Rz. 8
B1-6.2.3 bis 5 AVB D&O regelt das Schicksal der Prämie, wenn das versicherte Interesse nicht zur Entstehung gelangt oder nachträglich wegfällt. Die Bestimmung ist der gesetzlichen Regelung in § 80 VVG nachgebildet. Das versicherte Interesse wird z.B. nicht zur Entstehung gelangen, wenn die GmbH in Gründung, die schon den D&O-Versicherungsvertrag abgeschlossen hat, dann doch nicht ihre Geschäfte aufnimmt, so dass Organhaftungsansprüche mangels Geschäftstätigkeit nicht entstehen können. Der Wegfall des versicherten Interesses bei einer D&O-Versicherung tritt dann ein, wenn das Risiko, das Organhaftungsansprüche nicht geltend gemacht werden können, nicht mehr besteht. Dies wäre grundsätzlich der Fall, wenn die Firma der Gesellschaft im Handelsregister gelöscht wird, obwohl selbst dann noch eine Nachtragsliquidation möglich wäre, wenn doch noch Organhaftungsansprüche verfolgt werden sollen.
Rz. 9
Insofern sind in der Praxis vor dem Erlöschen der Firma kaum Fälle denkbar, in denen das versicherte Interesse weggefallen ist. Dies kann aber beispielsweise der Wechsel in eine Rechtsform sein, für die kein Versicherungsschutz besteht, wie der Wechsel in eine OHG oder eine KG mit natürlicher Person als persönlich haftendem Gesellschafter. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt noch nicht zu einem Wegfall des versicherten Interesses. Im Anschluss an die Eröffnung prüft der Insolvenzverwalter vielmehr etwaige Haftungsansprüche und macht diese geltend. Auch wenn zeitweise alle Organe etwa durch Niederlegung oder Abberufung ausgeschieden sind, fällt damit das versicherte Interesse nicht weg, da weiterhin wegen der bereits begangenen Pflichtverletzungen, die ausgeschiedenen Organmitglieder in die Haftung genommen werden könnten.
Rz. 10
Auch ein Wegfall des bisherigen Unternehmenszwecks ist nicht gleichbedeutend mit einem Wegfall des versicherten Interesses. Verkauft beispielsweise die GmbH komplett ihren Geschäftsbetrieb und ist sie danach nur noch vermögensverwaltend tätig, besteht weiterhin ein Organhaftungsrisiko, zum Beispiel auch aufgrund etwaiger Pflichtverletzungen bei dem Unternehmensverkauf selbst, durch die bei der Gesellschaft Schäden entstanden sein könnten.
Rz. 11
Ein Fall der betrügerischen Versicherung eines nicht bestehenden Interesses dürfte in der Praxis die Ausnahme bilden. Es müsste nach dem Wortlaut insgesamt kein versichertes Interesse bestehen. Hat die GmbH z.B. von einem Organhaftungsanspruch Kenntnis und wird deswegen unter Verschweigen des Haftungsanspruchs eine D&O-Versicherung mit Rückwärtsdeckung abgeschlossen, ggf. noch mit der Maßgabe, dass gegenüber dem Geschäftsführer ein Verzicht erklärt wurde, der ebenfalls dem D&O-Versicherer verschwiegen wurde, wäre das versicherte Interesse von Anfang an nicht vorhanden gewesen und der D&O-Versicherungsvertrag nichtig.