Alexander C. Blankenstein
Unabhängig davon, ob der Ein- oder Anbau des Aufzugs als gemeinschaftliche Vornahmemaßnahme des § 20 Abs. 1 WEG oder als Gestattungsmaßnahme nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG beschlossen wurde, kann bei Wohnungseigentümern, die mangels Kostentragungsverpflichtung den Aufzug nicht nutzen können der Wunsch entstehen, diesen künftig mitnutzen zu wollen. Insoweit regelt § 21 Abs. 4 WEG, dass ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, verlangen kann, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird.
Ein weiterer Wohnungseigentümer will den Aufzug nutzen
Nachdem der Aufzug vor einem Jahr eingebaut wurde, wächst bei einem weiteren Wohnungseigentümer der Wunsch, diesen ebenfalls nutzen zu dürfen.
Dieser Wohnungseigentümer hat nicht einfach einen durch entsprechende Vereinbarung mit dem erbauenden Wohnungseigentümer herbeizuführenden Anspruch auf Nutzung des Aufzugs. Er muss vielmehr eine entsprechende Beschlussfassung der Wohnungseigentümer herbeiführen. Im Ergebnis muss also ein weiteres Mal über den Aufzug abgestimmt werden, wenn Wohnungseigentümer, die bei der ursprünglichen Beschlussfassung entweder nicht mitgewirkt haben, sich ihrer Stimme enthalten oder sogar gegen die Maßnahme gestimmt haben, später doch noch an den Nutzungen partizipieren möchten.
§ 21 Abs. 4 WEG verleiht dem Wohnungseigentümer insoweit einen Anspruch auf Beschlussfassung. Der Anspruch ist dann positiv zu bescheiden, wenn dies 1. billigem Ermessen entspricht und 2. ein angemessener Ausgleich geleistet wird.
"Billigkeit"
"Billig" ist eine Verwaltungsmaßnahme dann, wenn sie die Umstände der konkreten Situation berücksichtigt und dem entspricht, was in vergleichbaren Fällen üblich ist. Billigkeitskriterien sind daneben
- die Wirtschaftlichkeit des Beschlussgegenstands,
- das Diskriminierungsverbot,
- der Gleichbehandlungsgrundsatz,
- die Treuepflicht und schließlich
- der Kernbereich des Wohnungseigentums.
Unter Beachtung dieser Kriterien darf kein Wohnungseigentümer gegenüber anderen Wohnungseigentümern benachteiligt werden. Insbesondere die Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wird in aller Regel dazu führen, dass auch Wohnungseigentümer, die sich nachträglich für eine Baumaßnahme entschieden haben, als Nachzügler einen Anspruch auf positive Beschlussfassung haben.
Angemessener Ausgleich
Ein Anspruch auf positive Beschlussfassung kann nur dann bestehen, wenn der Wohnungseigentümer bereit ist, einen angemessenen Ausgleich zu leisten. Dieser Ausgleich bemisst sich an den für die Maßnahmendurchführung ursprünglich aufgewendeten Kosten. Wie der als Ausgleichsbetrag zu zahlende Betrag zu ermitteln ist, lässt das Gesetz zwar offen, allerdings sind jedenfalls die Kosten der ursprünglichen Bauerrichtung sowie Kosten etwaiger zwischenzeitlicher Erhaltungsmaßnahmen anteilig auf einen Nachzügler umzulegen. Keine Berücksichtigung können allerdings zwischenzeitlich angefallene Betriebskosten finden.
Auch an wen im Übrigen der Ausgleichsbetrag zu zahlen ist, regelt das Gesetz nicht. Beschließen die Wohnungseigentümer nichts Abweichendes, ist der Ausgleichsbetrag an die Gemeinschaft zu leisten und wäre dann dem ursprünglich bauwilligen Wohnungseigentümer im Rahmen der Jahresabrechnung auszukehren. Es kann aber auch beschlossen werden, dass der Betrag unmittelbar an den ursprünglich bauwilligen Wohnungseigentümer gezahlt wird.