1. Einführung
Rz. 127
Der Ausschluss A-7.10 AVB D&O enthält unterschiedliche Tatbestände. Er schließt Haftpflichtansprüche wegen Schäden aus, die darauf beruhen, dass Vertragsstrafen, Kautionen, Bußgelder und Entschädigungen mit Strafcharakter, die gegen die Versicherungsnehmerin oder eine Tochtergesellschaft verhängt wurden, auf die versicherten Personen abgewälzt werden sollen oder aber von der Versicherungsnehmerin bzw. Tochtergesellschaft übernommen werden. Bei der erstgenannten Variante wäre also Adressatin des Bußgeldbescheids oder der Vertragsstrafe oder der Kaution bzw. der Entschädigung die Versicherungsnehmerin bzw. Tochtergesellschaft. Diese begehrt jedoch aufgrund eines pflichtwidrigen Verhaltens der betreffenden Organperson von dieser eine Erstattung der Vertragsstrafe oder Kaution. Sie will also diese in Regress nehmen. Aus der Formulierung im Ausschlusstatbestand, dass Schäden aufgrund von Vertragsstrafen, Kautionen, Bußgeldern usw. auch von der Versicherungsnehmerin bzw. der Tochtergesellschaft übernommen wurden, lässt sich aber auch schließen, dass der Ausschluss auch in Konstellationen eingreift, bei denen die Adressatin nicht die Versicherungsnehmerin oder eine Tochtergesellschaft ist, sondern eine andere Person. Die Versicherungsnehmerin und Tochtergesellschaft übernimmt im Innenverhältnis aber diesen Schaden, in dem sie den Betrag gegenüber der betreffenden Person ausgleicht bzw. diese freistellt. Wäre diese Person das versicherte Organmitglied, bestünde allerdings kein Haftpflichtanspruch, auf dessen Grundlage Versicherungsschutz begehrt werden könnte, insofern wäre der Ausschluss klarstellend. Hätte beispielsweise ein Geschäftsführer im Rahmen seiner Amtsausübung eine Ordnungswidrigkeit begangen, weshalb gegen ihn ein Bußgeld verhängt wurde, müsste er dieses tragen. Der Erstattungsanspruch würde jedenfalls nicht auf einem Haftpflichtanspruch gesetzlichen Inhalts beruhen, sondern z.B. aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung im Anstellungsvertrag. Mit dem Wortlaut des Ausschlusses vereinbar wäre aber auch eine Konstellation bei der das Bußgeld zum Beispiel gegen einen Arbeitnehmer verhängt wird, dem Geschäftsführer jedoch vorgeworfen wird, er habe diesen Schaden in Form des Bußgeldes gegebenenfalls durch mangelhafte Überwachung, Anweisung oder Auswahl verursacht, so dass die Gesellschaft den Betrag vom Geschäftsführer erstattet verlangt, nachdem sie den Arbeitnehmer insoweit freigestellt hat. Wird jetzt der Geschäftsführer von der Versicherungsnehmerin in die Haftung genommen, weshalb er Versicherungsschutz vom D&O-Versicherer begehrt, steht der Ausschluss, sofern er wirksam ist, einer Freistellung des Geschäftsführers durch den D&O-Versicherer entgegen.
2. Ausgangsbeispiele
Rz. 128
Beispiel: "Vertragsstrafe"
Die Versicherungsnehmerin ist eine GmbH, die im Messebau tätig ist. Vereinbart ist ein Aufbau einer Messhalle zu einem bestimmten Zeitpunkt. Im Falle einer Verspätung fällt eine hohe Vertragsstrafe an. Die GmbH leistet nicht vertragsgerecht und der Vertragspartner verlangt die Vertragsstrafe in Höhe von 30.000 EUR. Die GmbH begleicht diese und möchte Erstattung vom Geschäftsführer, weil dieser es versäumt hat, rechtzeitig einen Subunternehmer zu beauftragen, der maßgebliche Leistungen erbracht hätte. Als Verteidigung, dass keine Pflichtverletzung vorläge, führt der Geschäftsführer an, dass ein erster Subunternehmer abgesagt hatte und danach der Geschäftsführer den Vorgang aus den Augen verloren hatte. Als dem Geschäftsführer das Problem wieder präsent wurde, war kein Subunternehmer mehr rechtzeitig zu bekommen. Damit liegt zunächst ein Versicherungsfall vor, der Ausschluss für Vertragsstrafen in 7.10 AVB D&O würde einer Erstattung durch den D&O-Versicherer jedoch entgegenstehen.
Rz. 129
Beispiel: "Kautionen"
Ein Mitarbeiter der versicherten GmbH ist auf einem Messestand in einem asiatischen Inselstaat. Sie bieten am Messestand Alkohol an, was nach den dortigen Gesetzen strafbar ist. Der Mitarbeiter vor Ort wird inhaftiert. Der Geschäftsführer, der vor Ort ist, löst den Mitarbeiter gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von 50.000 USD aus, die er vom Fremdgeldkonto der versicherten GmbH leistet. Der Mitarbeiter kommt frei und reist aus, um der sicheren Bestrafung zu entgehen. Die Kaution verfällt. Die GmbH meint, der Geschäftsführer hätte vom Verbot wissen müssen und dafür sorgen müssen, dass der Alkoholausschank am Messestand gar nicht erst stattgefunden hätte. Die GmbH verlangt daher vom Geschäftsführer, dass dieser die verfallene Kaution erstatten möge. Der Geschäftsführer begehrt für den vorliegenden Fall D&O-Versicherungsschutz. Der Ausschluss A-7.10 AVB D&O würde eingreifen und würde die gestellte Forderung der GmbH berechtigt sein, so müsste der Geschäftsführer aufgrund des fehlenden Versicherungsschutzes die Forderung durch das Privatvermögen begleichen.
Rz. 130