Rz. 1
In B3-3 AVB D&O werden dem Versicherungsnehmer umfangreiche Obliegenheiten auferlegt. Die AVB D&O nehmen hierbei die "übliche" Unterscheidung zwischen Obliegenheiten vor, die "vor" und solchen die "bei" oder "nach" dem Versicherungsfall zu erfüllen sind. So sind vor Eintritt des Versicherungsfalls gefahrdrohende Umstände zu beseitigen (siehe dazu unten bei II). Nach oder bei Eintritt des Versicherungsfalls werden Anzeige-, Aufklärungs- und Unterstützungs- und Rettungsobliegenheiten auferlegt (siehe dazu unten bei III bis V). Hierbei werden die vor Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllenden Obliegenheiten dem Versicherungsnehmer und die nach Eintritt vorgesehenen Obliegenheiten zusätzlich den Versicherten auferlegt, siehe B3-3-2 AVB D&O:“ Der Versicherungsnehmer hat bei und nach Eintritt des Versicherungsfalls nachfolgende Obliegenheiten zu erfüllen. Diese und die Rechtsfolgen bei Verletzung gelten sinngemäß auch für die versicherten Personen.“
Rz. 2
Grundsätzlich sind Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsvertragsrecht weit verbreitet. Es gibt keinen Versicherungsvertrag, bei dem nicht wenigstens in den AVB zumindest die Obliegenheiten, die nach dem Eintritt gelten sollen, vereinbart werden. Daneben gibt es auch die Möglichkeit ausdrücklich und individuell beim Vertragsschluss Obliegenheiten zu vereinbaren. Diese können dann z.B. im Versicherungsschein aufgeführt werden. Wir unterscheiden dabei zwischen gesetzlichen und vertraglichen Obliegenheiten, das heißt solchen, die im Gesetz stehen, wie die Rettungsobliegenheit (§ 82 VVG) und die vertraglichen Obliegenheiten, die die Parteien vereinbaren. Die vertraglichen Obliegenheiten können zusätzlich bzw. neben den gesetzlichen Obliegenheiten vereinbart werden. Gesetzliche Obliegenheiten können durch vertragliche Vereinbarungen konkretisiert oder mit Sanktionen versehen werden. So gibt es gesetzliche Obliegenheiten, wie die Regelungen zur Anzeige- und Auskunftsobliegenheit, die zwar gesetzlich verankert sind, jedoch ohne Sanktionen bei Verstoß gegen dieselben (siehe §§ 30, 31 VVG).
Rz. 3
Bei der D&O-Versicherung besteht die Besonderheit, dass die Versicherungsnehmerin fast ausschließlich fremde Interessen, also jene der versicherten Personen versichert hat. Allerdings ist grundsätzlich die Gesellschaft auch daran interessiert, dass der D&O-Versicherer reguliert. Es liegt in ihrem Interesse, dass das Privatvermögen des Organmitglieds geschont wird und der dahinterstehende Haftpflichtversicherer einspringt, auch im Hinblick auf eine weitere Zusammenarbeit mit dem betreffenden Manager. Die Versicherungsleistung kommt meist mittelbar der GmbH zu Gute. Dies gilt bei der Innenhaftung schon deshalb, weil die Versicherungsnehmerin bzw. eine Tochtergesellschaft Anspruchsinhaberin und Geschädigte ist. Aber auch bei der Außenhaftung besteht diese Interessenlage: Wird die Gesellschaft von einem Dritten in Anspruch genommen - entweder weil die Gesellschaft allein oder neben dem Organmitglied haftet - könnte sie sodann das Organmitglied in Rückgriff nehmen, wofür ebenfalls auf den Versicherungsschutz Wert gelegt wird. Die Versicherungsnehmerin hat also ein eigenes Interesse daran, dass ihr Schaden reguliert wird. Allerdings steht sie dem D&O-Versicherer als (geschädigte) Dritte gegenüber. Der Dritte, das heißt der Geschädigte in der Haftpflichtversicherung steht außerhalb des Versicherungsverhältnisses - ebenso wie der Dritte bei der Außenhaftung der D&O-Versicherung. Der Dritte hat deshalb gerade keine Obliegenheiten. Dies gilt selbst dann, wenn dieser Dritte Vertragspartner und damit Versicherungsnehmer wird, jedenfalls soweit es um das fremde Interesse geht, für die eigenständige Verträge zugunsten des Versicherten begründet werden (siehe oben bei A-8 AVB D&O II, III).
Rz. 4
Treffen die Versicherungsnehmerin wie hier umfangreiche Aufklärungs- Schadensminderungsobliegenheiten, müsste sie, damit die versicherten Personen den Versicherungsschutz nicht einbüßen, auf Anforderung des Versicherers alle gewünschten Informationen zur Verfügung stellen und Unterlagen bereitstellen, also auch etwaige interne Korrespondenz. Außerdem müsste sie den Schaden in zumutbarer Weise geringhalten. Dass der Versicherungsschutz der versicherten Personen beeinträchtigt oder zerstört wird, wenn die Versicherungsnehmerin dieser Aufklärungsobliegenheit nicht nachkommt, ist ein Ergebnis, das mit dem Zweck der D&O-Versicherung kaum vereinbar wäre. Gleichwohl gehen die AVB D&O davon aus, dass sowohl die Versicherungsnehmerin als auch die Versicherten die vereinbarten Obliegenheiten treffen. Dogmatisch ist es zutreffend, dass die Obliegenheiten die Versicherungsnehmerin treffen, das heißt ihr auferlegt werden, nur führt eine Verletzung durch die Versicherungsnehmerin oder ihre Repräsentanten nicht zu einer Beeinträchtigung des Versicherungsschutzes der Versicherten (siehe ausführlich bei A-8 AVB D&O II, III).
Rz. 5
In der Praxis gibt es Bedingungen, die die Aufklärungsobliegen...