Rz. 36
A-8.2 AVB D&O ordnet an, dass Rückgriffsansprüche der versicherten Personen und deren Ansprüche auf Kostenersatz, auf Rückgabe hinterlegter und auf Rückerstattung bezahlter Beträge sowie auf Abtretung gem. § 255 BGB in Höhe der vom Versicherer geleisteten Zahlung ohne weiteres auf diesen übergehen. Der Versicherer kann die Ausstellung einer den Forderungsübergang nachweisenden Urkunde verlangen. Die Kosten hierfür trägt der Versicherer. Die Regelung entspricht § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG. Danach gehen Ersatzansprüche der Versicherungsnehmerin gegen Dritte über, wobei Einigkeit besteht, dass dies auch Ansprüche der Versicherten betrifft.
Rz. 37
Der Forderungsübergang wird nur dann relevant, wenn es auch Schadensersatzansprüche gegen andere Beteiligte gibt:
Variante des Falls "Die D&O-Versicherung in der Insolvenz"
Zur Erinnerung (siehe oben A-5. AVB D&O IV 1): Dem Geschäftsführer wurde vorgeworfen, die Geschäftsanteile an einer Tochtergesellschaft verkauft zu haben und dem Käufer bereits die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Tochterunternehmens eingeräumt zu haben, indem er den Käufer zum Geschäftsführer bestellte und ihn als solchen schon walten ließ noch bevor der Kaufpreis bezahlt wurde. Der Käufer räumte die Konten ab, verkaufte das Inventar, blieb den Kaufpreis schuldig und machte sich davon.
Rz. 38
Der Geschäftsführer soll in die Haftung genommen werden. Dieser wendet ein, er habe sich auf die eingeschaltete Anwaltskanzlei verlassen, diese habe den Anteilskaufvertrag ausgearbeitet und die Bestellung des Käufers zum Geschäftsführer noch vor Kaufpreiszahlung vorgesehen.
Rz. 39
Die GmbH könnte ggf. einen Schadensersatzanspruch gegenüber der Anwaltskanzlei aus dem Anwaltsvertrag gemäß § 280 Abs. 1 BGB zustehen. Daneben könnte aber auch der Geschäftsführer haften. Dieser hätte den Kaufvertrag auf Plausibilität prüfen müssen. Er hätte bei der Klausel stutzig werden müssen. Dies wäre ja so als wenn man beim Autoverkauf die Schlüssel vor Zahlung des Kaufpreises übergeben würde.
Rz. 40
Die GmbH, die in dieser Variante nicht insolvent ist, will sich daher nur an ihren Geschäftsführer halten. Dieses Vorgehen verwundert, man könnte vorsorglich sowohl den Geschäftsführer als auch die Anwälte in die Haftung nehmen, die als Gesamtschuldner haften könnten. Sofern allerdings die Gesellschaft nur den Geschäftsführer in die Haftung nimmt, hätte dieser ggf. bei erfolgreicher Inanspruchnahme einen Ausgleichsanspruch gegenüber der Anwaltskanzlei. Dieser würde gemäß § 86 Abs 1 Satz 1 VVG auf den D&O-Versicherer übergehen, sobald dieser den Versicherten freistellt. Es gilt in jedem Fall zu prüfen, ob das Organmitglied oder die Gesellschaft die Ersatzansprüche hat. Der Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich hat im vorgenannten Beispiel der Geschäftsführer. Daneben kommt aber auch ein unmittelbarer Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen die Anwaltskanzlei in Betracht, der ja gerade dem Gesamtschuldnerausgleich nach sich zieht. Ist die Gesellschaft nicht vollständig befriedigt, könnte sie auch wegen des verbleibenden Schadens gegen die Anwaltskanzlei vorgehen. Soweit dort Erlöse erzielt werden, werden diese im Innenverhältnis beim Gesamtschuldnerausgleich zwischen dem Geschäftsführer und der Anwaltskanzlei berücksichtigt. Die Gesellschaft ist frei, welchen Gesamtschuldner sie in welcher Höhe in Anspruch nimmt. Der D&O-Versicherer auf Seiten des Geschäftsführers kann wegen des Gesamtschuldnerausgleichs nur soweit regressieren, wie der Geschäftsführer den Ausgleichsanspruch nicht seinerseits benötigt, um seinen Haftungsanspruch zu erfüllen. Der Geschäftsführer hat insoweit ein Quotenvorrecht (siehe dazu sogleich den übernächsten Absatz). So kann er z.B. zunächst verlangen, dass ihm wegen einer von ihm zu tragenden Selbstbeteiligung ein entsprechender Betrag aus dem Ausgleichsanspruch zu Gute kommt.
Rz. 41
Bei der Haftung Dritter wäre aus Sicht des Organmitglieds zu prüfen, ob auch ihm der Ersatzanspruch gegen den Dritten zusteht. Dann wäre dieses ggf. gar nicht auf den Anspruch aus der D&O-Versicherung angewiesen. Dies wäre dann zu bejahen, wenn der Geschäftsführer in den Schutzbereich des Vertrags zwischen den Dritten, in der Regel einem Beratungsunternehmen und der GmbH einbezogen wäre. Bei dem vorgenannten Beispiel, dem Anwaltsvertrag bei der Begleitung des Verkaufs der Beteiligung wird eine Auslegung ergeben, dass der Geschäftsführer nicht einbezogen ist. Die Anwälte wollen mit ihrer Beratung nicht den Geschäftsführer ihrer Mandantin vor einer Inanspruchnahme Dritter schützen. Grundsätzlich ist der gesetzliche Vertreter einer Mandantin nicht in den Schutzbereich des Anwaltsvertrags einbezogen. Anders kann dies sein, wenn der Auftrag an die Berater darauf gerichtet ist, bei der Feststellung der Insolvenzreife zu beraten. Hier gerät das Leitungsorgan für die Berater erkennbar in die Strafbarkeit und Haftung. Die Beratung soll gerade auch die Berater davor schützen sich durch Insolvenzverschleppung haftbar und straf...