Die Hauptkassiererin einer GmbH, die mehrere Bioläden betreibt, sammelt täglich die Bargeldeinnahmen ein, die in der Zentrale von ihr erfasst und verbucht werden. Die Kasseneinnahmen werden in sog. Safebags angeliefert. Hierbei handelt sich um zugeschweißte Kunststoffsäcke. Diese sollten nach der klaren Dienstanweisung von zwei Mitarbeitern geöffnet und das Geld gezählt werden. Die Hauptkassiererin macht dies seit einigen Wochen allein, weil die Hauptkasse krankheitsbedingt personell unterbesetzt ist. Hierbei entnimmt die Hauptkassiererin sich immer täglich einen kleinen vierstelligen Betrag. Nach einem Monat fällt dies auf, es fehlen zu diesem Zeitpunkt bereits ca. 100.000 EUR. Die Hauptkassiererin wird fristlos entlassen, eine Strafanzeige gestellt und vor dem Arbeitsgericht eine Klage auf Schadensersatz erhoben. Bei der ehemaligen Hauptkassiererin ist jedoch nichts mehr zu holen. Diese ist spielsüchtig und hat alles verzockt. Die GmbH will nun ihren Geschäftsführer in Anspruch nehmen, der seine Organisationspflicht verletzt haben könnte. Aufgrund der Personalengpässe hätte ihm klar sein müssen, dass die Hauptkasse gerade zu der Zeit, zu der die Tageseinnahmen aufgeliefert werden, nicht mehr ausreichend besetzt war. Er hätte kontrollieren müssen, ob weiterhin nach dem Vier-Augen-Prinzip das eingehende Geld erfasst wird. Der D&O-Versicherer sieht zwar auch eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers durch die unzureichende Überwachung, beruft sich aber auf den Ausschluss "Geld und Wertzeichen", denn die Hauptkassiererin habe Bargeld unterschlagen, wofür die D&O-Versicherung keinen Versicherungsschutz gewähre. Eine solche weite Auslegung der AVB ist indes nicht zwingend. Den Sachschaden durch den Entzug der Geldscheine mag die Hauptkassiererin verursacht haben, der Geschäftsführer hat hingegen durch seine unzureichende Überwachung einen Vermögensschaden in Folge der Mindereinnahmen verursacht. Dieser muss nicht die Geldscheine ersetzen, sondern den finanziellen Schaden am Gesellschaftsvermögen. Durch seine unzureichende Überwachung hat er einen "Sachschaden zugelassen". Der Geschäftsführer selbst haftet jedoch für den Vermögensschaden, der durch die Verletzung seiner Überwachungsaufgabe dem Gesellschaftsvermögen entstanden ist. Dieser Schaden muss nicht deckungsgleich sein. Zum Beispiel müsste man festlegen, ab wann dem Geschäftsführer die Verletzung des Vier-Augen-Prinzips hätte ausfallen müssen. Die ersten Unterschlagungen hätte der Geschäftsführer auch bei gehöriger Aufsicht ggf. nicht verhindern können. Zu fragen ist, welcher Schaden durch die Verletzung der Überwachungspflicht ab welchem Zeitpunkt entstanden ist. Auch könnte es z.B. sein, dass Personalkosten durch die unterlassene Vier-Augen-Prüfung konkret eingespart wurden oder dass der Schaden durch eine Versicherungsleistung aus der Vertrauensschadensversicherung kompensiert wird, so dass sich der Schaden auf eine etwaige Selbstbeteiligung reduzieren könnte. Versicherungsschutz für diese Unterschlagung der Hauptkassiererin hätte z.B. eine Vertrauensschadensversicherung leisten können, sofern die Hauptkassiererin als Vertrauensperson mitversichert ist.