Leitsatz
Ein Wohnungseigentümer ist grundsätzlich berechtigt, in seinem Sondereigentum stehende Keller- als Wohnräume auszubauen, wenn die Teilungserklärung jedem Eigentümer erlaubt, die Zweckverwendung seiner Räume zu ändern. Bezeichnungen wie "Hobbyraum" oder "Keller" im Aufteilungsplan sind in diesem Fall nur unverbindliche Nutzungsvorschläge.
Sofern Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung nicht entgegenstehen, ist es einem Wohnungseigentümer nicht verwehrt, seine Wohnung faktisch in 2 selbstständige Einheiten zu unterteilen.
Normenkette
WEG § 8
Das Problem
- Nach der Teilungserklärung sind dem Sondereigentum der insgesamt 4 Wohnungseigentumsrechte jeweils Kellerräume zugeordnet. Nach der Gemeinschaftsordnung ist eine berufliche oder gewerbliche Nutzung des Sondereigentums gestattet, soweit das gegenüber einer Wohnnutzung keine größere Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer oder des gemeinschaftlichen Eigentums mit sich bringt. Eine berufliche oder gewerbliche Nutzung einer Wohnung bedarf aber in jedem Fall der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verwalters, die aus wichtigem Grund versagt werden kann.
- Wohnungseigentümer B – der ehemalige Alleineigentümer – ist Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. 4. Zu seinem Sondereigentum gehören 2 Räume im Untergeschoss, die im Aufteilungsplan als "Keller" und "Hobbyraum" bezeichnet werden. B lässt in diesen Räumen eine Küche, Bad und Toilette mit Warmwasseranschluss und Heizkörper einbauen. In der Folgezeit vermietet B diese Räume zeitweise als Ferienwohnung.
- Auf Klage von Wohnungseigentümer K verurteilt das Amtsgericht den B im Jahr 2011, es zu unterlassen, im Hobby- und Kellerraum eine Ferienwohnung zu "betreiben". Die Nutzung der Räume als Ferienwohnung stelle eine gewerbliche Nutzung dar. Diese bringe gegenüber einer "bloßen Wohnnutzung" größere Beeinträchtigungen mit sich. Die Mehrbeeinträchtigung sei erheblich. Das Urteil ist rechtskräftig.
- Im Jahr 2013 vermietet B die Räume an M. Diese vermietet die Räume zumindest zeitweise als Ferienwohnung. K klagt jetzt gegen B mit dem Ziel festzustellen, dass eine regelmäßige Nutzung von Hobby- und Kellerraum als "eigenständige Wohnung" unzulässig sei. B sei aufgrund der Teilungserklärung nur eine Nutzung als Hobby- und als Kellerraum gestattet. B sei daher auch verpflichtet, die vorgenommenen Veränderungen, die ausschließlich im Hinblick auf eine Wohnnutzung erfolgt seien, zu beseitigen.
- K richtet seine Klage zunächst an das Amtsgericht – Abteilung für Wohnungseigentumssachen. Im Termin erklärt er, die Ansprüche würden "auch auf den notariellen Kaufvertrag mit B nebst Baubeschreibung" gestützt. Hinsichtlich der wohnungseigentumsrechtlichen Ansprüche erklärt K die Klagerücknahme. Daraufhin trennt das Amtsgericht das Verfahren ab, "soweit K seine Klageanträge auf Ansprüche aus dem Kaufvertrag nebst Baubeschreibung stützt". Das abgetrennte Verfahren verweist das Amtsgericht an das Landgericht. B wird dort verurteilt, das im Hobbyraum und Kellerraum eingebaute Bad und die eingebaute Küche zu beseitigen. Ferner wird festgestellt, eine regelmäßige Nutzung von Hobby- und Kellerraum als eigenständige Wohnung sei nicht zulässig. Ungeachtet der Verfahrensweise des Amtsgerichts prüft das Landgericht dabei K's Ansprüche unter wohnungseigentumsrechtlichen Gesichtspunkten. Aus der Teilungserklärung ergebe sich, dass B zu einer Nutzung der in seinem Sondereigentum stehenden Räume im Untergeschoss zu Wohnzwecken nicht berechtigt sei. Daraus ergebe sich gleichzeitig ein Beseitigungsanspruch hinsichtlich der Umbauten. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten. Mit Erfolg!
Die Entscheidung
Die Klage sei nicht begründet. B sei berechtigt, Hobby- und Kellerraum regelmäßig als eigenständige Wohnung zu nutzen und sei nicht verpflichtet, Bad und Küche in diesen Räumen zurückzubauen.
Zulässigkeit der Berufung und der Klage
- Die Berufung sei zulässig. Der Umstand, dass gemäß § 43 Ziffer 1 WEG für den Rechtsstreit die Verfahrensvorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes gelten würden, ändere daran nichts.
- Die Klage sei zulässig. Die Rechtskraft der Entscheidung des Amtsgerichts stehe nicht entgegen. Denn über den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens habe das Amtsgericht nicht entschieden. Die Untersagung einer generellen Wohnnutzung gehe über die dortige Entscheidung, mit welcher B lediglich verpflichtet worden sei, das Betreiben einer Ferienwohnung zu unterlassen, hinaus.
- Gemäß § 43 Ziffer 1 WEG in Verbindung mit § 23 Ziffer 2c GVG sei allerdings erstinstanzlich das Amtsgericht Überlingen sachlich zuständig gewesen. Dies hindere eine Entscheidung des Senats in der Sache jedoch nicht. Denn die vom Landgericht zu Unrecht angenommene Zuständigkeit sei im Berufungsverfahren gemäß § 513 Abs. 2 ZPO ohne Bedeutung.
Begründetheit mit Blick auf das WEG
B sei berechtigt, die im Untergeschoss des Anwesens gelegenen Räume, die zu seinem Sondereigentum gehören, regelmäßig als eigenständige Wohnung zu nutzen. B's Berechtigung folge au...