Leitsatz
Ein Auskunftsanspruch des Mieters gegen den Vermieter zur tatsächlichen Höhe der bei der Wohnraummiete von einer Pauschale abgedeckten Betriebskosten gemäß § 242 BGB kommt nur in Betracht, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine nachträgliche Ermäßigung der Betriebskosten bestehen. Dabei sind Ermäßigungen einzelner Betriebskosten nicht relevant, wenn sie durch Erhöhungen in anderen Bereichen ausgeglichen werden.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB §§ 242, 560 Abs. 3
Kommentar
Nach dem Mietvertrag schuldet der Mieter für dort im Einzelnen bezeichnete Betriebskosten eine Pauschale in Höhe von 190 EUR monatlich. Der Mieter ist der Ansicht, dass die Pauschale zu hoch sei. Aus diesem Grund verlangt er im Wege der Stufenklage Auskunft über die von der Pauschale erfassten tatsächlichen Betriebskosten, Belegeinsicht und gegebenenfalls Herabsetzung der Pauschale auf eine angemessene Höhe. Das Berufungsgericht hat die Auskunftsklage abgewiesen.
Die Revision hatte keinen Erfolg.
1 Kalkulation nicht offenzulegen
In der Literatur wird teilweise die Ansicht vertreten, dass die Höhe einer Betriebskostenpauschale angemessen sein muss (Schmid, in MünchKomm, § 556 Rdn. 33; Palandt/Weidenkaff, § 556 Rdn. 6). Folgt man dieser Ansicht, so wäre dem Mieter ein materiellrechtlicher Anspruch auf Herabsetzung zuzubilligen, wenn die Pauschale den zur Kostendeckung erforderlichen Betrag wesentlich übersteigt.
Nach der Gegenansicht besteht keine gesetzliche Obergrenze für die Betriebskostenpauschale. Die Regelung des § 556 Abs. 2 Satz 2 BGB gilt nur für die Betriebskostenvorauszahlungen; eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die Betriebskostenpauschale ist ausgeschlossen (Langenberg, in Schmidt-Futterer, § 556 BGB Rdn. 25, 26 und in WuM 2001, S. 530; Weitemeyer, in Staudinger (2011), § 556 BGB Rdn. 70; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl. 2008, § 556 Rdn. 94; Horst, MDR 2001, S. 724).
Der BGH befasst sich mit dieser Frage nicht, führt aber obiter dictum aus, der Vermieter sei grundsätzlich nicht verpflichtet, seine Kalkulation offenzulegen.
2 Betriebskostenpauschale ist zu ermäßigen
Nach § 560 Abs. 3 BGB ist eine Betriebskostenpauschale herabzusetzen, wenn sich die Betriebskosten insgesamt ermäßigen. Hierzu wird in der Literatur teilweise die Ansicht vertreten, dass die Betriebskosten von Jahr zu Jahr in unterschiedlicher Höhe anfallen; hieraus wird abgeleitet, dass dem Mieter ein Auskunftsanspruch über die Höhe der Betriebskosten zusteht, der jeweils nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres geltend gemacht werden kann (Schmid, in MünchKomm, § 560 BGB Rdn. 26; Eisenschmid, in Eisenschmid/Wall, Betriebskostenkommentar, 3. Aufl. 2010, Rdn. 2414a; wohl auch: Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl. 2009, Rdn. IV 430).
Nach der Gegenansicht besteht dieser Anspruch nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Ermäßigung vorliegen; die entsprechenden Umstände und Tatsachen muss der Mieter im Streitfall vortragen (Langenberg, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 560 Rdn. 124; Weitemeyer, § 560 Rdn. 44; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl. 2008, § 560 Rdn. 18; Kinne, in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, § 560 Rdn. 64).
Der BGH folgt der letztgenannten Ansicht. Er führt ergänzend aus, dass die dem Mieter obliegende Darlegungslast durch den Hinweis auf die in einem regionalen oder überregionalen Mietspiegel enthaltenen Werte nicht erfüllt wird.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 16.11.2011, VIII ZR 106/11, NJW 2012 S. 303