Detlef Burhoff, Thomas Hillenbrand
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Es ist zulässig, einen Beweisantrag unter einer Bedingung zu stellen. |
2. |
In einem bedingten Beweisantrag macht der Antragsteller sein Beweisbegehren von einer für ihn noch ungewissen Sach- und Rechtslage abhängig. |
3. |
Der bedingte Beweisantrag führt in der Praxis ein Schattendasein, was angesichts des Umstandes, dass er für den Verteidiger ein wichtiges Instrument bei seinen Bemühungen darstellt, ggf. möglichst frühzeitig die gerichtliche Beweiswürdigung zu erkennen, unverständlich ist. |
4. |
Fraglich ist, wann das Gericht die Gründe für die Ablehnung bekannt geben muss. |
Rdn 1115
Literaturhinweise:
Brause, Faires Verfahren und Effektivität im Strafprozeß, NJW 1992, 2865
R. Hamm, Wert und Möglichkeiten der Früherkennung richterlicher Beweiswürdigung durch den Strafverteidiger, in: Festgabe für Karl Peters, 1984, S. 169
Michalke, Noch einmal: "Hilfsbeweisantrag – Eventualbeweisantrag – Bedingter Beweisantrag", StV 1990, 184
Niemöller, Bedingte Beweisanträge im Strafverfahren, JZ 1992, 884
Schlothauer, Hilfsbeweisantrag – Eventualbeweisantrag – bedingter Beweisantrag, StV 1988, 542
Widmaier, Der Hilfsbeweisantrag mit "Bescheidungsklausel", in: Festschrift für Hanskarl Salger, 1995, S. 421
s.a. die Hinw. bei → Beweisantragsrecht, Allgemeines, Teil B Rdn 1224.
Rdn 1116
1. Es ist zulässig, einen Beweisantrag unter einer Bedingung zu stellen (s. die Definition in § 244 Abs. 3 S. 1 und bei → Beweisantrag/Allgemeines, Teil B Rdn 1098 m.w.N.). Auch ein bedingter Beweisantrag ist somit ein Beweisantrag i.e.S., für den die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen gelten. Daher müssen Beweismittel und Beweisthema bestimmt behauptet werden (→ Beweisantrag, Inhalt, Teil B Rdn 1198; zum "vorsorglich" gestellten Beweisantrag in der Revision BGH, Beschl. v. 17.3.2021 – 4 StR 540/20, NStZ 2021, 382).
Rdn 1117
Das Gericht ist beim bedingten Beweisantrag an die Zurückweisungsgründe der §§ 244, 245 gebunden. Es kann den Beweisantrag also nicht aus einem anderen als den dort aufgeführten Ablehnungsgründen ablehnen (Junker, Rn 277; → Beweisantrag, Ablehnungsgründe, Teil B Rdn 1048; → Präsentes Beweismittel, Teil P Rdn 2547).
Rdn 1118
2.a) Der bedingte Beweisantrag unterscheidet sich vom unbedingten Beweisantrag dadurch, dass der Antragsteller sein Beweisbegehren von einer für ihn noch ungewissen Sach- und Rechtslage abhängig macht (Meyer-Goßner/Schmitt, § 244 Rn 22 m.w.N.; Schlothauer StV 1988, 548; Hamm/Pauly, Rn 88 ff.; KK/Krehl, § 244 Rn 88 ff.; Junker, Rn 106). Die Bedingung, von der die Beweiserhebung abhängig sein soll, kann beliebig gewählt werden, d.h.:
Rdn 1119
Bedingung kann sein (s.a. Junker, Rn 108), dass
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das Gericht von einer bestimmten Beweislage ausgeht, z.B. einem bereits vernommenen Zeugen Glauben schenkt (zuletzt BGH StV 1995, 98 m.w.N.; OLG Zweibrücken StV 1995, 347 f.) oder einem Antrag der StA auf Vernehmung eines Belastungszeugen nachgeht (BGHSt 29, 396), |
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das Gericht einen anderen unbedingten Antrag ablehnt, wenn also z.B. in erster Linie Sachverständigenbeweis, hilfsweise Zeugenbeweis beantragt wird (Alsberg/Dallmeyer, Rn 166), |
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eine bestimmte Prozesslage eintritt, z.B. dass das Gericht die Zuziehung eines (weiteren) SV nicht für erforderlich hält oder die Vereidigung eines Zeugen beschließen wird (KK/Krehl, § 244 Rn 91), |
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das Gericht die Einlassung des Angeklagten als unwahr ansieht (Beck-Michalke, S. 535), |
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das Gericht volle oder (nur) verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten bejaht (BGH NJW 1988, 501; StV 1996, 529 f.), |
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für das Gericht ein bestimmter Umstand von Bedeutung, offenkundig, unerheblich oder noch nicht erwiesen ist. |
☆ Unzulässig sind (Hilfs)Beweisanträge, die sich nach der zu beweisenden Behauptung gegen den Schuldspruch richten, aber nur für den Fall einer bestimmten Rechtsfolgenentscheidung als gestellt gelten sollen (BGHSt 40, 287; BGH NStZ-RR 2017, 182). sind (Hilfs)Beweisanträge, die sich nach der zu beweisenden Behauptung gegen den Schuldspruch richten, aber nur für den Fall einer bestimmten Rechtsfolgenentscheidung als gestellt gelten sollen (BGHSt 40, 287; BGH NStZ-RR 2017, 182).
Rdn 1120
b) Vom → Hilfsbeweisantrag, Teil H Rdn 2160, unterscheidet sich der bedingte Beweisantrag dadurch, dass jener von einem unbedingten verfahrensabschließenden Hauptantrag abhängig gemacht und i.d.R. erst im → Plädoyer des Verteidigers, Teil P Rdn 2526, gestellt wird (Meyer-Goßner/Schmitt, § 244 Rn 22a m.w.N.; zur Terminologie Widmaier, S. 421 f.; Junker, Rn 106 ff.; Hamm/Pauly, Rn 74 ff.). Beim Eventualbeweisantrag handelt es sich um einen bedingten Beweisantrag, der im Schlussvortrag des Verteidigers als → Hilfsbeweisantrag, Teil H Rdn 2160, gestellt wird (BGH StV 1990, 149; s.a. Meyer-Goßner/Schmitt, § 244 Rn 22b m.w.N.; KK/Krehl, § 244 Rn 90).
Rdn 1121
3. Der bedingte Beweisantrag führt in der Praxis ein Schattendasein. Das ist angesichts des Umstandes, dass er für den Verteidiger ein wichtiges Instrument bei seinen Bemühungen darstellt, ggf. möglichst frühzeitig die geric...