Das Wichtigste in Kürze:

1. Es ist zulässig, einen Beweisantrag unter eine Bedingung zu stellen.
2. Der bedingte Beweisantrag wird von einer für den Antragsteller ungewissen Sach- oder Prozesslage abhängig gemacht.
3. Der Hilfsbeweisantrag wird von der Entscheidung über einen (unbedingt gestellten) verfahrensabschließenden Hauptantrag (z.B. auf Freispruch) abhängig gemacht.
 

Rdn 497

 

Literaturhinweise:

R. Hamm, Wert und Möglichkeiten der Früherkennung richterlicher Beweiswürdigung durch den Strafverteidiger, in: Festgabe für Karl Peters, 1984, S. 169

Junker, Beweisantrag im Strafprozess, 3. Aufl., 2019

Michalke, Noch einmal: "Hilfsbeweisantrag – Eventualbeweisantrag – Bedingter Beweisantrag", StV 1990, 184

Sartorius, Opening Statement, affirmative Beweisanträge und Festschreibung des Sachverhalts, StraFo 2022, 90

Schlothauer, Hilfsbeweisantrag – Eventualbeweisantrag – bedingter Beweisantrag, StV 1988, 542

Widmaier, Der Hilfsbeweisantrag mit "Bescheidungsklausel", in: FS für Hanskarl Salger, 1995, S. 421.

 

Rdn 498

1. Ein Beweisantrag kann auch in bedingter Form gestellt werden (Meyer-Goßner/Schmitt, § 244 Rn 22; BGHSt 27, 396). Die Erhebung des Beweises wird dabei von einer für den Antragsteller ungewissen Sach- oder Prozesslage abhängig gemacht (Schlothauer StV 1988, 542; Michalke StV 1990, 184, 185). Auch für einen bedingten Beweisantrag gelten die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen, so dass zum Inhalt eines solchen Beweisantrags die Angabe einer zu beweisenden Tatsache und eines bestimmten Beweismittels gehört (→ Beweisantrag, Inhalt, Rdn 510).

 

Rdn 499

Das Gericht ist beim bedingten Beweisantrag an die Zurückweisungsgründe der §§ 77 OWiG, 244 StPO gebunden. Ob das Gericht ihn förmlich vor der Urteilsverkündung durch Beschluss verbescheiden muss oder die Gründe für die Ablehnung des bedingten Beweisantrags auch erst mit den schriftlichen Urteilsgründen bekannt geben darf (jedenfalls dann, wenn sich die Bedingung auf einen bestimmten Urteilsinhalt bezieht), ist umstritten (vgl. Burhoff, HV, Rn 1084).

 

Rdn 500

Die Bedingung, von der die Beweiserhebung abhängig sein soll, kann unterschiedlich gewählt werden (vgl. Burhoff, HV, Rn 1081).

 

Rdn 501

 

Beispiele:

Bedingung kann sein, dass

das Gericht von einer bestimmten Beweislage ausgeht, z.B. einem bereits vernommenen Zeugen Glauben schenkt (vgl. BGH StV 1995, 98 m.w.N.; OLG Zweibrücken StV 1995, 347 f.) oder einem Antrag der StA auf Vernehmung eines Belastungszeugen nachgeht (BGHSt 29, 396),
eine bestimmte Prozesslage eintritt, etwa das Gericht die Zuziehung eines (weiteren) SV nicht für erforderlich hält oder ein Zeuge vereidigt wird (s.a. KK-StPO/Krehl, § 244 Rn 91),
das Gericht die Einlassung des Angeklagten als unwahr ansieht (Beck/Michalke, S. 555),
für das Gericht ein bestimmter Umstand offenkundig, unerheblich oder noch nicht erwiesen ist.
 

Rdn 502

2. Der bedingte Beweisantrag unterscheidet sich vom echten Hilfsbeweisantrag dadurch, dass letzterer unter die Bedingung gestellt wird, dass das Gericht zu einer bestimmten verfahrensabschließenden Entscheidung gelangt (BGH StV 1998, 248).

 

Rdn 503

Hilfsbeweisanträge, die sich (nach der zu beweisenden Behauptung) gegen den Schuldspruch richten, aber nur für den Fall einer bestimmten Rechtsfolgenentscheidung als gestellt gelten sollen, sind unzulässig. Dem Gericht kann nicht abverlangt werden, sich in unlogischer Reihenfolge zunächst über den Inhalt der Rechtsfolge schlüssig zu werden, bevor es darüber befindet, ob es zur Schuldfrage Beweis erheben soll oder nicht (BGH NStZ 1995, 144 m. Anm. Herdegen NStZ 1995, 202). Üblicherweise wird der Hilfsbeweisantrag im Plädoyer gestellt und dahingehend ausgelegt, dass der Antragsteller auf Entscheidung vor Urteilsverkündung und damit auf weiteres rechtliches Gehör verzichtet (BGH, a.a.O.). Ein Hilfsbeweisantrag muss nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet werden, solange offensichtlich ist, dass er an einen Hauptantrag anknüpft (vgl. Junker, Rn 112).

 

☆ Bevor der Verteidiger sich entscheidet, einen bedingten Beweisantrag oder einen echten Hilfsbeweisantrag zu stellen, sollte er prüfen, ob nicht besser ein normaler Beweisantrag gestellt werden sollte. Der Verteidiger kann durch die Stellung eines unbedingten Beweisantrags all das erreichen, was er durch einen Hilfsbeweisantrag erreichen möchte. Sollte dieser Antrag abgelehnt werden, so kann jederzeit ein neuer Beweisantrag gestellt werden. Diese Möglichkeit fällt bei einer Entscheidung in den Urteilsgründen, wie sie bei Hilfsbeweisanträgen üblich und zulässig ist, weg.bedingten Beweisantrag oder einen echten Hilfsbeweisantrag zu stellen, sollte er prüfen, ob nicht besser ein normaler Beweisantrag gestellt werden sollte. Der Verteidiger kann durch die Stellung eines unbedingten Beweisantrags all das erreichen, was er durch einen Hilfsbeweisantrag erreichen möchte. Sollte dieser Antrag abgelehnt werden, so kann jederzeit ein neuer Beweisantrag gestellt werden. Diese Möglichkeit fällt bei einer Entscheidung in den Urteilsgrün...

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