Detlef Burhoff, Thomas Hillenbrand
1 Befangenheit, Ablehnung [Rdn 644]
Rdn 645
Besteht die Besorgnis der "Befangenheit" des Richters, kommt seine Ablehnung nach § 24 in Betracht. Die damit zusammenhängenden Fragen sind dargestellt beim Ablehnungsrecht.
Siehe auch: → Ablehnung eines Richters, Allgemeines, Teil A Rdn 8 m.w.N.; → Ablehnungsgründe, Befangenheit, Allgemeines, Teil A Rdn 82, m.w.N.; → Ablehnungsverfahren, Teil A Rdn 129; → Ablehnungszeitpunkt, Teil A Rdn 173; → Ablehnung von Schöffen, Teil A Rdn 188.
2 Befragung des Angeklagten [Rdn 646]
Rdn 647
Literaturhinweise:
Gerst, Wiederholungsfragen in der Hauptverhandlung – Alltägliches Prozessgeschehen im Brennglas von Rechtsprechung, Literatur und Praxis, StRR 2011, 168
ders., Fang- und Suggestivfragen in der Hauptverhandlung – Alltägliches Prozessgeschehen im Brennglas von Rechtsprechung, Literatur und Praxis, StRR 2011, 408
Weyand, Das Frage- und Vernehmungsrecht der Verteidigung Ausschöpfung eines strafprozessualen Potenzials, NJW 2024, 637
s.a. die Hinw. bei → Fragerecht, Allgemeines, Teil F Rdn 1934, und bei → Vernehmung des Angeklagten zur Sache, Teil V Rdn 3750.
Rdn 648
1. Für die Befragung des Angeklagten während der → Vernehmung des Angeklagten zur Sache, Teil V Rdn 3751, gelten die allgemeinen Ausführungen zum Fragerecht entsprechend (→ Fragerecht, Allgemeines, Teil F Rdn 1934 m.w.N.). I.d.R. erhält der Verteidiger das Fragerecht – nach dem StA – unmittelbar nach der Einlassung des Angeklagten zur Sache (s.a. BGH NStZ 1996, 324 [K]).
Rdn 649
Der Verteidiger muss darauf achten, dass seinem Mandanten weder vom Gericht noch vom StA oder einem anderen frageberechtigten Verfahrensbeteiligten unzulässige Fragen gestellt werden. Das gilt besonders für die (direkte) Befragung des Angeklagten durch den Verteidiger eines Mitangeklagten, die zulässig ist (→ Fragerecht des Verteidigers, Allgemeines, Teil F Rdn 1957).
☆ Unzulässige Fragen (→ Fragerecht des Verteidigers , Zurückweisung einzelner Fragen , Teil F Rdn 1976 ) muss der Verteidiger rügen . Er kann allerdings nicht die gesamte Vernehmung beanstanden, sondern muss vielmehr für jede einzelne unzulässige Frage nach §§ 242, 238 Abs. 2 einen Gerichtsbeschluss erwirken, was im → Protokoll der Hauptverhandlung , Teil P Rdn 2601 , vermerkt werden muss; → Vernehmung des Angeklagten zur Sache , Teil V Rdn 3751 .Fragerecht des Verteidigers, Zurückweisung einzelner Fragen, Teil F Rdn 1976) muss der Verteidiger rügen. Er kann allerdings nicht die gesamte Vernehmung beanstanden, sondern muss vielmehr für jede einzelne unzulässige Frage nach §§ 242, 238 Abs. 2 einen Gerichtsbeschluss erwirken, was im → Protokoll der Hauptverhandlung, Teil P Rdn 2601, vermerkt werden muss; → Vernehmung des Angeklagten zur Sache, Teil V Rdn 3751.
Rdn 650
2. Von besonderer Bedeutung für die Verteidigung ist die Befragung des Angeklagten durch seinen eigenen Verteidiger. Dabei muss der Verteidiger Folgendes beachten (zu allem Dahs, Rn 560 ff.; Weyand NJW 2024, 637):
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Die Befragung des Angeklagten muss der Verteidiger dazu nutzen, um die richterliche und/oder staatsanwaltschaftliche Vernehmung zu ergänzen, um Lücken zu schließen, um Widersprüche zu klären und Unklarheiten zu beseitigen (zu Wiederholungsfragen Gerst StRR 2011, 168). |
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Der Verteidiger muss Suggestivfragen möglichst vermeiden, um die Antwort des Angeklagten nicht zu entwerten (zu Suggestivfragen Gerst StRR 2011, 408). |
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Der Verteidiger kann – ggf. muss – den Angeklagten auf Umstände ansprechen, die noch nicht Gegenstand der HV gewesen sind, die ihm aber sein Mandant bei der → Vorbereitung der Hauptverhandlung, Teil V Rdn 4046, anvertraut hat. |
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Der Verteidiger muss darauf achten, vom Vorsitzenden bei der Befragung des Angeklagten nicht unterbrochen zu werden, da das den Verteidigungsplan erheblich stören kann. Ggf. muss er eine Unterbrechung durch einen Antrag nach § 238 Abs. 2 beanstanden (BGH NStZ 1997, 198). |
Siehe auch: → Vernehmung des Angeklagten zur Sache, Teil V Rdn 3751.
3 Belehrung des Angeklagten [Rdn 651]
Rdn 652
Literaturhinweise:
Dencker, Belehrung des Angeklagten über sein Schweigerecht und Vernehmung zur Person, MDR 1975, 359
Geppert, Die "qualifizierte" Belehrung, in: Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer, 1990, S. 93
Gillmeister, Die Hinweispflicht des Tatrichters, StraFo 1998, 8
Schünemann, Die Belehrungspflichten der §§ 243 Abs. 4, 136 n.F. StPO und der BGH, MDR 1969, 101
s.a. die Hinw. bei → Vernehmung des Angeklagten zur Person, Teil V Rdn 3744.
Rdn 653
1. Nach der → Verlesung des Anklagesatzes, Teil V Rdn 3522, muss der Vorsitzende gem. § 243 Abs. 5 S. 1 den Angeklagten über sein Recht, die Aussage zu verweigern, belehren. Die Belehrung ist in der HV unabhängig davon erforderlich, dass der Angeklagte zuvor bereits im EV bei der Polizei und/oder der StA (ggf. mehrfach) belehrt worden ist.
☆ Soll im Zusammenhang mit der Mitteilung gem. § 243 Abs. 4 S. 1 (erneut) in Erörterungen mit dem Ziel einer Verständigung (§ 257c) eingetreten werden, ist der Vorsitzende nicht verpflichtet, den Angeklagten zunächst/erneut über sein Schweigerecht zu belehren (§ 243 Abs. 5 S. 1; → Mitteilung über Erörterungen zur Verstän...