OFD Erfurt, Verfügung v. 20.8.1999, S 0457 a - 04 - St 232
1 Anlage
Das als Anlage beigefügte – überarbeitete – Merkblatt soll dem Schuldner als lnformationsmaterial hinsichtlich der Voraussetzungen für eine außergerichtliche Einigung im Vorfeld eines möglichen Verbraucherinsolvenzverfahrens (§ 304 ff. lnsO) dienen.
Das bei der Tagung der FAV am 21./22.7.1998 ausgehändigte Merkblatt (Stand 1.7.1998) ist ab sofort nicht mehr zu verwenden.
Anlage:
MERKBLATT DES FINANZAMTS für Anträge auf außergerichtliche Einigung im Vorfeld eines möglichen Verbraucherinsolvenzverfahrens [304 ff. Insolvenzordnung (InsO)]
Neue Möglichkeiten zur Schuldenbereinigung im Verbraucherinsolvenzverfahren
Am 1.1.1999 ist die neue InsO in Kraft getreten. Erstmals bietet sie Verbrauchern die Möglichkeit, innerhalb von 5 bis 7 Jahren ihre Schulden zu bereinigen. Das Verbraucherinsolvenzverfahren setzt jedoch voraus, daß eine Einigung mit den Gläubigern – auch mit dem FA – außerhalb des gerichtlichen Verfahrens innerhalb der letzten 6 Monate vor dem Eröffnungsantrag versucht worden ist.
Für welche Personengruppe kommt die außergerichtliche Einigung wegen Steuern und Abgaben in Frage ?
Die Möglichkeiten des Verbraucherinsolvenzverfahrens stehen nur natürlichen Personen, die keine oder eine nur geringfügige selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, offen § 304 InsO). In Frage kommen also
Personen mit nicht selbständig ausgeübter wirtschaftlicher Tätigkeit
z.B. Arbeitnehmer, Rentner, Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger
- Personen mit nur geringfügiger selbständig wirtschaftlicher Tätigkeit
Dies setzt voraus, daß die Tätigkeit nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (Anlehnung an die Regelung des Minderkaufmanns in § 1 Abs. 2 HGB). Es muß sich also um einen einfach strukturierten und leicht überschaubaren Betrieb handeln, der eine kaufmännische Organisation im Hinblick auf die Überschaubarkeit, Führung und Planung nicht benötigt.
z.B. Handelsvertreter, Handelsmakler, (kleine) Einzelhändler, (kleine) Gastwirte
Hinweis: Grundsätze gelten auch für Angehörige der freien Berufe
Nur für diesen Personenkreis kommt auch ein Erlassverfahren für Steuern und Abgaben als außergerichtlicher Einigungsversuch gem. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO in Frage.
Wer kann beim FA einen Antrag auf außergerichtliche Einigung stellen ?
Der Antrag auf außergerichtliche Einigung kann zwar vom Schuldner selbst gestellt werden, im Hinblick auf das sich ggf. anschließende Verbraucherinsolvenzverfahren ist jedoch die Beteiligung einer geeigneten, auf dem Gebiet der Schuldenberatung fachkundige Person oder Stelle zweckmäßig.
Voraussetzung für das gerichtliche Verfahren ist u.a. die Bescheinigung einer geeigneten Person oder Stelle, dass eine außergerichtliche Einigung erfolglos versucht worden ist § . 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Es empfiehlt sich daher, eine geeignete Person oder Stelle bereits im außergerichtlichen Einigungsverfahren zu beteiligen. Als geeignete Person oder Stelle kommen neben Steuerberatern, Rechtsanwälten, Notaren und ähnlich qualifizierten Personen nur die vom Landesamt für Soziales und Familie anerkannten Schuldnerberatungsstellen in Frage.
Welche Kosten entstehen für einen Antrag beim FA ?
Für die Bearbeitung von Anträgen auf außergerichtliche Einigung über Steuer- und Abgabenforderungen werden vom FA keine Kosten erhoben.
Welche Unterlagen benötigt das FA zur Prüfung der Anträge auf außergerichtliche Einigung ?
Vorzulegen sind:
- Verzeichnis des vorhandenen Einkommens und Vermögens und eine Darstellung der Familienverhältnisse (Vordrucke händigt das FA auf Wunsch aus)
- Verzeichnis der Gläubiger und deren Schuldforderungen
- Aufstellung eines Plans zur angemessenen Schuldenbereinigung (Schuldenbereinigungsplan)
- ausstehende Steuererklärungen für abgelaufene Veranlagungs- bzw. Anmeldezeiträume
Nachweise:
- ob und inwieweit Bürgschaften, Pfandrechte und andere Sicherheiten zugunsten von Gläubigern bestehen, vom Plan berührt werden und wie diese in die Schuldenbereinigung einbezogen sind
- ob und ggf. in welchem Umfang in den letzten 10 Jahren Vermögen auf andere Personen, insb. Verwandte, übertragen wurde
- ob Rechte und Ansprüche aus Erbfällen bestehen bzw. zu erwarten sind (z.B. Pflichtteilsansprüche)
eine Erklärung:
- dass Vermögen aus Erbschaften bzw. Erbrechten zur Hälfte zur Befriedigung der Gläubiger eingesetzt wird (vgl. § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO)
- dass alle Gläubiger im Schuldenbereinigsplan aufgeführt sind, kein Gläubiger Sonderrechte, (außer bei Pfandrechten und Sicherheiten) erhalten hat und keinem Gläubiger solche versprochen wurden
- dass sämtliche Angaben richtig und vollständig sind
- Angaben über Zustimmung der übrigen Gläubiger
Wann hat ein Antrag auf außergerichtliche Bereinigung der Steuer- und Abgabenschulden Aussicht auf Erfolg ?
Das FA ist bei der Prüfung des Antrags verpflichtet, den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Steuerbürger zu beachten. Dazu müssen einheitliche, für alle geltende Beurteilungskriterien zu Grunde gele...