BGB § 1577 § 1578 Abs. 1 § 1580 § 1581 § 1605
Leitsatz
1. Der Anspruch auf Auskunft über das Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist bereits gegeben, wenn die Auskunft für den Unterhaltsanspruch Bedeutung haben kann (im Anschluss an Senatsurt. v. 22.6.1994 – XII ZR 100/93, FamRZ 1994, 1169 und v. 7.7.1982 – IVb ZR 738/80, FamRZ 1982, 996).
2. Es ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Tatsachengerichte im Sinne einer tatsächlichen Vermutung davon ausgehen, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist. Der Unterhaltsbedarf kann in diesem Fall ohne Darlegung der konkreten Einkommensverwendung nach der Einkommensquote bemessen werden (teilweise Aufgabe von Senatsurt. v. 11.8.2010 – XII ZR 102/09, FamRZ 2010, 1637).
3. Soweit das Einkommen darüber hinausgeht, hat der Unterhaltsberechtigte, wenn er dennoch Unterhalt nach der Quotenmethode begehrt, die vollständige Verwendung des Einkommens für den Lebensbedarf darzulegen und im Bestreitensfall in vollem Umfang zu beweisen.
4. Ein Auskunftsanspruch gegen den Unterhaltspflichtigen ist immer schon dann gegeben, wenn unabhängig von der tatsächlichen Vermutung der Einkommensverwendung eine Darlegung des Bedarfs nach der Quotenmethode in Betracht kommt. Aufgrund der Erklärung des Unterhaltspflichtigen, er sei "unbegrenzt leistungsfähig", entfällt der Auskunftsanspruch noch nicht (Fortführung von Senatsurt. v. 22.6.1994 – XII ZR 100/93, FamRZ 1994, 1169).
BGH, Beschl. v. 15.11.2017 – XII ZB 503/16 (OLG Brandenburg, AG Potsdam)
1 Gründe:
[1] I. Die Beteiligten sind getrennt lebende Ehegatten. Im vorliegenden Scheidungsverbundverfahren streiten sie in der Folgesache zum nachehelichen Unterhalt über eine Auskunftsverpflichtung des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann).
[2] Die Beteiligten heirateten 1998. Seit 2012 leben sie getrennt. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Die 1956 geborene Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) bezieht eine Rente wegen Berufsunfähigkeit und bewohnt ein in ihrem Alleineigentum stehendes Einfamilienhaus. Der 1954 geborene Ehemann ist als Rechtsanwalt und Notar Seniorpartner einer Sozietät. Zwischen den Beteiligten schwebt ein Verfahren über Trennungsunterhalt, das noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.
[3] Die Ehefrau nimmt den Ehemann, der sich für "unbegrenzt leistungsfähig" erklärt hat, im Wege des Stufenantrags noch auf Auskunft über sein von 2013 bis 2015 erzieltes Einkommen sowie entsprechende Vorlage von Belegen in Anspruch. Das Amtsgericht hat den Antrag durch Teilbeschluss abgewiesen, weil die Ehefrau wegen des von ihr konkret zu beziffernden Unterhalts auf die Auskunft nicht angewiesen sei. Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das Oberlandesgericht dem Antrag im Wesentlichen stattgegeben. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns, der die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses erstrebt.
[4] II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
[5] 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat die Ehefrau gemäß § 1580 BGB einen Anspruch gegen den Ehemann auf Auskunft über sein Einkommen. Ein Auskunftsanspruch bestehe lediglich dann nicht, wenn die Ehegatten in wirtschaftlich so günstigen Verhältnissen gelebt hätten, dass ein Teil der Einkünfte nicht für den laufenden Lebensunterhalt verwendet, sondern der Vermögensbildung zugeführt worden sei, und wenn die Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten – auch für die Zahlung hoher Unterhaltsbeträge – außer Streit stehe.
[6] Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Der Ehemann habe sich zwar auf "unbegrenzte Leistungsfähigkeit" berufen. Nach seinen Angaben im Scheidungsantrag verfüge er allerdings lediglich über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 6.000 EUR bis 7.000 EUR. Dies entspreche in etwa dem Betrag, den er auch im Trennungsunterhaltsverfahren als durchschnittliches unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen für die Jahre 2010 bis 2012 errechnet habe, wenn man seinen Einwand berücksichtige, dass die außerordentlichen Veräußerungsgewinne, die im Jahr 2012 erzielt worden seien, außer Betracht zu bleiben hätten. Von einer "unbegrenzten Leistungsfähigkeit" könne bei einem Einkommen in dieser Größenordnung nicht ausgegangen werden.
[7] Abgesehen davon, dass bei einem solchen Einkommen noch eine Berechnung des Unterhalts nach einer Quote in Betracht komme, sei die Höhe des anrechenbaren Einkommens des Ehemanns auch für eine konkrete Bedarfsberechnung von Bedeutung. Zwar seien die Aufwendungen, mit denen die Ehegatten während ihres Zusammenlebens ihren allgemeinen Lebensstandard bestritten hätten, Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des konkreten Bedarfs. Maßgeblich sei aber letztlich der objektivierte Zuschnitt, den entsprechend situierte Ehegatten im Regelfall wählten. Entscheidend sei mithin derjenige Lebensstandard, der nach den ehelichen Lebensverhältnissen vom Standpunkt ...