Leitsatz

Rechtsgültige Vollmacht des Sondereigentums-Verwalters, den Sondereigentümer in Eigentümerversammlungen und bei Zustellungen durch den (firmenidentischen) Wohnungseigentumsverwalter zu vertreten

 

Normenkette

(§ 23 WEG; §§ 305c, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F.)

 

Kommentar

  1. Ist im Rahmen abgeschlossener Formular-Geschäftsbesorgungsverträge nach § 675 BGB von Eigentümern einem Sondereigentumsverwalter auch formularmäßig widerrufliche Vollmacht für die Vertretung von Sondereigentümern in der Eigentümerversammlung und zur Entgegennahme von Zustellungen des Wohnungseigentumsverwalters (einschließlich der Einladungen zur Eigentümerversammlung) erteilt, hält dies einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB n.F. stand. Dies gilt auch dann, wenn der Sondereigentumsverwalter mit dem WEG-Verwalter firmenrechtlich identisch ist und Eigentümer den Sondereigentumsverwalter über entsprechende Vollmachtsregelung von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit haben.
  2. Der Sondereigentumsverwalter konnte deshalb im vorliegenden Fall auch in Eigentümerversammlungen für vertretene Sondereigentümer abstimmen sowie jegliche Zustellungen (auch zur Einladung von Eigentümerversammlungen) entgegennehmen. Allerdings ergibt sich aus einem solchen Sondereigentums-Geschäftsbesorgungsvertrag auch die übliche Nebenverpflichtung des Verwalters, die einzelnen Eigentümer über die Entwicklung der Geschäftsbesorgung fortlaufend in Kenntnis zu setzen, um diesen evtl. Reaktionen und Weisungen zu ermöglichen. Die Verletzung solcher Benachrichtigungspflichten betrifft allerdings nur das Innenverhältnis zum auftraggebenden Sondereigentümer und kann sich nur als mögliche Verletzung des Sondereigentumsverwaltervertrags darstellen. Auswirkungen auf das Außenverhältnis (zur Wohnungseigentümergemeinschaft) sind daraus nicht ableitbar. Die vorliegenden Vollmachtserklärungen halten in ihrer Formulierung auch den Grundsätzen der §§ 305 ff. BGB n.F. stand.
  3. Damit wurden in der Gemeinschaft mit Stimmrecht des Sondereigentumsverwalters rechtswirksame Beschlüsse gefasst, die allenfalls anfechtbar gewesen wären, nicht jedoch als nichtig zu bezeichnen sind.
 

Link zur Entscheidung

(OLG Hamm, Beschluss vom 03.12.2002, 15 W 190/02)

Anmerkung

Es ist also streng das Innenverhältnis der Geschäftsbesorgung Sondereigentümer/Sondereigentumsverwaltung zu trennen vom wohnungseigentumsrechtlichen "Außenverhältnis". Ist – wie in größeren Kapitalanleger-Gemeinschaften vielfach üblich – weitgehend auch ein Sondereigentumsverwalter mit der Interessenvertretung der Sondereigentümer vor und in Eigentümerversammlungen betraut, hat er neben der Erfüllung seiner vertraglichen Hauptpflichten auch übliche Informationsnebenpflichten gegenüber auftraggebenden Sondereigentümern. Im Verhältnis zur Gemeinschaft kann er allerdings grundsätzlich vollumfänglich die Eigentümerinteressen in eigener Ermessensentscheidung vertreten und insbesondere Zustellungen und Stimmrechte wahrnehmen. Was Beschlussanfechtungen betrifft, wird er allerdings im Regelfall gesonderte Weisung der Auftraggeber abrufen müssen, also keine Verfahren eigenständig einzuleiten haben. Die Information über den Verlauf einer Eigentümerversammlung und gefasste Beschlüsse sollte allerdings so rechtzeitig erfolgen, dass ein auftraggebender Sondereigentümer auch eine Beschlussanfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 WEG u.U. noch wahren könnte. Säumnisse des Sondereigentumsverwalters können hier zu seiner internen Haftung gegenüber dem auftraggebenden Sondereigentümer führen.

Nicht angesprochen werden musste in dieser Senatsentscheidung die Frage berechtigter Stimmrechtsvertretung des Sondereigentumsverwalters in der Eigentümerversammlung. Selbst eine nicht mögliche Vertretung aufgrund einer in einer Gemeinschaftsordnung evtl. einschränkend vereinbarten Vertretungsmöglichkeit hätte allenfalls zur Anfechtung konkret gefasster Beschlüsse führen können, nicht jedoch zu nichtigen Beschlussfassungen (Vetretungs-Formfehler). Im vorliegend entschiedenen Fall (wohl einer Kapitalanleger-Gemeinschaft) dürfte allerdings kaum eine vertretungseinschränkende Vereinbarung getroffen worden sein (andernfalls hätte der Senat sicher darüber ein Wort verloren), sodass es auch beim allgemeinen Vertretungsgrundsatz nach BGB geblieben sein dürfte, dass sich grundsätzlich jeder Eigentümer auch durch jedermann in Versammlungen und im Stimmrecht vertreten lassen könne (vgl. §§ 164 ff., 174 BGB).

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