Normenkette

§ 21 Abs. 4 WEG, § 28 WEG

 

Kommentar

Kommt ein Wirtschaftsplan der Gemeinschaft nicht zustande, kann das Gericht bis zum Ablauf der Wirtschaftsperiode ersatzweise einen Wirtschaftsplan aufstellen und damit die Wohngeldvorschüsse für diesen Zeitraum - unterstützt durch eine einstweilige Anordnung - sofort fälligstellen. Die Aufstellung eines Wirtschaftsplans ist zwar in erster Linie Sache des Verwalters; kommt er aus welchen Gründen auch immer dieser Verpflichtung nicht nach oder lehnt die Mehrheit seinen Vorschlag ab, besteht ein Anspruch der Wohnungseigentümer untereinander auf Mitwirkung an dem Zustandekommen eines Wirtschaftsplans, der regelmäßig eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung überhaupt erst ermöglicht. Gelingt der Gemeinschaft schon keine Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan, dürften auch Jahresabrechnungsgenehmigungsbeschlüsse kaum zeitgerecht zustande kommen. Es besteht dann ein unabweisbares Bedürfnis dafür, bereits Vorschussansprüche baldigst festzustellen und Fälligkeitsvoraussetzungen zu schaffen. Hier kann das Gericht den Wirtschaftsplan bestimmen, insbesondere dann, wenn dies noch vor Ablauf der Wirtschaftsperiode möglich ist. Ein solcher Wirtschaftsplan ist auch dann im weiteren gerichtlichen Verfahren aufrechtzuerhalten, wenn zwischenzeitlich die betreffende Wirtschaftsperiode abgelaufen ist. Eine entsprechende Gestaltungsentscheidung auf Bestimmung eines Wirtschaftsplans durch das Gericht kann allerdings dann nicht mehr verlangt werden, wenn das Wirtschaftsjahr abgelaufen ist und damit die Notwendigkeit einer Jahresabrechnung besteht (KG Berlin, ZMR 1986, 189).

Das Gericht ist nicht gehalten, in diesen Fällen einer eigenen Aufstellung des Wirtschaftsplans detaillierte Gesamt- und Einzelwirtschaftspläne zu erarbeiten; es kann vielmehr die voraussichtlichen Bewirtschaftungskosten nach den Angaben der Beteiligten schätzen. Eingehendere Ermittlungen des Gerichts sind insoweit nicht notwendig, zumal regelmäßig die Zeit drängen dürfte und alsbaldige Fälligstellung der Ansprüche außerordentlich wichtig ist. Besondere Genauigkeit sei auch deshalb entbehrlich, da später Vorauszahlungsansprüche ohnehin abzurechnen seien (Hinnahme von Ungenauigkeiten z. B. bei der Festsetzung von Heizkostenvorschüssen, vgl. schon KG Berlin vom 11. 7. 1990, 24 W 3798/90). Das Gericht muss bei der Erstellung eines Wirtschaftsplans also auch nicht detaillierte Gesamt- und Einzelwirtschaftspläne aufstellen. Über die Jahre ist wohl auch eine gewisse Konstanz der Kostenentwicklung zu beobachten. Ohnehin ist es Eigentümern möglich, stets mehrheitlich während des Verfahrens noch einen genaueren Wirtschaftsplan aufzustellen. Muss ein Ersatzwirtschaftsplan erst zum Ende der Wirtschaftsperiode aufgestellt werden, kann auch eine Instandhaltungsrücklage für große Reparaturen entfallen, weil darüber ohnehin von den Eigentümern gesondert Beschluss gefasst werden muss und dann auch zugleich eine Sonderumlage bestimmt werden kann. Bei Erstellung erst im letzten Monat der Wirtschaftsperiode kann insbesondere auch eine Aufteilung auf monatliche Raten entfallen, weil sich zu diesem Zeitpunkt ohnehin die Fälligkeit des gesamten Jahresvorauszahlungsbetrags ergibt.

 

Link zur Entscheidung

( KG Berlin, Beschluss vom 22.10.1990, 24 W 4800/90)

zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Anmerkung:

Grundsätzlich ist es sicher nicht Aufgabe des Gerichts, selbst einen Wirtschaftsplan für die Streitbeteiligten zu erarbeiten und diesen sogar kraft richterlicher Entscheidung (wie hier: durch einstweilige Anordnung) der Gemeinschaft gestalterisch vorzuschreiben. Nach früher h. M. bestanden allein Ansprüche überstimmter Eigentümer (bei abgelehnter Wirtschaftsplangenehmigung) gegen die restliche Eigentümermehrheit auf Verpflichtung, einem bestimmten Wirtschaftsplan zuzustimmen ( § 21 Abs. 4 WEG). Ein Gericht musste sich hier im Rahmen der Prüfung ordnungsgemäßer Verwaltung allein auf einige geforderte Positionen beschränken. Hier zeigt sich erneut, wie unglückselig das Ergebnis der neuen obergerichtlichen Rechtsprechung ist, Anspruchsberechtigungen einzelner Eigentümer über die Grundsätze der sog. actio pro socio zu verneinen. Zu Recht hat das KG Berlin bestätigt, dass der Umweg über eine vorausgehende Beschlussfassung nicht zum erwünschten Ziel führt, notwendigerweise alsbald einen rechtsverbindlichen Wirtschaftsplan zu erhalten. Aus diesem Grund wurde wohl auch die richterliche Gestaltungsentscheidung eigener Vorgabe eines Wirtschaftsplans mit geringsten Formanforderungen "geboren" (im vorliegenden streitentschiedenen Fall sicher als berechtigte Lösung des Konflikts). Anstehende, kurzfristig durchzuführende Sanierungen könnten m. E. allerdings durchaus in einem Wirtschaftsplan grundsätzlich berücksichtigt werden, da jegliche Sonderumlagebeschlüsse in der Regel eigener Versammlungsterminierung bedürfen und erfahrungsgemäß Sonderumlageraten weniger pünktlich eingehen (überraschende Sonderbelastungen) als entsprechend rechtzeitig kalkulierte, r...

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