Das Wichtigste in Kürze:

1. Den wesentlichen Inhalt des Bußgeldbescheids bestimmt § 66.
2. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 muss der Bußgeldbescheid die Angaben zur Person des Betroffenen und etwaiger Nebenbeteiligten enthalten.
3. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 2 muss der Bußgeldbescheid den Namen und die Anschrift des Verteidigers enthalten.
4. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 3 muss der Bußgeldbescheid die Tat, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird, die gesetzlichen Merkmale der OWi und die angewendeten Bußgeldvorschriften angeben. In Rechtsprechung und Literatur ist strittig, inwieweit die mangelhafte Erfüllung der Abgrenzungsfunktion aus dem Akteninhalt der Bußgeldakte ergänzt werden kann.
5. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 3 sind im Bußgeldbescheid auch die gesetzlichen Merkmale der OWi anzugeben.
6. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 3 müssen auch die angewendeten Bußgeldvorschriften angeführt werden.
7. § 66 Abs. 1 Nr. 4 verlangt die Angabe sämtlicher ausgeschöpfter Beweismittel.
8. Um der Funktion als Vollstreckungstitel gerecht zu werden, muss der Bußgeldbescheid die ggf. zu vollstreckenden Rechtsfolgen zweifelsfrei festlegen.
9. § 66 Abs. 2 schreibt schließlich vor, dass in den Bußgeldbescheid verschiedene Hinweise, Aufforderungen und Belehrungen aufzunehmen sind.
10. Die äußere Gestaltung des Bußgeldbescheids wird vom OWiG nicht vorgeschrieben.
 

Rdn 657

 

Literaturhinweise:

Fromm, Aktuelle Rechtsprechung und praxisrelevante Fallkonstellationen zum Tatbegriff im Verkehrsrecht, zfs 2018, 309

ders., Namensverwechselungen im Verkehrsbußgeldverfahren – Fallkonstellationen und -lösungen, DAR 2021, 293

Puppe, Die Individualisierung der Tat in Anklageschrift und Bußgeldbescheid und ihre nachträgliche Korrigierbarkeit, NStZ 1982, 230

Rebler, Die Abgrenzungsfunktion des Bußgeldbescheides, NZV 2016, 304

s. auch die Hinweise bei → Bußgeldbescheid, Allgemeines, Rdn 631.

 

Rdn 658

1.a) Den wesentlichen Inhalt des Bußgeldbescheids bestimmt § 66. Die Vorschrift ist § 409 StPO, der den Inhalt des Strafbefehls im Strafbefehlsverfahren regelt, nachgebildet (BGHSt 23, 336 = NJW 1970, 2222; KK/Kurz, § 66 Rn 1).

 

☆ Über die in § 66 genannten Voraussetzungen hinaus muss der Bußgeldbescheid zudem nach § 105 i.V.m. § 464 Abs. 1 StPO mit einer Kosten(grund)entscheidung versehen sein (→ Kostengrundentscheidung , Rdn 2683 ff.).Kosten(grund)entscheidung versehen sein (→ Kostengrundentscheidung, Rdn 2683 ff.).

 

Rdn 659

b) Der Bußgeldbescheid hat die Funktion, den dem Betroffenen gemachten Tatvorwurf in persönlicher, sachlicher und rechtlicher Hinsicht abzugrenzen (eingehend Rebler NZV 2016, 304 ff.; → Bußgeldbescheid, Allgemeines, Rdn 634). Diese Funktion hat Auswirkungen auf den wesentlichen Inhalt. Dieser muss so beschaffen sein, dass nach dem Inhalt des Bußgeldbescheids keine Zweifel über die Identität des Betroffenen sowie über die Identität der Tat entstehen (st. Rspr., dazu u.a. BGHSt 23, 336 = NJW 1970, 2222 = DAR 1971, 22; KG, Beschl. v. 31.1.2019 – 3 Ws (B) 42/19; OLG Bamberg DAR 2009, 155 = VRR 2009, 68; OLG Celle zfs 2011, 647 = StraFo 2011, 502 = NZV 2012, 45 = VRR 2012, 75; OLG Düsseldorf NJW 2006, 2647; StraFo 2007, 511 = StRR 2008, 31; Beschl. v. 25.5.2021 – 1 RBs 33/21, DAR 2022, 39; OLG Hamm, Beschl. v. 24.6.2021 – 5 RBs 107/21 [selbstständiges Verfahren gegen eine Nebenbeteiligte]; Beschl. v. 16.9.2021 – 4 RBs 277/21; OLG Jena StraFo 2016, 254 = VRS 131, 21; OLG Stuttgart VRS 126, 106 = VRS 126, 106 für den "Verfallsbescheid"; AG Limburg, Beschl. v. 9.11.2017 – 1 OWi – 6 Js 11243/17, zfs 2018, 295 = SVR 2018, 233; Rebler, a.a.O.).

 

☆ Der Verteidiger muss folgende Kontrollfrage stellen:Kontrollfrage stellen:

Ist nach dem Inhalt des Bußgeldbescheids eindeutig geklärt, wer mit der Sanktion gemeint ist und weshalb die Sanktion verhängt wird (s.a. Rdn 673 ff.)?

Darüber hinaus muss der Bußgeldbescheid auch die zu vollstreckenden Rechtsfolgen, im straßenverkehrsrechtlichen OWi-Recht also i.d.R. Geldbuße und ggf. Fahrverbot, eindeutig festlegen. Anderenfalls erfüllt er seine Funktion als Vollstreckungstitel nicht. Wird der Bußgeldbescheid einer dieser Funktionen nicht gerecht, kann er unwirksam sein, sodass durch den Erlass und ggf. die Zustellung dieses Bußgeldbescheids dann nicht gem. § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 Verjährungsunterbrechung eingetreten ist (→ Bußgeldbescheid, Mängel, Rdn 686).

 

Rdn 660

2.a) Nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 muss der Bußgeldbescheid die Angaben zur Person des Betroffenen und etwaiger Nebenbeteiligter enthalten. Maßstab für den Umfang dieser Angaben ist die o.a. Abgrenzungsfunktion in persönlicher Hinsicht. Es müssen so viele und so aussagekräftige Angaben vorhanden sein, dass Zweifel über die Identität ausgeschlossen sind (OLG Hamm NJW 1973, 1624; VRS 107, 209 = DAR 2004, 596). I.d.R. ist deshalb erforderlich die Angabe des Familiennamens und der Vornamen, mit unterstrichenem Rufnamen, des Geburtsnamens bei Namenswechsel, des Berufs, der Anschrift, des Familienstandes, des Geburtstags und des Geburtsorts (KK/Kurz, § 66 Rn 3; Göhler/Seitz/Bauer, § 66 Rn 4). Bei Auslände...

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