Leitsatz

Nach zweieinhalbjähriger Anhängigkeit der Hauptsache zum Umgangsrecht in erster Instanz hat das AG auf Antrag des Kindesvaters eine einstweilige Anordnung zum Umgangsrechts erlassen, ohne zuvor das Jugendamt als Amtsvormund wie auch die nach § 50 FGG bestellte Verfahrenspflegerin als unmittelbar Beteiligte des Umgangsrechtsverfahrens zu hören. Auch das Recht der Pflegeeltern des Kindes auf Gewährung rechtlichen Gehörs war verletzt worden.

Gegen den Beschluss legten sowohl der Amtsvormund als auch die Verfahrenspflegerin Beschwerde ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung der einstweiligen Anordnung.

Ihr Rechtsmittel war erfolgreich.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG war die Vollziehung der ergangenen einstweiligen Anordnung zum Umgangsrechts bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde sowohl der Verfahrenspflegerin als auch des Amtsvormundes gegen die Entscheidung antragsgemäß nach Maßgabe der §§ 621g, 621e, 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 1684 Abs. 4 S. 1 und 2 BGB auszusetzen.

Sowohl das Jugendamt als Amtsvormund im Sinne von § 1791c BGB wie auch die nach § 50 FGG bestellte Verfahrenspflegerin seien als unmittelbar beteiligte Akteure des Umgangsrechtsverfahrens in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör und auf Gewährleistung eines rechtsstaatlich fairen Verfahrens durch den vorzeitigen Erlass einer einstweiligen Anordnung nachhaltig verletzt worden, nachdem das AG vor Ablauf der dem Amtsvormund gesetzten Frist zur Stellungnahme zu dem Antrag des Kindesvaters auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Umgangsrecht eine solche erlassen hatte. Der Verfahrenspflegerin war der neuerliche Antrag des Kindesvaters überhaupt nicht zugestellt worden.

Auch das Recht der Pflegeeltern des Kindes auf Gewährung rechtlichen Gehörs sei nicht beachtet worden, nachdem deren neue Prozessbevollmächtigte per Fax und unter Hinweis auf die notwendige Einarbeitung um eine angemessene - mangels Eilbedürftigkeit der Entscheidung auch zu gewährende - Fristverlängerung zur Stellungnahme nachgesucht hatte.

Im Übrigen habe in Anbetracht der seit langem bestehenden Entscheidungsreife der seit rund zweieinhalb Jahren in erster Instanz anhängigen Hauptsache an einem Anordnungsgrund in Gestalt eines besonderen Eilbedürfnisses für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gefehlt.

Eine Abwägung der widerstreitenden Interessen des Kindesvaters und der Pflegeeltern in Bezug auf eine eventuell aus der Umgangsgewährung oder Umgangsversagung mittels einstweiliger Anordnung für das Kind zu gewärtigenden Folgen müsse folglich nach dem Stand der Dinge, zumal unter Einbeziehung der Defizite im Verfahrensablauf erster Instanz, zu einem Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 Abs. 4 S. 1 und 2 BGB führen. Denn eine schwerwiegende Gefährdung des Kindeswohl sei in Anbetracht der gleichermaßen gravierenden wie unüberbrückbaren Interessengegensätze zwischen Kindesvater und Pflegeeltern durch einen eventuell nur vorübergehenden und dem Kind in Anbetracht der bis dato allenthalben unklaren Rechtslage nicht plausibel zu machenden Umgangskontakt nicht auszuschließen, während umgekehrt die aus einem - möglicherweise nur noch kurzfristig andauernden - Ausschluss des Umgangsrechts für den Vater resultierenden unliebsamen Konsequenzen deutlich weniger schwer ins Gewicht fielen, zumal das Kind, um dessen Wohl es in erster Linie gehe, in der Pflegefamilie gut aufgehoben sei.

 

Link zur Entscheidung

OLG Naumburg, Beschluss vom 08.12.2004, 14 WF 236/04

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