Leitsatz
Eine in Deutschland verheiratete 56 Jahre alte kenianische Staatsangehörige begehrte die Anerkennung der durch Beschluss des Obersten Gerichtshofs von Kenia am 5.10.2005 genehmigten und in das Adoptionsregister in Kenia eingetragenen Adoption eines von ihr im Jahre 2004 bei einem Besuch in Kenia in einem Wald gefundenen "Findelkindes", das sie seinerzeit im Alter von ca. drei Wochen in Obhut genommen hatte.
Das OLG Schleswig hatte sich mit der Anerkennungsfähigkeit dieser Auslandsadoption auseinanderzusetzen.
Sachverhalt
Die am 30.9.1952 geborene Beteiligte zu 1. war kenianische Staatsangehörige und lebte mit ihrem im Jahre 1943 geborenen Ehemann, mit dem sie zum zweiten Mal verheiratet war, in Deutschland. Sie war in der Vergangenheit überwiegend als Reinigungskraft in verschiedenen Firmen tätig und seit dem Jahre 2003 ausschließlich Hausfrau. Sie und ihr Ehemann hatten keine leiblichen Kinder. Nach ihren eigenen Angaben hatten sie bereits einen volljährigen Sohn ihrer Schwester adoptiert, der zuvor von der Mutter der Beteiligten zu 1. in Kenia großgezogen worden war und nach einem Aufenthalt in Deutschland von etwa einem halben Jahr wieder nach Kenia zurückgekehrt war.
Die Beteiligte zu 1. hatte den Betroffenen im Jahre 2004 bei einem Besuch in Kenia in einem Wald gefunden und in Obhut genommen, als er etwa drei Wochen alt war. Das zuständige Jugendamt in Kenia stellte fest, dass niemand Anspruch auf das Kind erhob und dass der Betroffene im dortigen Haus der Beteiligten zu 1. ordnungsgemäß versorgt wurde. Der Oberste Gerichtshof in Kenia genehmigte sodann die Adoption. Der Betroffene war im Wesentlichen von der Schwester der Beteiligten zu 1. in Kenia betreut worden. Die Beteiligte zu 1. hielt sich jährlich für mehrere Monate in Kenia auf und versorgte während dieser Zeit den Betroffenen selbst in ihrem Haus.
Im Jahre 2006 hat die Beteiligte zu 1. bei dem AG Schleswig beantragt, die in Kenia ausgesprochene Adoption anzuerkennen. Sie beabsichtigte, den Betroffenen nach Deutschland zu holen, der nach ihren Vorstellungen hier die Grundschule besuchen sollte. Nähere Überlegungen über die Phase nach der Grundschulzeit des Betroffenen hatten die Beteiligte zu 1. und ihr Ehemann noch nicht angestellt.
Das AG hat den Antrag der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen. Die hiergegen von ihr eingelegte sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg, ebenso wie die sofortige weitere Beschwerde.
Entscheidung
Das OLG folgte der bereits von den Vorinstanzen vertretenen Auffassung, wonach eine Anerkennung der in Kenia erfolgten Adoption nicht in Betracht kam.
Nach zutreffender Auffassung des LG liege kein Fall der vereinfachten Anerkennung nach Art. 23 des Haager Adoptionsübereinkommens vom 29.5.1993 vor, zumal Kenia diesem Abkommen erst im Jahre 2007 und damit erst nach der Adoptionsentscheidung vom 5.10.2005 beigetreten sei.
Die Anerkennungsentscheidung richte sich daher nach §§ 5 Abs. 3 S. 1 AdWirkG, 16a FGG. Dort sei geregelt, in welchen Fällen die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ausgeschlossen sei. Nach § 16a Nr. 4 FGG komme eine Anerkennung nicht in Betracht, wenn diese zu einem Ergebnis führe, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten nicht zu vereinbaren sei.
Dabei könne dahinstehen, ob nach den Regeln des internationalen Privatrechts die richtigen Sachvorschriften angewandt worden seien. Dies sei hier zweifelhaft. Der Oberste Gerichtshof von Kenia habe bei seiner Entscheidung vom 5.10.2005 offensichtlich die kenianischen Vorschriften zugrunde gelegt, während zumindest nach den deutschen Regeln des internationalen Privatrechts gemäß Art. 22 Abs. 1 S. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB die deutschen Sachvorschriften anzuwenden wären. Ein Verstoß gegen den ordre public würde sich aber auch aus einer unzutreffenden Rechtswahl nicht ergeben.
Maßgeblich sei vielmehr, ob das Kindeswohl bei der Adoptionsentscheidung ausreichend berücksichtigt worden sei (vgl. nur KG, FamRZ 2006, 1405 ff.; OLG Celle FamRZ 2008, 1109 f.).
Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung in Kenia im Ergebnis nicht ausreichend am Kindeswohl ausgerichtet gewesen sei.
Die Verfahrensvorschriften des hier anwendbaren Art. 14 ff. des Haager Adoptionsübereinkommens seien jedenfalls nicht eingehalten worden. Insbesondere habe die in Deutschland zuständige Fachbehörde nicht an dem Verfahren mitgewirkt. Nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 1. solle eine Mitarbeiterin des in Kenia zuständigen Jugendamtes in zwei Hausbesuchen die Ordnungsgemäßheit der Unterbringung des Kindes überprüft haben. Es könne dahinstehen, ob der Mitarbeiterin des Jugendamtes in Kenia überhaupt bekannt gewesen sei, dass die Beteiligte zu 1. ihren Lebensmittelpunkt tatsächlich in Deutschland gehabt habe und das Kind hierher holen wolle. Es spreche einiges dafür, dass das kenianische Gericht den Sachverhalt entweder selbst verkürzt oder falsche Angaben der Beteiligten zu 1. zugrunde gelegt habe...