Rdn 867

 

Literaturhinweise:

Geppert, Schwierigkeiten der Sperrfristbemessung bei vorläufiger Entziehung der Fahrerlaubnis, ZRP 1981, 85

Meyer, Ist eine Berufung, die in der Hoffnung eingelegt wurde, den nach § 111a StPO beschlagnahmten Führerschein vom Gericht zurückzuerhalten, unzulässig?, MDR 1976, 629.

 

Rdn 868

1.a) Die Berufung ist nach § 312 zulässig gegen Urteile des AG, und zwar gegen die des Strafrichters und des Schöffengerichts (zur zulässigen Berufungseinlegung → Berufung, Berufungseinlegung, Teil B Rdn 684 ff.).

 

☆ Die Zulässigkeit der Berufung gilt nach Einführung der Regelung zur Annahmeberufung in § 313 nicht uneingeschränkt . Ist nicht mindestens eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen verhängt oder – im Fall des Freispruchs – von der StA beantragt worden, bedarf die Berufung nach § 313 Abs. 1 der ausdrücklichen Annahme durch das Berufungsgericht (wegen der Einzelh. →  Berufung , Annahmeberufung , Teil B Rdn  650 ).Zulässigkeit der Berufung gilt nach Einführung der Regelung zur Annahmeberufung in § 313 nicht uneingeschränkt. Ist nicht mindestens eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen verhängt oder – im Fall des Freispruchs – von der StA beantragt worden, bedarf die Berufung nach § 313 Abs. 1 der ausdrücklichen Annahme durch das Berufungsgericht (wegen der Einzelh. → Berufung, Annahmeberufung, Teil B Rdn 650).

 

Rdn 869

Es muss auch dann Berufung eingelegt werden, wenn im Strafverfahren nur die Verurteilung wegen einer OWi erfolgt ist (arg. e. § 313 Abs. 1 S. 1; s.a. BGHSt 35, 290 [Freispruch vom Vorwurf des § 142 StGB; Verurteilung wegen einer OWi]; OLG Bamberg NStZ 2013, 182; OLG Karlsruhe StRR 2015, 3 [Ls.]; Meyer-Goßner/Schmitt, § 312 Rn 1; s.a. Teil B Rdn 871). Ein ggf. als "Rechtsbeschwerde" bezeichnetes Rechtsmittel wird nach § 300 grds. in eine Berufung umgedeutet (OLG Bamberg, a.a.O.; OLG Karlsruhe, a.a.O.); eine ­Umdeutung des Rechtsmittels als (Sprung-)Revision kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn die "Rechtsbeschwerde" in einem solchen Fall ausschließlich damit begründet wird, dass einer Ahndung der OWi das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung entgegen stehe (OLG Bamberg, a.a.O.). Für das Rechtsmittelverfahren finden schließlich ausnahmslos die Vorschriften der StPO auch dann Anwendung, wenn das Bußgeldverfahren in das Strafverfahren übergeleitet worden ist (§ 81 OWiG), der Betroffene dann aber gleichwohl "nur" wegen einer oder mehrerer OWi verurteilt wird (OLG Bamberg DAR 2013, 584).

 

Rdn 870

b) Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass gegen die Urteile des Strafrichters Berufung zulässig ist, gilt auch für die im OWi-Verfahren ergangenen Urteile. Gegen diese ist nach §§ 79, 80 OWiG nur die Rechtsbeschwerde zulässig. Dies gilt jedoch nur dann, wenn das Verfahren ausschließlich eine OWi zum Gegenstand hat (KK-Paul, § 312 Rn 4; zur Rechtsbeschwerde Burhoff/Junker, OWi, Rn 3199 ff.).

 

Rdn 871

c) Treffen in einem Verfahren OWi und Straftat zusammen, gilt im Einzelnen:

Sind eine OWi und eine Straftat als solche angeklagt (gewesen), handelt es sich aber um eine Tat im prozessualen Sinn nach § 264, ist, auch wenn nur die ggf. allein wegen der OWi ergangene Verurteilung angefochten werden soll, die Berufung gegeben (OLG Hamm VRS 49, 49).

Handelt es sich hingegen bei OWi und Straftat nicht um dasselbe historische Ereignis, also um mehrere Taten i.S.v. § 264, bestehen mehrere Anfechtungsmöglichkeiten:

Die Verurteilung wegen der Straftat ist mit der Berufung anfechtbar. Die Verurteilung wegen der OWi ist mit der Rechtsbeschwerde anzufechten.
Sind in diesem Fall beide Rechtsmittel eingelegt, gilt § 83 Abs. 2 OWiG. Die Rechtsbeschwerde wird als Berufung behandelt, solange die gegen die Straftat gerichtete Berufung nicht zurückgenommen oder als unzulässig verworfen worden ist.

Sind von einem Verfahren zwei Angeklagte betroffen, gilt:

Sind beide wegen einer Straftat angeklagt, ist einer von ihnen aber nur wegen einer OWi verurteilt worden, können/müssen beide Berufung einlegen (Grundsatz aus BGHSt 35, 290; KK-Paul, § 312 Rn 4).
Ist hingegen von zwei Angeklagten der eine wegen einer Straftat verurteilt, der andere aber – entsprechend der Anklage – nur wegen einer OWi, kann er die Verurteilung wegen der OWi nur mit der Rechtsbeschwerde anfechten (BayObLG DAR 1974, 135).
 

Rdn 872

2. Zur Zulässigkeit der Berufung ist außerdem erforderlich (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 322 Rn 1), dass

die Berufung überhaupt statthaft ist (dazu Teil B Rdn 868 und § 55 JGG für das Jugendgerichtsverfahren; zum JGG-Verfahren Burhoff/Kotz/Schimmel, RM, Teil A Rn 817 ff.),
 

☆ Der Berufung steht nicht entgegen, dass das erstinstanzliche Urteil auf einer Verständigung i.S. des § 257c beruht (vgl. OLG Düsseldorf StV 2011, 80 für zu Lasten des Angeklagten eingelegte Berufung der StA; wegen weiterer Nachw. aus der Rspr. des BGH →  Rechtsmittel, Allgemeines , Teil R Rdn  2582 ).Verständigung i.S. des § 257c beruht (vgl. OLG Düsseldorf StV 2011, 80 für zu Lasten des Angeklagten eingelegte Berufung der StA; wegen weiterer Nachw. aus ...

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