3.4.1 Quellensteuerabzug von 4,5 %
Eine Sonderregelung zur Besteuerung von Grenzgängern besteht mit der Schweiz: Im Verhältnis zur Schweiz wurde die gültige Grenzzone von 30 km aufgegeben und dafür eine Abzugssteuer von 4,5 % eingeführt. Unter einem Grenzgänger ist nunmehr jede in der Schweiz wohnhafte Person, die in Deutschland arbeitet und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt, zu verstehen. Auf die Entfernung des Wohnorts bzw. des Tätigkeitsorts zur deutsch-schweizerischen Grenze kommt es nicht an.
Ein Grenzgänger kann also auch ein Schweizer sein, der in Basel lebt und in Offenburg arbeitet, sofern er regelmäßig auch an Arbeitstagen an den Wohnort zurückkehrt.
Die Einkünfte von Arbeitnehmern mit Wohnsitz in Deutschland, die als Grenzgänger i. S. d. Art. 15a DBA-Schweiz tätig sind bzw. waren, unterliegen grundsätzlich der inländischen Besteuerung. Die Schweiz hat ein Recht auf Quellensteuer i. H. v. 4,5 % der Bruttovergütungen. Die Steueranrechnung in Deutschland erfolgt nach § 36 EStG.
Abwandererregelung: Bei Wegzug in die Schweiz besteht Steuerpflicht fort
Der EuGH hat entschieden, dass die sog. überdachende Besteuerung eines deutschen Staatsangehörigen, der seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegt hat und als umgekehrter Grenzgänger für seinen Schweizer Arbeitgeber im Inland arbeitet, nicht gegen das europäische Freizügigkeitsabkommen verstößt.
Die streitige Regelung ermöglicht dem deutschen Finanzamt den Zugriff auf Einkünfte aus deutschen Quellen im Jahr des Wegzugs in die Schweiz und in den folgenden 5 Kalenderjahren. Dies betrifft insbesondere den Arbeitslohn, der vom Arbeitnehmer nach dem Wegzug für eine Tätigkeit bei einem deutschen Arbeitgeber bezogen wird.
3.4.2 Nichtrückkehr an den Wohnsitz: 60-Tage-Grenze
Die Grenzgängereigenschaft hängt entscheidend von der regelmäßigen Rückkehr an den Wohnort in der Schweiz ab. Von einer regelmäßigen Rückkehr wird indes auch dann ausgegangen, wenn sich die Arbeitszeit (z. B. bei Arbeitnehmern mit Bereitschaftsdienst) über mehrere Tage erstreckt. Ferner ist es unschädlich, wenn der Grenzgänger aus beruflichen Gründen an bis zu 60 Arbeitstagen im Kalenderjahr nicht an seinen Wohnort zurückkehrt, wobei darüber hinaus privat veranlasste Übernachtungen in der Bundesrepublik Deutschland keinen negativen Einfluss auf diese 60-Tage-Grenze haben. Die Arbeitstage bestimmen sich nach den arbeitsvertraglich festgelegten Regelungen zur Arbeitszeit und zu Urlaubsansprüchen.
Arbeitstage, an denen Grenzgänger ganztägig an ihrem Wohnsitz im Ansässigkeitsstaat arbeiten (Homeoffice), gelten nicht als Nichtrückkehrtage.
Nicht ganzjährige Beschäftigung und Arbeitgeberwechsel
Ist der Arbeitnehmer nicht über das gesamte Kalenderjahr beschäftigt, muss die 60-Tage-Grenze entsprechend gekürzt werden. Einzelheiten hierzu enthält eine Konsultationsvereinbarung mit der Schweiz. Im Hinblick auf die für die Grenzgängerbesteuerung maßgebliche Berechnung der 60-Tage-Grenze bei unterjährigem Arbeitgeberwechsel wurde mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft am 28.11.2014 eine Verständigungsvereinbarung zu Art. 15a DBA-Schweiz getroffen.
Ermittlung der Nichtrückkehrtage seit 2019
Eine Nichtrückkehr aufgrund der Arbeitsausübung liegt vor, wenn die Rückkehr an den Wohnsitz aus beruflichen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist:
- Bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs ist eine Rückkehr der unselbstständig erwerbstätigen Person nach Arbeitsende an ihren Wohnsitz insbesondere nicht zumutbar, wenn die kürzeste Straßenentfernung für die einfache Wegstrecke über 100 Kilometer beträgt.
- Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist eine Rückkehr nach Arbeitsende an den Wohnsitz insbesondere nicht zumutbar, wenn die schnellste Verbindung zu den allgemein üblichen Pendelzeiten für die einfache Wegstrecke länger als 1,5 Stunden beträgt.
Von einem Nichtrückkehrtag ist bei vorliegender Unzumutbarkeit der Rückkehr nur auszugehen, wenn die unselbstständig erwerbstätige Person glaubhaft macht, dass sie tatsächlich nicht an ihren Wohnsitz zurückgekehrt ist.