Detlef Burhoff, Thomas Hillenbrand
Rdn 1126
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Beweisantragsrecht, Allgemeines, Teil B Rdn 1224.
Rdn 1127
1. Die StPO sieht eine allgemeine/ausdrückliche Begründungspflicht für einen Beweisantrag (nach wie vor) nicht vor. Der Verteidiger kann/darf seinen Beweisantrag jedoch begründen.
Rdn 1128
Durch das "Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens" hat sich 2019 jedoch eine Änderung ergeben. Während bis zu dessen Inkrafttreten nur in Ausnahmefällen in bestimmten besonderen Konstellationen von der Erforderlichkeit einer Begründung ausgegangen wurde (u.a. → Auslandszeuge, Teil A Rdn 497; → Beweisantrag, Ablehnungsgründe, Teil B Rdn 1048; → Beweisantrag, Formulierung: Zeugenbeweis, Teil B Rdn 1165; → Beweisantrag, Fristsetzung, Teil B Rdn 1175; → Beweisantrag, Inhalt, Teil B Rdn 1198; → Obergutachter, Teil O Rdn 2437), ist nun durch die gesetzliche Neuregelung in die (Legal)Definition des Beweisantrages in § 244 Abs. 3 S. 1 ausdrücklich als Merkmal aufgenommen worden, dass dem Beweisverlangen des Antragstellers "zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll" – sog. Konnexität. Den Antragsteller trifft damit jetzt eine "zusätzliche Darlegungslast" (Meyer-Goßner/Schmitt, § 244 Rn 21b; Burhoff StRR 10/2020, 5 f.). Deshalb ist eine Begründung des Beweisantrages dringend zu empfehlen.
☆ In der Gesetzesbegründung zu der Neuregelung ist zwar formuliert: wenn sich dies nicht ohnehin von selbst versteht (BT-Drs 19/14747, S. 34). Der Verteidiger sollte die Konnexität aber aus Gründen der Sicherheit immer darlegen, um von vornherein kein Einfallstor für eine Ablehnung des Beweisantrages mit der (formellen) Begründung: Konnexität ist nicht dargelegt zu öffnen (s.a. Burhoff , a.a.O.). Wegen der Einzelh. zur Konnexität wird verwiesen auf → Beweisantrag, Inhalt , Teil B Rdn 1207 ff.)."wenn sich dies nicht ohnehin von selbst versteht" (BT-Drs 19/14747, S. 34). Der Verteidiger sollte die Konnexität aber aus Gründen der Sicherheit immer darlegen, um von vornherein kein Einfallstor für eine Ablehnung des Beweisantrages mit der (formellen) Begründung: "Konnexität ist nicht dargelegt" zu öffnen (s.a. Burhoff, a.a.O.). Wegen der Einzelh. zur Konnexität wird verwiesen auf → Beweisantrag, Inhalt, Teil B Rdn 1207 ff.).
Rdn 1129
2. Allgemein wird sich eine Begründung über die nach Teil B Rdn 1127 gemachten Ausführungen hinaus immer dann empfehlen, wenn ggf. nicht auf der Hand liegt, warum der beantragte Beweis erhoben werden soll (z.B. BGH NStZ 2017, 100).
Rdn 1130
Dabei ist (allgemein) Folgendes zu beachten:
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Ist die Bedeutung der Beweistatsache offensichtlich, kann die Begründung kurz gehalten werden oder ganz entfallen. Ist die Bedeutung hingegen nicht offensichtlich oder möchte der Verteidiger das erkennende Gericht darauf hinweisen, dass der unter Beweis gestellten Tatsache eine bestimmte Schlussfolgerung zu entnehmen ist, ist eine Begründung des Beweisantrags zu empfehlen (Hamm/Pauly, Rn 218). Das Gericht ist allerdings, auch wenn es dem Beweisantrag nachgeht, nicht gehindert, andere als in der Begründung angeführte Schlussfolgerungen zu ziehen (BGHSt 29, 18 ff.). |
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Entsprechendes gilt, wenn der Verteidiger mit seinem Beweisantrag dem Gericht die eigene Bewertung des bisherigen Beweisergebnisses bekannt machen will (Hamm/Pauly, a.a.O.). Das kann z.B. nach einer Beweisaufnahme der Fall sein, die von Gericht und Verteidiger unterschiedlich bewertet wird. Hier bietet sich über die Begründung eines sich anschließenden Beweisantrags eine gute Möglichkeit mit dem Gericht über die Bewertung des Beweisergebnisses ins Gespräch zu kommen und ggf. bestehende Divergenzen auszuräumen. |
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Eine Begründung des Beweisantrags kann darüber hinaus auch im Hinblick auf die Revision sachdienlich sein. Durch sie lässt sich dem Revisionsgericht – z.B. im Rahmen einer Aufklärungsrüge – leichter vermitteln, weshalb sich auch dem Tatgericht die unterlassene Beweiserhebung aufdrängen musste (→ Revision, Begründung, Verfahrensrüge, Teil R Rdn 2836). |
☆ Die Begründung eines Beweisantrags gehört nicht zu den wesentlichen Förmlichkeiten, die in das Protokoll der HV aufgenommen werden müsste (→ Protokoll der Hauptverhandlung, Allgemeines , Teil P Rdn 2601 ). Deshalb ist es ratsam , die Begründung dem Gericht nicht nur mündlich mitzuteilen, sondern zusammen mit dem Beweisantrag schriftlich als Anlage zum Protokoll zu reichen (→ Beweisantrag, Form , Teil B Rdn 1131 ). Damit ist diese Anlage dann ggf. für die Revision in den Akten enthalten. Allerdings bezieht sich die absolute Beweiskraft des Protokolls nicht auf die Begründung des Antrags (BGH NStZ 2000, 437).nicht zu den wesentlichen Förmlichkeiten, die in das Protokoll der HV aufgenommen werden müsste (→ Protokoll der Hauptverhandlung, Allgemeines, Teil P Rdn 2601). Deshalb ist es ratsam, die Begründung dem Gericht nicht nur mündlich mitzuteilen, sondern zusammen mit dem Beweisantrag schriftlich als Anlage zum Protokoll zu reichen (→ Beweisantrag, Form, Teil B Rd...