahme des Vorbehalts ein Verfahrensfehler unterlaufen wäre, könnte dieser der Revision nicht zum Erfolg verhelfen, da eine fehlerhafte Berücksichtigung neuen Tatsachenvortrags, der bei verfahrensfehlerfreiem Vorgehen vom Berufungsgericht hätte zurückgewiesen werden müssen, mit der Revision grundsätzlich nicht gerügt werden kann.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 02.02.2010, VI ZR 82/09