Leitsatz
Inzwischen geschiedene Eheleute waren während der Ehe zur Einkommensteuer zusammen veranlagt worden. Die Ehefrau erzielte als freiberuflich tätige Fachärztin positive Einkünfte, während der Ehemann als Bauunternehmer erhebliche Verluste erklärte. Die zunächst festgesetzte Einkommensteuer wurde von der Ehefrau beglichen. Anlässlich einer Betriebsprüfung stellte das Finanzamt fest, dass der Ehemann tatsächlich weit weniger hohe Verluste erzielt hatte als von ihm erklärt, so dass Verluste i.H.v. insgesamt 165.227,72 DM aberkannt wurden, wodurch sich die in die gemeinsame Veranlagung eingebrachten Verluste reduzierten. In den geänderten Steuerbescheiden für die Jahre 1996 bis 1998 wurden auch dem Ehemann positive Einkünfte zugerechnet. Hieraus ergab sich eine Steuernachforderung von insgesamt 108.306,60 DM = 55.376,29 EUR. Die Steuernachforderung wurde von dem Ehemann beglichen, der im Wege des Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 Abs. 1 BGB von der Ehefrau Ausgleich verlangte und die Auffassung vertrat, im Innenverhältnis habe allein sie für die Schuld aufzukommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgte er sein Klagebegehren weiter. Sein Rechtsmittel führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Der BGH hat in seinem Urteil zunächst klargestellt, dass auch zwischen Ehegatten, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder der Gütertrennung leben, jeder Ehegatte die auf seine Einkünfte entfallende Einkommensteuer zu tragen hat. Wird die Steuerforderung von einem Ehegatten ausgeglichen, hat dieser grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch gegen den anderen Ehegatten.
Der BGH führt ferner aus, dass in der Vergangenheit in Literatur und Rechtsprechung drei Berechnungsmethoden für den Ausgleichsanspruch diskutiert wurden.
In Betracht kam zunächst ein Ausgleich streng nach dem Verhältnis der Einkünfte. Eine weitere Möglichkeit zur Ermittlung der intern zu tragenden Steuer war, für beide Eheleute zunächst eine fiktive getrennte Veranlagung entsprechend § 270 AO durchzuführen. Das Verhältnis der danach berechneten Steuerbeträge bestimmt dann die Aufteilung der tatsächlich festgesetzten Steuer. Bei dieser Berechnungsmethode werden sowohl der im Einkommensteuerrecht geltende progressive Steuertarif wie auch abzugsfähige Beträge und Tarifermäßigungen berücksichtigt.
Das Berufungsgericht sei insoweit einen anderen Weg gegangen, als von dort § 273 AO angewandt wurde, da es sich im vorliegenden Fall um eine Steuernachforderung gehandelt habe. Danach seien sowohl im Hinblick auf die ursprünglich erklärten Einkünfte wie auch im Hinblick auf die bei der geänderten Steuerfestsetzung ermittelten Einkünfte fiktiv - insgesamt vier - getrennte Veranlagungen durchzuführen. Der Aufteilungsmaßstab bestimmte sich nach dem Verhältnis der Veränderungen zwischen ursprünglicher und nachträglicher Veranlagung. Da sich die Einkünfte der Ehefrau aufgrund der Betriebsprüfung nicht geändert hatten, hatte das OLG die Steuernachforderung in voller Höhe dem Ehemann zugeordnet.
Nach Auffassung des BGH kann grundsätzlich nur mit Hilfe einer nach § 270 AO durchgeführten fiktiven getrennten Veranlagung ein einkommensteuerkonformer Aufteilungsmaßstab ermittelt werden. Dies gelte sowohl für Steuererstattungen als auch für Steuernachforderungen unabhängig davon, ob die Nachforderung erstmalig oder nachträglich festgesetzt wird.
Hinweis
Zum Zwecke der Aufteilung der gegen gemeinsam veranlagte Eheleute festgesetzten Einkommensteuer ist eine fiktive getrennte Veranlagung durchzuführen. Zur Ermittlung des richtigen Aufteilungsmaßstabes empfiehlt es sich, den Steuerberater des jeweiligen Mandanten mit der Erstellung einer fiktiven Berechnung zu beauftragen bzw. von dem Mandanten beauftragen zu lassen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 31.05.2006, XII ZR 111/03