Detlef Burhoff, Thomas Hillenbrand
Rdn 908
Literaturhinweise:
Dörn, Vernichtung beschlagnahmter Beweisunterlagen bei fehlender Rückgabemöglichkeit, wistra 1999, 175
Flore/Schwedtmann, Verwahrung und Rückgabe beschlagnahmter Beweismittel, PStR 2000, 28
Hoffmann/Knierim, Rückgabe von im Strafverfahren sichergestellten oder beschlagnahmten Gegenständen, NStZ 2000, 461
Jahn/Moericke, Die strafprozessuale Zuständigkeit für die Herausgabe sichergestellter Sachen an den Verletzten, DRiZ 2004, 322
Kemper, Rückgabe beschlagnahmter Gegenstände – Bringschuld oder Holschuld?, NJW 2005, 3679
Menges, Die Rückgabe beschlagnahmter Beweismittel nach Rechtskraft des Urteils, wistra 1984, 136
Ullenboom, Das "kleine Opferentschädigungsverfahren" gem. §§ 111 n, 111 o StPO nF, NZWiSt 2020, 470
s.a. die Hinw. bei → Beschlagnahme, Allgemeines, Teil B Rdn 880.
Rdn 909
Für die Beendigung der Beschlagnahme ist zu unterscheiden:
1.a) Mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens erlischt die Beschlagnahmeanordnung ohne Weiteres (BGH NJW 2015, 1238; OLG Düsseldorf NJW 1995, 2239; NStZ 1997, 301; LR-Menges, § 98 Rn 56; Flore/Schwedtmann PStR 2000, 28). Die beschlagnahmten Gegenstände sind gem. § 94 Abs. 4, der auf die §§ 111n, 111o verweist, herauszugeben, und zwar von der StA (§ 111o Abs. 1; Meyer-Goßner/Schmitt, § 98 Rn 29 m.w.N. und § 94 Rn 22; zur Vernichtung beschlagnahmter Unterlagen Dörn, a.a.O.). Die Herausgabe kann nicht mit einem → Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG, Rn 208, verfolgt werden. Es handelt sich vielmehr ggf. um einen Rechtsstreit aus einem öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnis, das durch die Beschlagnahme entstanden ist und für den der Zivilrechtsweg eröffnet ist (wohl h.M., BGH NJW 2015, 1238; Urt. v. 16.5.2019 – III ZR 6/18, NJW 2019, 2621; OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2010, 379; OLG Koblenz OLGRR Koblenz 2005, 883; OLG Nürnberg StV 2011, 148; OLG Stuttgart NStZ-RR 2002, 111; LG Mannheim NStZ-RR 1998, 113; LG Saarbrücken StRR 2/2017, 2 [Ls.]; a.A. OLG Celle StRR 2012, 345; OLG Hamburg wistra 2011, 195; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 12.4.2017 – 5 W 11/17; s. Teil B Rdn 915).
☆ Wird → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand , Teil W Rdn 5640 , gewährt und dadurch die Rechtskraft des Urteils durchbrochen, werden außer Kraft getretene Beschlagnahmen nach § 47 Abs. 3 wieder wirksam (→ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand , Teil W Rdn 5662 ).Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil W Rdn 5640, gewährt und dadurch die Rechtskraft des Urteils durchbrochen, werden außer Kraft getretene Beschlagnahmen nach § 47 Abs. 3 wieder wirksam (→ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil W Rdn 5662).
Rdn 910
b)aa) Herausgegeben wird die Sache nach § 111n Abs. 1 grds. an den letzten Gewahrsamsinhaber (Meyer-Goßner/Schmitt, § 111n Rn 6 f. m.w.N.; [zum früheren Recht] BGH NJW 2015, 1238 für Rückgabe als Beweismittel beschlagnahmtem Bargeld bei Mitgewahrsam mehrerer Personen im Zeitpunkt der Beschlagnahme; OLG Celle StRR 2012, 345; LG Saarbrücken StraFo 2009, 510 m.w.N.; s. aber VG Koblenz, Urt. v. 23.4.2008 – 5 K 1802/07.KO [keine Rückgabe an den letzten Gewahrsamsinhaber, wenn die "Eigentumsvermutung" durch Indizien widerlegt ist/wird]). Eine Herausgabe an den letzten Gewahrsamsinhaber kommt allerdings dann nicht in Betracht, wenn die Sache zweifelsfrei durch irgendeine – wenn auch möglicherweise eine nicht in das Verfahren einbezogene – Straftat in den Besitz des Betreffenden gelangt ist (OLG Celle, a.a.O.; m.w.N.; s.a. LG Saarbrücken, a.a.O. [nicht an den Beschuldigten, wenn die Rückgabe zu einem gesetzwidrigen Zustand führen würde]). Das ist z.B. von Bedeutung, wenn es sich um "sichergestelltes Geld aus Drogengeschäften" handelt (OLG Celle, a.a.O.).
Rdn 911
In Betracht kommt nach § 111n Abs. 2 aber auch die Herausgabe an denjenigen, dem die Sache durch die Straft unmittelbar entzogen worden ist, wenn dieser bekannt ist (Verletzter). Nach Auffassung der Rspr. soll die Herausgabe an den Verletzten grds. vorrangig sein (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.2.2022 – 2 Ws 15/22, ZInsO 2023, 301; LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 2.5.2023 – 5 Qs 5/23 jug., StraFo 2023, 272 [Streit Verletzter/Dritter]; LG Bonn, Beschl. v. 15.2.2021 – 50 Qs 42/20, NStZ 2021, 765). Das wird mit dem Wortlaut der Regelung begründet (zur [verneinten] Herausgabe an den "Erwerber" beim Gebrauchtwagenkauf LG Bad Kreuznach, a.a.O.).
Rdn 912
Die StA ordnet die Aufhebung durch Verfügung an, das Gericht durch Beschluss. Gegen die Entscheidung der StA kann nach § 111o Abs. 2 → Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Teil A Rdn 610, und gegen die des Gerichts → Beschwerde, Teil B Rdn 1164, eingelegt werden (Meyer-Goßner/Schmitt, § 111o Rn 3).
Rdn 913
bb) In Rspr. und Lit. ist/war die Frage, ob es sich um eine Bring- oder Holschuld handelt, umstr. (dazu Flore/Schwedtmann PStR 2000, 30 m.w.N.; Hoffmann/Knierim NStZ 2000, 461; Kemper NJW 2005, 3679). Der BGH (3. Zivilsenat) geht unter Hinweis auf § 697 BGB und unter Ablehnung der strafprozessualen Lit. davon aus, dass die Rückgabe an dem Ort zu erfolgen hat, an welchem die beschlagnah...