Rz. 3
Es gibt Klauseln in Anstellungsverträgen von Leitungsorganen, durch die das Organmitglied im Voraus seinen etwaigen künftigen Freistellungsanspruch abtritt oder sich hierzu im Schadensfall verpflichtet. So könnte eine solche Klausel als Bestandteil bzw. Ergänzung einer D&O-Verschaffungsklausel vereinbart werden, wobei diese Verschaffungsklausel zunächst nur die Verpflichtung der GmbH zur Unterhaltung einer D&O-Versicherung betrifft (siehe Formulierungsbeispiel zur sog. Verschaffungsklausel oben 1. Teil A VII 2 b).
Rz. 4
Von einer Abtretung des erst künftig entstehenden Freistellungsanspruchs ist aus Sicht des Organmitglieds abzuraten. Ist dieses beim späteren Haftungsfall der Meinung, es hafte gar nicht bzw. möchte es sich gegen die aus seiner Sicht ungerechtfertigte Inanspruchnahme wehren, wäre ihm dies nicht mehr in allen Konstellationen möglich. Die Gesellschaft verwertet den Freistellungsanspruch und klagt direkt gegen den D&O-Versicherer. Dieser wird zwar auch versuchen, den Haftungsanspruch abzuwehren, er muss aber hier ggf. nur wenig Gegenwehr aufbringen, wenn eindeutig ein nicht versicherter Anspruch eingeklagt wird. Dann muss der D&O-Versicherer am Ende nicht leisten, ohne dass die Frage der Haftung zwingend in dem Prozess entschieden worden sein muss. Dann ist über den Haftungsanspruch gegenüber dem Organmitglied ggf. noch nicht rechtskräftig entschieden worden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Gericht die Haftungsfrage ausdrücklich offenlässt und die Klage schon mangels Deckung abweist, z.B. weil es einen Ausschluss als einschlägig ansieht.
Rz. 5
Ggf. wird dem Organmitglied im Prozess gegen den Versicherer der Streit verkündet, jedoch ist fraglich, ob die Kosten für den Beitritt auf Seiten des Organmitglieds vom D&O-Versicherer übernommen werden, zumal wenn der D&O-Versicherer meint, er sei ohnehin nicht eintrittspflichtig. Wird im Prozess festgestellt, dass zwar eine Haftung des Organmitglieds besteht, jedoch aufgrund eines Ausschlusses kein Versicherungsschutz zu gewähren ist, wird der Versicherer nicht regulieren. Auch ohne Prozess muss damit gerechnet werden, dass der Versicherer nicht oder nicht vollständig reguliert, z.B. weil die Deckungssumme nicht ausreicht. Wird z.B. im Deckungsprozess ein Vergleich ohne Einbeziehung des Organmitglieds geschlossen, wäre das Organmitglied weiterhin wegen eines Restbetrags in der Haftung, wenn nicht der Vergleich zu seinen Gunsten eine abschließende Regelung bildet. Beruft sich der D&O-Versicherer mit Erfolg auf einen Deckungsausschluss, wäre der Haftungsanspruch in vollem Umfang offen. Für den Geschäftsführer ist es daher wichtig, sich nicht vorschnell des Freistellungsanspruchs zu begeben, sondern gemeinsam mit dem D&O-Versicherer die Verteidigungsstrategie abzustimmen. Auch der D&O-Versicherer sieht eine Abtretung des Freistellungsanspruchs eher kritisch, wobei er sich gegen diese allerdings nicht, soweit sie an die geschädigte Versicherungsnehmerin oder bei der Außenhaftung an den Dritten erfolgt, wehren kann. Deshalb sieht A-9 Satz 2 AVB D&O entsprechend der gesetzlichen Vorgabe in § 108 VVG vor, dass eine Abtretung an den geschädigten Dritten zulässig ist und dies ist bei der mitversicherten Innenhaftung die Versicherungsnehmerin selbst. Eine Klausel über die Vorausabtretung des Freistellungsanspruchs könnte wie folgt formuliert werden:
Rz. 6
Vorausabtretung: "Der Geschäftsführer tritt schon heute etwaige ihm aus einem D&O – Versicherungsvertrag erwachsene Freistellungsansprüche an die Gesellschaft ab, soweit diese künftig entstehenden Ansprüche der Gesellschaft aus der Innenhaftung betreffen, bei der die GmbH Geschädigte ist."
Rz. 7
Eine Abtretung kann nach dieser Klausel ggf. nicht wirksam erfolgt sein, wenn man annimmt, dass der künftig erst noch entstehende Anspruch nicht bestimmt bzw. bestimmbar genug ist.
Rz. 8
Da der Anspruch bei Abschluss des Anstellungsvertrags also noch nicht bestimmt werden kann, könnte man auf eine Verpflichtungsklausel ausweichen:
"Der Geschäftsführer verpflichtet sich, auf Beschluss der Gesellschafterversammlung seine gegen den D&O-Versicherer bestehenden Freistellungsanspruch an die GmbH abzutreten, soweit dieser Ansprüche betrifft, bei der die GmbH Geschädigte ist."
Rz. 9
Diese Verpflichtung sollte im Interesse des Organmitglieds mit der Einschränkung erfolgen:
"Die Abtretung durch den Geschäftsführer muss erst erfolgten, wenn die GmbH und der Geschäftsführer sich über die Schadensersatzverpflichtung des Geschäftsführers abschließend verglichen haben."
Rz. 10
Durch diese Vorausabtretung würde der Anspruch auf Befriedigung sobald der Freistellungsanspruch entsteht, sofort in der Hand der Versicherungsnehmerin entstehen. Eine solche im Voraus getroffene Abtretungsvereinbarung ist aus Sicht der Versicherungsnehmerin wünschenswert, da sie sich einen Direktanspruch gegen den Versicherer verschafft. Die Vorausabtretung ist allerdings wie soeben ausgeführt aus Sicht des Geschäftsführers problematisch, weil damit nicht autom...