Das Wichtigste in Kürze:

1. Erlassen ist der Bußgeldbescheid u.a., wenn er vollinhaltlich aktenmäßig zur Kenntnis von Personen außerhalb der Verwaltungsbehörde niedergelegt ist.
2. Voraussetzung für den Erlass des Bußgeldbescheids ist u.a., dass die Verwaltungsbehörde eine OWi für erwiesen ansieht.
3. I.d.R. ergeht der Bußgeldbescheid schriftlich.
4. Der Bußgeldbescheid kann auch im EDV-Verfahren hergestellt werden.
 

Rdn 643

 

Literaturhinweis:

S. die Hinw. bei → Bußgeldbescheid, Allgemeines, Rdn 631.

 

Rdn 644

1.a)aa) Der Bußgeldbescheid ist nur dann wirksam, wenn er erlassen worden ist (KK/Kurz, § 65 Rn 10). Erlassen ist der Bußgeldbescheid, wenn er vollinhaltlich aktenmäßig zur Kenntnis von Personen außerhalb der Verwaltungsbehörde niedergelegt ist und durch zuständige Behördenangehörige entweder unterschrieben worden oder erkennbar ist, dass die in den Akten befindliche Entscheidung auf dem Willen des zuständigen Bediensteten beruht (KK/Kurz, a.a.O., m.w.N.; OLG Düsseldorf NJW 1970, 1937). Die behördeninterne Verfügung, in der lediglich der Abschluss der Ermittlungen nach § 61 festgestellt und sonst nur die Höhe der Geldbuße bestimmt wird, ist noch kein wirksamer Bußgeldbescheid (KK/Kurz, a.a.O.).

 

Rdn 645

bb) Ob für den Erlass des Bußgeldbescheids auch noch erforderlich ist, dass der Bußgeldbescheid in den Geschäftsgang gegeben worden ist (so Göhler/Seitz/Bauer, vor § 65 Rn 11; OLG Düsseldorf NJW 1982, 2833) oder er den Bereich der Verwaltungsbehörde mit deren Willen zum Zweck der Bekanntgabe an den Betroffenen verlassen hat (BGHSt 25, 187 = NJW 1974, 66 = DAR 1973, 276 [für Wirksamkeit des Strafbefehls]; OLG Düsseldorf NJW 1986, 1505 = zfs 1986, 96), ist umstritten (verneint von KK/Kurz, § 65 Rn 10).

 

☆ Die Frage hat allerdings Bedeutung für die Verjährungsunterbrechung nach § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 9, da dort u.a. auf den Erlass des Bußgeldbescheids abgestellt ist (→ Verjährung, Unterbrechungstatbestände , Rdn 3892 ). Der Verteidiger muss sich der für den Betroffenen günstigeren/weiteren Auffassung anschließen.Bedeutung für die Verjährungsunterbrechung nach § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 9, da dort u.a. auf den Erlass des Bußgeldbescheids abgestellt ist (→ Verjährung, Unterbrechungstatbestände, Rdn 3892). Der Verteidiger muss sich der für den Betroffenen günstigeren/weiteren Auffassung anschließen.

 

Rdn 646

cc) Für den Erlass des Bußgeldbescheids ist jedenfalls aber nicht seine ordnungsgemäße Zustellung erforderlich. Zwar wird die Verjährung nach § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 nur durch den Erlass und die Zustellung des Bußgeldbescheids unterbrochen (vgl. → Verjährung, Unterbrechungstatbestände, Rdn 3892), die damit zusammenhängenden Fragen sind aber unabhängig für den Erlass des Bußgeldbescheids (→ Bußgeldbescheid, Zustellung, Rdn 734; AG Landstuhl, Beschl. v. 5.5.2021 – 2 OWi 4211 Js 90/11, DV 2021, 173).

 

Rdn 647

Hält der Betroffene, dem irrtümlich eine "Ausfertigung" eines Bußgeldbescheids zugestellt wird, der im Zeitpunkt der Zustellung von dem zuständigen Beamten der Verwaltungsbehörde weder unterschrieben noch auch nur abgezeichnet war, die vermeintlich ergangene Entscheidung der Verwaltungsbehörde für sachlich nicht gerechtfertigt, so kann er (bereits) hiergegen gem. § 67 Einspruch einlegen (→ Einspruch, Allgemeines, Rdn 909 ff.). Wird die Unterschrift unter den Bußgeldbescheid nach der Zustellung nachgeholt, so richtet sich der Einspruch automatisch gegen den nunmehr erst rechtlich existent gewordenen Bußgeldbescheid und führt zu dessen sachlicher Überprüfung. Einer Wiederholung des Einspruchs bedarf es nicht (OLG Düsseldorf NJW 1970, 1937). Für die Frage der Verjährung kann es m.E. aber nur auf den Zeitpunkt der (nachträglichen) Unterzeichnung ankommen, da erst zu dem Zeitpunkt ein wirksamer Bußgeldbescheid vorliegt.

 

☆ Der Erlass und der Inhalt des Bußgeldbescheids können mit allen verfügbaren Erkenntnisquellen im Freibeweisverfahren festgestellt werden (BGHSt 23, 280 = NJW 1970, 1694).Freibeweisverfahren festgestellt werden (BGHSt 23, 280 = NJW 1970, 1694).

 

Rdn 648

2. Voraussetzung für den Erlass des Bußgeldbescheids ist u.a., dass die Verwaltungsbehörde eine OWi für erwiesen ansieht. Außerdem dürfen keine Verfolgungshindernisse bestehen und die Behörde muss die Ahndung des dem Betroffenen zur Last gelegten Verhaltens mit einer Geldbuße und ggf. Nebenfolgen für geboten erachten (Göhler/Seitz/Bauer, vor § 65 Rn 1).

 

Rdn 649

Das bedeutet: Hat die Verwaltungsbehörde Zweifel, ob der Betroffene die ihm zur Last gelegt Tat begangen hat, darf ein Bußgeldbescheid nicht ergehen. Anders als zur Anklageerhebung genügt ein hinreichender Tatverdacht zum Erlass des Bußgeldbescheids nicht (KK/Kurz, § 65 Rn 11 m.w.N.), die Verwaltungsbehörde muss vielmehr von der Schuld des Betroffenen überzeugt sein (OLG Hamm VRS 41, 52; a.A. offenbar Göhler/Seitz/Bauer, vor § 65 Rn 1 für "Massenverfahren", wenn aufgrund von schriftlichen Unterlagen entschieden wird).

 

☆ Auch im Bußgeldverfahren gilt aber der Zweifelssatz (KK/ Kurz , § 65 Rn 11). Hat die ...

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