Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Berufung kann nach § 318 S. 1 auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden.
2. Der Erklärungsinhalt nicht eindeutiger Erklärungen wird durch Auslegung ermittelt.
3. Zulässig ist die Beschränkung nur, wenn sie sich auf solche bestimmte Beschwerdepunkte bezieht, die nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbstständig beurteilt werden können, ohne eine Prüfung der Entscheidung i.Ü. erforderlich zu machen.
4. Nach Beginn der HV kann der Verteidiger gem. § 303 die Berufungsbeschränkung nur mit Zustimmung des StA erklären.
5. Die Beschränkungserklärung und die Zustimmung sind unwiderruflich und unanfechtbar und müssen dem Gericht gegenüber erklärt werden.
6. Erteilt während der Berufungshauptverhandlung der Vorsitzende den Rat, die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch zu beschränken, reicht das i.d.R. nicht, um damit die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.
 

Rdn 668

 

Literaturhinweise:

Cierniak, Verschlechterungsverbot bei einer unbeschränkten Berufung des Angeklagten und bei einem auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft?, NStZ 2001, 399

Dreyer, Die Wirksamkeit von Rechtsmittelbeschränkungen in der Berufungsinstanz – Ein Dauerbrenner, NStZ 2018, 312

Nobis, Der Streit um die Einschränkung der Berufung … und täglich grüßt das Murmeltier!, in: Festschrift 25 Jahre AG Strafrecht, 2009, S. 699

Wankel, Rechtsmittel- und Rechtsbehelfsbeschränkung in der StPO, JA 1998, 65

Wenske, Das Verständigungsgesetz und das Rechtsmittel der Berufung, NStZ 2015, 137

s.a. die Hinw. bei → Berufung, Allgemeines, Teil B Rdn 640.

 

Rdn 669

1. Die Berufung kann nach § 318 S. 1 auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Das ist, wenn die Berufung zunächst unbeschränkt eingelegt war, als (Teil-)Rücknahme auch noch in der HV möglich (zur Vollmacht s. Teil B Rdn 687 a.E.; → Berufung, Berufungsrücknahme, Teil B Rdn 756). Wegen der erheblichen Bedeutung der Berufungsbeschränkung (Teilrechtskraft!) ist darauf zu achten, dass eindeutige Erklärungen abgegeben werden.

 

☆ Ggf. lässt sich durch eine Berufungsbeschränkung, die grds. die Einsicht des vom AG verurteilten Angeklagten dokumentiert, auch die Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung erreichen. Der Umstand, dass der Angeklagte seine Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat, wird aber im Rahmen der Strafzumessung nicht unbedingt losgelöst von seinem sonstigen Prozess- und Einlassungsverhalten betrachtet und pauschal mit einem umfassenden Geständnis gleichgesetzt (OLG Jena NStZ-RR 2014, 204). Durch die Beschränkung oder durch eine Rücknahme kann der Verteidiger dem Angeklagten zudem Gerichtskosten ersparen (s. Nr. 3121 der Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG).Strafzumessung nicht unbedingt losgelöst von seinem sonstigen Prozess- und Einlassungsverhalten betrachtet und pauschal mit einem "umfassenden Geständnis" gleichgesetzt (OLG Jena NStZ-RR 2014, 204). Durch die Beschränkung oder durch eine Rücknahme kann der Verteidiger dem Angeklagten zudem Gerichtskosten ersparen (s. Nr. 3121 der Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG).

Ist der Angeklagte (noch) nicht entschlossen, die Berufung auf jeden Fall unbeschränkt durchzuführen, empfiehlt es sich, vor Beginn der HV mit dem anwesenden StA und/oder dem Gericht die Erfolgsaussichten der Berufung zu erörtern und abzuklären, ob jetzt noch die Möglichkeit besteht, das Verfahren gem. § 153 bzw. § 153a einzustellen. Eine (rechtzeitige) Berufungsbeschränkung wird i.d.R. strafmildernd berücksichtigt (vgl. a. OLG München NJW 2006, 1985 [auch dann, wenn die Beschränkung unwirksam ist]).

 

Rdn 670

Der Erklärungsinhalt nicht eindeutiger Erklärungen wird durch Auslegung ermittelt (Meyer-Goßner/Schmitt, § 318 Rn 2; z.B. OLG Oldenburg NStZ-RR 2010, 56 für "auf das Strafmaß, insbesondere auf die Strafaussetzung zur Bewährung"; OLG Schleswig SchlHA 2011, 308 [Dö/Dr; für Rechtsmittel der StA]). Insoweit gilt der Grundsatz, dass hierbei nicht am Wortsinn zu haften, sondern nach dem aus den Willensäußerungen des Beschwerdeführers erkennbaren Sinn und Ziel des Rechtsmittels zu fragen ist (vgl. BGHSt 29, 359; KG StraFo 2012, 25; 2013, 289; s.a. OLG Rostock NJ 2016, 165 für Rechtsbeschwerde [Rechtsbeschwerdeantrag ist bestimmend]). Wenn das Rechtmittel aber ausdrücklich und eindeutig auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt wird, ist dieser Erklärung gegenüber ihrer Begründung der Vorrang einzuräumen, sodass dann für eine Auslegung kein Raum bleibt (vgl. BayObLG NStZ-RR 2000, 220 und 379; KG StraFo 2012, 25, 2013, 289). Das gilt auf jeden Fall für die Erklärungen der StA und des Verteidigers, bei denen aus Gründen der Rechtssicherheit ein strengerer Maßstab anzulegen ist als bei der Erklärung eines rechtlich unerfahrenen Angeklagten (vgl. BayObLG, a.a.O.; KG, a.a.O.; Meyer-­Goßner/Schmitt, a.a.O.). Wird also z.B. in der Berufungsbegründungsschrift, erklärt, das Rechtsmittel werde auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt, wi...

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