Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung von Kleinbetrieben
Leitsatz (redaktionell)
1. Verfolgt ein Arbeitgeber den gleichen arbeitstechnischen Zweck in mehreren selbständigen Betrieben, von denen nur einer die Voraussetzungen des § 1 BetrVG erfüllt, so bilden die übrigen nicht betriebsratsfähigen Kleinbetriebe mit dem betriebsratsfähigen Betrieb einen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes.
2a. Bei personellen Einzelmaßnahmen ist der Betriebsrat nach § 99 BetrVG schon dann zu beteiligen, wenn in den genannten Betrieben insgesamt in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt werden.
b. In einem Verfahren über streitige Mitbestimmungsrechte kommt es nicht darauf an, ob bei der Betriebsratswahl die Arbeitnehmer in den nicht betriebsratsfähigen Betrieben als wahlberechtigte Arbeitnehmer angesehen worden sind.
Normenkette
BetrVG §§ 1, 4, 18 Abs. 2, § 90 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 19.12.1983; Aktenzeichen 5 TaBV 7/83) |
ArbG Kiel (Entscheidung vom 24.11.1982; Aktenzeichen 4b BV 15/82) |
Gründe
A. Die H-Stiftung (im folgenden: Stiftung) betreibt in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins nach ihrer Satzung die politische Bildung der Bundesbürger. Zu diesem Zweck führt sie sowohl Vortrags- und Diskussionsabende als auch längerdauernde Seminare durch. Ihr Sitz ist Kiel. Hier besteht die H-Akademie. Weitere H-Akademien bestehen in Berlin, Hamburg, Hannover, Osnabrück und Oldenburg, die in gleicher Weise Erwachsenenbildung betreiben. Nach dem Vorbringen der Beteiligten sind in diesen Akademien jeweils zwei bis drei wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt.
In der Akademie in Kiel, wo auch die Verwaltung der Stiftung geführt wird, sind insgesamt 21 Arbeitnehmer beschäftigt, von denen die Arbeitnehmer A., N. und T. von der Stiftung als leitende Angestellte angesehen werden. In Kiel besteht ein Betriebsrat. Ob dieser von den in den anderen Akademien beschäftigten Arbeitnehmern mitgewählt worden ist, ist nicht bekannt.
Ab 4. Mai 1982 beschäftigte die Stiftung in Kiel die Angestellte H. als Leiharbeitnehmerin, ohne zuvor den Betriebsrat unterrichtet und seine Zustimmung eingeholt zu haben. Der Betriebsrat hat mit Schreiben vom 11. Mai 1982 beanstandet, daß die Angestellte H. ohne seine Beteiligung und Zustimmung eingestellt worden sei. Er hat gleichzeitig gerügt, daß eine weitere Angestellte der Verwaltung in Kiel von der Stiftung ohne seine Beteiligung und Zustimmung versetzt worden sei. Die Stiftung hat daraufhin mit Schreiben vom 13. Mai 1982 dem Betriebsrat mitgeteilt, daß die Vorschrift des § 99 BetrVG für den Kieler Betrieb keine Anwendung fände, da hier keine 20 wahlberechtigten Arbeitnehmer beschäftigt würden.
Der Betriebsrat vertritt demgegenüber die Ansicht, daß die genannten drei Arbeitnehmer keine leitenden Angestellten seien. Außerdem seien die in den anderen Akademien beschäftigten Arbeitnehmer mitzuzählen. Die anderen Akademien seien keine selbständigen Betriebe, sondern lediglich unselbständige Außenstellen, die von Kiel aus verwaltet würden und Weisungen erhielten. Alle personellen Fragen würden in Kiel entschieden.
Der Betriebsrat hat daher das vorliegende Verfahren anhängig gemacht und vor dem Arbeitsgericht zunächst beantragt,
der Stiftung aufzugeben, die Beschäftigung
der Angestellten H. aufzuheben.
Er hat, nachdem die Beschäftigung der Angestellten H. infolge Zeitablaufs beendet war, seinen Antrag umgestellt und beantragt
festzustellen, daß die Stiftung die Ange-
stellte H. unter Verstoß gegen sein Mitbe-
stimmungsrecht aus § 99 BetrVG eingestellt
hat.
Die Stiftung hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie ist der Ansicht, die Akademien in den Städten außerhalb Kiels seien selbständige Betriebe, so daß die dort beschäftigten Arbeitnehmer bei der Feststellung der Betriebsgröße nicht mitgerechnet werden dürften. Im übrigen bestehe für den Antrag des Betriebsrats kein Rechtsschutzinteresse mehr, da die vom Betriebsrat angegriffene Maßnahme in der Vergangenheit liege und abgeschlossen sei.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen, das Landesarbeitsgericht ihm stattgegeben. Mit der durch Beschluß des Senats vom 10. April 1984 - 1 ABN 4/84 - zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Stiftung ihren Abweisungsantrag weiter, während der Betriebsrat um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats im Ergebnis zu Recht stattgegeben.
I. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig. Er bedarf zunächst der Auslegung.
1. Unter den Beteiligten ist die grundsätzliche Frage im Streit, ob die Stiftung für personelle Einzelmaßnahmen im Sinne von § 99 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats bedarf oder nicht. Der Betriebsrat hat mit seinem Schreiben vom 11. Mai 1982 nicht nur beanstandet, daß die Angestellte H. ohne seine Zustimmung eingestellt worden ist; er hat gleichzeitig gerügt, daß die Stiftung eine weitere personelle Einzelmaßnahme, nämlich die Versetzung einer Mitarbeiterin der Verwaltung in Kiel, ohne seine Zustimmung durchgeführt hat. Die Stiftung hat daraufhin mit ihrem Schreiben vom 13. Mai 1982 das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats allgemein bestritten mit der Begründung, daß § 99 BetrVG keine Anwendung fände, da in Kiel keine 20 wahlberechtigten Arbeitnehmer beschäftigt würden. Dieser Streit, ob § 99 BetrVG Anwendung findet oder nicht, besteht zwischen den Beteiligten nach wie vor. Er hat lediglich aus Anlaß der Beschäftigung der Angestellten H. seinen Niederschlag im vorliegenden Verfahren gefunden. Aus diesem Grund hat der Betriebsrat auch noch vor dem Arbeitsgericht seinen Antrag geändert, nachdem die Angestellte H. am 3. August 1982 wieder ausgeschieden war. Er hat geltend gemacht, daß sich vergleichbare Fälle ständig wiederholten, so daß die Frage im vorliegenden Verfahren gerichtlich entschieden werden müsse.
Bei dieser Sachlage kann der vom Betriebsrat gestellte Antrag nicht mehr dahin verstanden werden, daß der Betriebsrat lediglich die Feststellung begehrt, die Stiftung habe bei einem in der Vergangenheit liegenden, schon abgeschlossenen Einzelfall sein Mitbestimmungsrecht verletzt. Sein Vorbringen macht vielmehr deutlich, daß er auch für künftige Fälle festgestellt wissen will, die Stiftung habe bei personellen Einzelmaßnahmen sein Mitbestimmungsrecht zu beachten.
Daß der Betriebsrat seinen Antrag nicht ausdrücklich so formuliert hat, ist unschädlich. Seine Erklärung vor dem Landesarbeitsgericht, er könne ein neues Verfahren mit einem solchen Antrag anhängig machen, besagt nicht, daß er im vorliegenden Verfahren keine die generelle Streitfrage zwischen den Beteiligten klärende Entscheidung begehrt; sie macht vielmehr deutlich, daß er davon ausgeht, diese Entscheidung schon im vorliegenden Verfahren aufgrund des gestellten Antrages zu erhalten.
Damit hat der Betriebsrat schon vor dem Arbeitsgericht einen von einer konkreten Einzelmaßnahme losgelösten allgemeinen Feststellungsantrag hinsichtlich seines umstrittenen Mitbestimmungsrechts gestellt. Diese Antragsänderung war sachdienlich und damit zulässig.
2. Für den so verstandenen Feststellungsantrag besteht nach wie vor ein Rechtsschutzinteresse. Der Streit zwischen den Beteiligten besteht fort. Die Stiftung vertritt noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz die Ansicht, daß sie bei personellen Einzelmaßnahmen nicht die Zustimmung des Betriebsrats benötige. Hinsichtlich der tatsächlichen Verhältnisse ist keine Änderung eingetreten. Auch künftig wird die Stiftung personelle Einzelmaßnahmen durchführen, für die ohne gerichtliche Entscheidung stets von neuem in Streit wäre, ob sie der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen.
II. Der Antrag des Betriebsrats ist auch begründet.
1. Der Senat geht zugunsten der Stiftung davon aus, daß die Angestellten A., N. und T. leitende Angestellte sind. Damit hängt das geltend gemachte Beteiligungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG davon ab, ob die Akademien in den anderen Städten zusammen mit der Akademie in Kiel einen Betrieb bilden oder ob die Akademien in den anderen Städten jeweils selbständige Betriebe sind. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Es hat im Ergebnis auch zutreffend entschieden, daß alle Akademien zusammen einen Betrieb bilden.
a) Das Betriebsverfassungsgesetz bestimmt weder den Begriff des Betriebes noch den des Betriebsteils. Es bestimmt in § 1, daß in allen Betrieben ein Betriebsrat zu wählen ist, wenn in diesem Betrieb mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer ständig beschäftigt werden, von denen drei wählbar sind. Es bestimmt weiter in § 4 Satz 1, daß Betriebsteile unter bestimmten Voraussetzungen als selbständige Betriebe gelten, und regelt in § 4 Satz 2, daß Nebenbetriebe, in denen nicht fünf Arbeitnehmer ständig beschäftigt werden, von denen drei wählbar sind, dem Hauptbetrieb zuzuordnen sind.
