1. Überblick
Rz. 2
A-6.1 AVB D&O legt die Hauptleistungspflichten des Versicherers fest. Die Bestimmung benennt zunächst die sog. Pflichtentrias des Versicherers. Die Bedingungen lehnen sich an die gesetzlichen Bestimmungen in § 100 VVG an. Die AVB sind daher deklaratorisch. Der Versicherungsschutz umfasst die Prüfung der Haftpflichtfrage, (Rechtsschutzfunktion), die Abwehr unberechtigter Schadenersatzansprüche (Abwehrfunktion) und die Freistellung der versicherten Personen von berechtigten Schadenersatzverpflichtungen (Freistellungs- und Befriedigungsfunktion). Der Versicherte hat hierbei den Direktanspruch aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag, der die vorgenannten Ansprüche (Rechtsschutz- und Abwehranspruch) sowie den Freistellungsanspruch umfasst. Dieser Direktanspruch wird gemäß § 14 VVG fällig, das heißt nach Anmeldung desselben und Ablauf einer angemessenen Prüfpflicht des Versicherers (siehe unter A-6 AVB D&O II 5), wobei der Freistellungsanspruch gemäß § 106 VVG zur erfüllen ist, also grundsätzlich erst dann, wenn ein Haftpflichturteil mit Bindungswirkung vorliegt (siehe unter 2).
2. Freistellung von berechtigten Schadensersatzansprüchen
Rz. 3
Die AVB D&O legen in A-6 Nr. 1 Satz 2 fest, dass berechtigte Schadenersatzverpflichtungen dann vorliegen, wenn die versicherten Personen aufgrund Gesetzes, rechtskräftigen Urteils, Anerkenntnisses oder Vergleiches zur Entschädigung verpflichtet sind und der Versicherer hierdurch gebunden ist. Im VVG fehlt das Wort "berechtigt". Es heißt in § 100 VVG, dass bei der Haftpflichtversicherung der Versicherer verpflichtet ist, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden sowie dass der Versicherer verpflichtet ist, unbegründete Ansprüche abzuwehren.
Rz. 4
Aus der Formulierung im VVG, dass es um Ansprüche aufgrund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers geht, folgt indes ebenfalls, dass es sich um berechtigte Ansprüche handeln muss. Die Frage, ob der Anspruch berechtigt ist entscheiden weder die versicherte Person noch der Versicherer. Dies richtet sich nach der materiellen Rechtslage und ist im Streitfall gerichtlich durch rechtskräftiges Urteil festzustellen. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Versicherte Zahlung an den Dritten, also Freistellung erst dann verlangen kann, wenn der Streit über das Bestehen der Schadensersatzforderung durch Vergleich, Anerkenntnis oder rechtskräftiges Urteil erledigt ist. An dieses Urteil ist auch der Versicherer gebunden (siehe dazu sogleich die Ausführungen unter 6.). Auch Anerkenntnisse und Vergleiche können den Versicherer binden, aber nur insoweit entsprechend der materiellen Rechtslage tatsächlich der Haftungsanspruch begründet ist (siehe dazu sogleich unter 6.). Ist schließlich die Schadenersatzverpflichtung der versicherten Personen mit bindender Wirkung für den Versicherer festgestellt, hat der Versicherer die versicherten Personen binnen zwei Wochen vom Anspruch freizustellen. Dies regelt A-6 Nr. 1 Satz 3 AVB D&O (siehe auch § 106 VVG). Soweit der Dritte, das heißt der Geschädigte bereits vom Versicherten entschädigt wurde, hat der Versicherer dann binnen zwei Wochen dem Versicherten den versicherten Betrag zu erstatten (§ 106 Satz 2 VVG). Soweit der Versicherte Kosten aufgewandt hat, die mitversichert sind, wird der Erstattungsanspruch binnen zwei Wochen nach Übermittlung der Berechnung fällig (§ 106 Satz 3 VVG). Bereits vorher, das heißt während der Abwehrphase hat der Versicherte einen Anspruch darauf, dass ihm entstehende Kosten für die Abwehr der Ansprüche vorgeschossen werden (§ 101 Abs. 1 Satz 3 VVG).
3. Rechtschutz- und Abwehrfunktion
Rz. 5
Die Gewährung von Rechtsschutz für den Versicherten ist eine Hauptpflicht des Versicherers. Der Versicherer hat gegenüber dem Versicherten zu erklären, ob er diesem Rechtschutz gewährt und die Kosten der Abwehr bzw. darüber hinausgehend, die Unterstützung bei der Abwehr bis hin zur Prozessführung übernimmt. Der Versicherer ist im Rahmen seiner Hauptleistungspflicht verpflichtet, "den Versicherten von den gegen diesen erhobenen Haftungsansprüchen Dritter und deren Folgen freizuhalten. Der Versicherer kann den erhobenen Ersatzanspruch anerkennen oder Entschädigung leisten, weitere Ermittlungen anstellen, mit dem anspruchstellenden Dritten verhandeln oder schließlich den Haftpflichtprozess führen. Will der Versicherer den Anspruch bestreiten, muss er alles tun, was zu dessen Abwehr notwendig ist. Die Verantwortung und die Arbeitslast trägt insoweit der Versicherer".
Grundsätzlich ist, so hat es das OLG Koblenz