1. Nachmeldefrist
Rz. 16
A-5.3. AVB D&O und A-5.4. AVB D&O enthalten Regelungen zur Nachmeldefrist und die sog. Umstandsmeldung. Endet der Versicherungsvertrag, was auch dadurch geschehen kann, dass der Versicherer diesen nicht mehr verlängert, bestünde wegen des Anspruchserhebungsprinzips (Claims-Made-Prinzip) nur Versicherungsschutz für bereits während der Vertragslaufzeit geltend gemachte und dem Versicherer angezeigte Pflichtverletzungen. Die Gesellschaft müsste bis Vertragende eine gründliche Prüfung durchführen um noch bis zum Vertragsende etwaige Pflichtverletzungen zu lokalisieren und die Ansprüche geltend zu machen. Oft wird nur eine Geltendmachung dem Grunde nach möglich sein, weil sich ein Schaden ggf. noch gar nicht beziffern lässt. Tritt ein solcher Schaden infolge einer Pflichtverletzung nicht ein und steht er dem Grunde nach noch gar nicht fest, bestünde kein Haftungsanspruch. Eine Geltendmachung kann deshalb noch gar nicht erfolgen. Der Beschluss müsse sich darauf beschränken, dass die Ansprüche dann verfolgt werden, sofern ein Schaden zumindest dem Grunde nach eintreten sollte. Da dies wenig sachgerecht ist, ggf. das Organmitglied "demotivieren" könnte, was auch seitens der Gesellschaft nicht gewollt sein kann, ist die Nachmeldefrist die Lösung. Die Gesellschaft kann trotz Beendigung für bis zur Beendigung eintretende Pflichtverletzungen, diese erst später während der Nachmeldefrist geltend machen und melden. Nach dem Wortlaut der Klausel muss sowohl die Geltendmachung beim Versicherten als auch die Meldung, also die Anzeige des Versicherungsfalls beim Versicherer innerhalb der Nachmeldefrist erfolgen. Die Laufzeit der Nachmeldefrist in der Praxis schwankt, angeboten werden Fristen bis zu 10 Jahren oder auch unlimitierte Nachmeldemöglichkeiten. Man muss sich vergegenwärtigen, dass der Anspruch gegen das Organmitglied ohnehin verjährt, wobei die Verjährungsfrist für die Organhaftung beginnt, sobald der Schaden dem Grunde nach feststeht, unabhängig von einer Kenntnis des zuständigen Organs (siehe dazu z.B. die Ausführungen unter § 43 GmbHG VII).
Rz. 17
Sofern der Markt härter wird, die Kapazitäten schrumpfen und es schwieriger wird, Versicherungsschutz zu erlagen, kann insbesondere seitens der Versicherer versucht werden, eine Verkürzung der Nachmeldefristen durchzusetzen. (siehe zur Nachmeldefrist als Kompensation zum Claims-Made-Prinzip bereits die Ausführungen unter A-2 AVB D&O II)
Rz. 18
Die Musterbedingungen sehen in der Grunddeckung eine gewisse im Einzelfall festzulegende Nachmeldefrist vor. Darüber hinaus hat der Versicherungsnehmer das Recht, gegen Zahlung eines zusätzlichen Beitrages eine weitere Nachmeldefrist zu verlangen. Dieses Recht muss der Versicherungsnehmer innerhalb eines Monats nach Ende des Versicherungsvertrages geltend machen. Das Recht zum Erwerb einer weiteren Nachmeldefrist gilt aber nicht im Falle der Vertragsbeendigung nach einem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers sowie im Falle der Vertragsbeendigung wegen einer durch Neubeherrschung eingetretenen Gefahrerhöhung. Auch in den Fällen, in denen der Versicherungsvertrag wegen Zahlungsverzug beendet worden ist, gilt weder die automatische Nachmeldefrist noch das Recht zum Erwerb einer weiteren Nachmeldefrist. Wichtig ist noch der letzte Satz der Klausel: Danach besteht Versicherungsschutz zwar für die gesamte Nachmeldefrist im Rahmen und nach Maßgabe der bei Ablauf der letzten Versicherungsperiode geltenden Vertragsbestimmungen, aber nur in Höhe des unverbrauchten Teils der Versicherungssumme der letzten Versicherungsperiode.
2. Umstandsmeldung
Rz. 19
Der Situation, dass bis zur Beendigung des Versicherungsvertrags häufig noch nicht feststeht, ob es zu einer Inanspruchnahme der Organperson kommt, trägt die Umstandsmeldung Rechnung. Diese ist in A-5.4 AVB D&O vereinbart (sog. Notice of Circumstance). Die Geltendmachung gilt zum Zeitpunkt der Umstandsmeldung als erfolgt.
Rz. 20
Beispiel: "Der nachteilige Vertrag"
Der Geschäftsführer hat einen nachteiligen Vertrag abgeschlossen. Konkret wird dem Geschäftsführer vorgeworfen, er habe eine Optionsklausel in einen Mietvertrag zu Gunsten eines Mieters eingeräumt, die dem Mieter das Recht gibt, den Vertrag um 5 Jahre bei gleicher Miete zu verlängern. Der Geschäftsführer hat vergessen, das Recht mit einer Anpassung der Miete zu verknüpfen. Es ist aber unklar, ob der Mieter die Option überhaupt zieht. Zieht er sie nicht, entsteht kein Schaden und die Pflichtverletzung bleibt folgenlos. Nun kündigt der D&O-Versicherer den Versicherungsvertrag. Die GmbH meldet die Pflichtverletzung dem Versicherer und erhält dadurch den Versicherungsschutz für den Fall der späteren Inanspruchnahme.
Nach den Bedingungen haben sowohl der Versicherungsnehmer als auch die versicherten Personen die Möglichkeit, dem Versicherer während der Laufzeit des Vertrages konkrete Umstände zu melden, die eine Inanspruchnahme der versicherten Personen hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen. In dem...