OFD Frankfurt, Verfügung vom 27.8.2021, S 2244 A - 37 - St 519
Der Bundesfinanzhof orientiert sich in seinen Entscheidungen zur Berücksichtigung von Darlehen und Bürgschaften als nachträgliche Anschaffungskosten bei § 17 EStG bisher strikt an den im Gesellschaftsrecht normierten Eigenkapitalersatzregeln (vgl. BMF-Schreiben vom 8.6.1999, BStBl 1999 I S. 545). Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) wurde das Eigenkapitalersatzrecht zum 1.11.2008 grundlegend dereguliert. Die Bestimmungen über kapitalersetzende Darlehen (§§ 32a , 32b GmbHG a.F.) wurden aus dem GmbHG entfernt und im Insolvenzrecht sowie im Anfechtungsgesetz neu geordnet. Die gesetzlichen Neuerungen sind auf Insolvenzverfahren anzuwenden, die ab dem Inkrafttreten des MoMiG am 1.11.2008 eröffnet worden sind. Für Insolvenzeröffnungen vor dem 1.11.2008 gelten die bisherigen gesetzlichen Regelungen fort (Art. 103d EGInsO).
I. Zwerganteilsprivileg
1. Rechtslage für Insolvenzeröffnungen bis 30.10.2008 (§ 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a.F.)
Die Regeln über den Eigenkapitalersatz gelten gemäß § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a.F. nicht für Gesellschafter, die mit 10 % oder weniger am Kapital der GmbH beteiligt und nicht Geschäftsführer der Gesellschaft sind. Für den persönlichen Geltungsbereich der Eigenkapitalersatzregeln kommt es auf die Verhältnisse nach Kriseneintritt an (BFH-Urteil vom 2.4.2008, BStBl 2008 II S. 706).
Zivilrechtlich und wirtschaftlich betrachtet stellt dieses Zwerganteilsprivileg eine Erleichterung für die Gesellschafter dar, da die grundsätzlich eigenkapitalersetzenden Darlehen und sonstigen Finanzierungshilfen im Ergebnis wie die fremder Dritter behandelt werden (kein Rangrücktritt hinter den übrigen Gläubigern) und insbesondere nicht der Rückzahlungssperre des § 30 GmbHG a.F. unterliegen. Die zivilrechtliche Privilegierung führt jedoch zu dem einkommensteuerrechtlichen Nachteil, dass einem Gesellschafter, der unter das Zwerganteilsprivileg fällt, infolge der zwingenden Vorgabe durch das Kapitalersatzrecht in § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a.F. keine nachträglichen Anschaffungskosten aus dem Verlust von Finanzierungshilfen entstehen. Dies gilt auch für Finanzplandarlehen (FG Rheinland-Pfalz vom 23.7.2008, EFG 2008 S. 1602, FG Köln vom 25.6.2009, EFG 2009 S. 1740, FG Düsseldorf vom 23.7.2009, EFG 2009 S. 1830).
Das Gleiche gilt für Dritte, die der Gesellschaft aufgrund eigener Verpflichtungen Beträge zuwenden. Auch ihre Finanzierungshilfen können nur als Anschaffungskosten der Beteiligung des Gesellschafters berücksichtigt werden, wenn die Finanzierungshilfen eigenkapitalersetzend sind. Ist also der Gesellschafter, aus dessen Vermögen diese Leistungen wirtschaftlich erfolgen sollen, nicht zu mehr als 10 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und ist er kein Geschäftsführer, können derartige Aufwendungen steuerlich nicht berücksichtigt werden.
Mit Urteil vom 6.5.2014 (BStBl 2014 II S. 781) hat der BFH den o.g. Grundsatz bestätigt. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn der Gesellschafter mit der Gesellschaft von vornherein vereinbart, das Darlehen solle „wie Eigenkapital” behandelt werden, und wenn die Beteiligten sich in der Insolvenz der Gesellschaft auch tatsächlich an diese Abrede halten und das Darlehen als nachrangige Forderung behandeln. Der BFH sieht hierin eine bewusste Entscheidung des Gesellschafters gegen eine Fremdkapitalfinanzierung und den freiwilligen Verzicht auf das Kleinanlegerprivileg. In diesem Falls sind dann ausnahmsweise nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung möglich, auch wenn der Gesellschafter mit nicht mehr als 10% am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt war.
2. Rechtslage für Insolvenzeröffnungen ab 1.11.2008 (§ 39 Abs. 5 InsO)
Nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO treten grundsätzlich alle Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens im Rang zurück. Hiervon ausgenommen sind nach § 39 Abs. 5 InsO Darlehen eines nicht geschäftsführenden Gesellschafters mit einer Beteiligung von 10 % oder weniger. Damit gelten auch für Insolvenzeröffnungen nach dem 31.10.2008 die gleichen steuerlichen Folgen wie im bisherigen Eigenkapitalersatzrecht des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a.F.
Sinn und Zweck des Kleinanlegerprivilegs gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 , Abs. 5 InsO (bisher Zwerganteilsprivileg nach § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG) ist die gesetzliche Klarstellung, dass nicht geschäftsführende Gesellschafter mit einer nur geringen Beteiligung nicht unternehmerisch beteiligt sind und deshalb nicht in der Finanzierungsverantwortung für die Gesellschaft stehen.
3. Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften („JStG 2019”)
Das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften („JStG 2019”) hat § 17 EStG um den Abs. 2a ergänzt. Darin werden die bisher im BMF-Schreiben vom 21.10.2010 geregelten nachträglichen Anschaffungskosten aus ausgefallenen Gesellschafterdarleh...