Alexander C. Blankenstein
Leitsatz
Einem Wohnungseigentümer ausländischer Herkunft ist es regelmäßig zumutbar, die Kabelanlage statt einer Satellitenempfangsanlage zu nutzen, wenn auf diese Weise Zugang zu mehreren Programmen in der Sprache seines Herkunftslandes besteht.
Fakten:
Ein Wohnungseigentümer türkischer Herkunft streitet vorliegend mit der Eigentümergemeinschaft über die Befugnis zum Anbringen einer Parabolantenne auf seiner Loggia zum Empfang von Heimatsendern. Die Eigentumsanlage und auch die Wohnung des Eigentümers sind mit Breitbandkabelanschlüssen ausgestattet. Die Betreiberin der Kabelgesellschaft bietet für die Adresse des türkischstämmigen Wohnungseigentümers ein sogenanntes Paket "Kabel Digital Türkisch Basic" an, mit dem mittels eines digitalen Zusatzdecoders sechs türkische Programme gegen ein monatliches Entgelt von 8 Euro empfangen werden können. Ein Zusatzdecoder zum Empfang von 9 türkischen Sendern kostet 22 Euro. Mit seiner Entscheidung schließt sich das OLG Celle der in Rechtsprechung und Literatur vorherrschenden Ansicht an, es sei regelmäßig zumutbar, die Kabelanlage statt einer Satellitenempfangsanlage zu nutzen, wenn auf diese Weise Zugang zu mehreren Programmen in der Sprache des Heimatlandes des Wohnungseigentümers besteht. Auch unter Abwägung der beiderseits grundrechtlich geschützten Interessen kann der Wohnungseigentümer keinen Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung der Parabolantenne haben. Gleichfalls ist er hierdurch keineswegs rechtlos gestellt. Er wird auch nicht von Informationen aus seinem Heimatland ausgeschlossen. Denn über das Kabelnetz kann der Wohnungseigentümer sechs bzw. mit einem Zusatzdecoder neun türkischsprachige Programme empfangen. Auch die Kosten des zusätzlichen Kabelangebots sind nicht unzumutbar. Unzumutbar wären diese nur, wenn sie geeignet wären, den nutzungswilligen Interessenten vom Bezug abzuhalten. Dies ist bei einmaligen Anschaffungskosten für den Decoder und laufenden monatlichen Kosten von 8 Euro bzw. 22 Euro nicht der Fall. Dass der Empfang über die Parabolantenne geringere Kosten verursacht, ist nicht ausschlaggebend. Die Informationsfreiheit gewährleistet nicht die Kostenlosigkeit des Informationszugangs.
Link zur Entscheidung
OLG Celle, Beschluss vom 10.07.2006, 4 W 89/06
Fazit:
Beim Empfang von Kabelfernsehen ist stets zu prüfen, ob mittels Zusatzdecoder dem Informationsinteresse ausländischer Wohnungseigentümer oder auch ausländischer Mieter von Wohnungseigentümern Rechnung getragen werden kann. Ist dies der Fall, besteht mittlerweile in der Rechtsprechung Einigkeit, dass dann kein Anspruch auf Installation einer zusätzlichen Parabolantenne besteht. Hiergegen bestehen auch aus Kostenaspekten keine Bedenken, soweit diese sich in dem von der Entscheidung des OLG Celle gesteckten Rahmen halten.