Mit dieser Regelung geht das Betriebsverfassungsgesetz davon aus, daß Nebenbetriebe selbständige Betriebe sind, die gemäß § 1 BetrVG ihren eigenen Betriebsrat wählen. Nur wenn sie die Voraussetzungen des § 1 BetrVG nicht erfüllen, d.h. zu klein sind, werden sie dem Hauptbetrieb zugeordnet mit der Folge, daß die Arbeitnehmer des Nebenbetriebes als Arbeitnehmer des Hauptbetriebes gelten und mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern zusammen einen Betriebsrat wählen. In Nebenbetrieben beschäftigte Arbeitnehmer sollen damit nach dem Willen des Gesetzes auf jeden Fall eine Betriebsvertretung haben, sei es, daß sie selbst einen Betriebsrat wählen, sei es, daß sie im Hauptbetrieb mitwählen und von diesem Betriebsrat mitvertreten werden.
Nebenbetriebe sind von ihrer Organisation her selbständige Betriebe. Sie unterscheiden sich vom Hauptbetrieb nur dadurch, daß ihr arbeitstechnischer Zweck dem arbeitstechnischen Zweck des Hauptbetriebes zu dienen bestimmt ist (BAG Beschluß vom 24. Februar 1976 - 1 ABR 62/75 - AP Nr. 2 zu § 4 BetrVG 1972).
Sollen damit kleine selbständige Betriebe, deren arbeitstechnischer Zweck in einer Hilfsfunktion für den Hauptbetrieb besteht, auf jeden Fall eine Betriebsvertretung haben, so muß dies erst recht für kleine selbständige Betriebe gelten, deren arbeitstechnischer Zweck der gleiche ist wie der des Hauptbetriebes. Bei gleicher arbeitstechnischer Zwecksetzung ist noch eher davon auszugehen, daß zwischen den Arbeitnehmern der kleinen Betriebe und des Hauptbetriebes engere Beziehungen bestehen und mehr gemeinschaftliche Interessen vorhanden sind als zwischen den Arbeitnehmern des Hauptbetriebes und eines Nebenbetriebes.
Selbständige Betriebe, die die Voraussetzungen des § 1 BetrVG nicht erfüllen, d.h. keinen eigenen Betriebsrat wählen können, aber dem gleichen arbeitstechnischen Zweck dienen wie der Hauptbetrieb, sind daher diesem Hauptbetrieb zuzuordnen.
b) Die Regelung in § 1 BetrVG steht dem nicht entgegen. Wenn hier bestimmt wird, daß - nur - in den Betrieben ein Betriebsrat zu wählen ist, in denen mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer ständig beschäftigt werden, von denen drei wählbar sind, so sollen damit in erster Linie Kleinunternehmen mit nur einem Betrieb von der Betriebsverfassung ausgenommen werden, weil hier wegen der Enge der Beziehungen zwischen den wenigen Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber eine Betriebsvertretung nicht erforderlich oder angebracht erscheint. Nicht aber soll die Verfolgung eines einheitlichen arbeitstechnischen Zwecks in einer Vielzahl kleiner selbständiger organisatorischer Einheiten von der Betriebsverfassung ausgenommen werden. Das Betriebsverfassungsgesetz geht, wie § 4 Satz 2 BetrVG ausweist, davon aus, daß ein arbeitstechnischer Zweck grundsätzlich in einer betrieblichen Einheit verwirklicht wird. Ist diese Einheit geteilt, handelt es sich um Betriebsteile, die betriebsverfassungsrechtlich erst dann Bedeutung erlangen, wenn sie die Voraussetzungen des § 4 Satz 1 BetrVG erfüllen und damit selbst einen Betriebsrat wählen können. Das Betriebsverfassungsgesetz gibt in § 4 Satz 1 dem Grundsatz der möglichst ortsnahen und damit effektiveren Vertretung der Arbeitnehmer den Vorzug vor der einheitlichen Betriebsvertretung aller Arbeitnehmer des Betriebes. Neben dem arbeitstechnischen Zweck des Hauptbetriebes kennt das Betriebsverfassungsgesetz nur noch den Hilfszweck des Nebenbetriebes. Dieser gilt wegen der unterschiedlichen Aufgabenstellung als selbständiger Betrieb, soll aber - wie dargelegt -, auch dann von der Betriebsverfassung nicht ausgenommen sein, wenn er für einen eigenen Betriebsrat zu klein ist. Damit macht das Betriebsverfassungsgesetz deutlich, daß selbständige Betriebe eines Arbeitgebers/Unternehmens nicht immer schon dann betriebsratslos bleiben sollen, wenn sie nicht selbst betriebsratsfähig sind.
c) Die Zuordnung kleiner selbständiger Betriebe mit gleicher arbeitstechnischer Zwecksetzung zum Hauptbetrieb bzw. deren Zusammenfassung zu einem Betrieb, ist auch allein geeignet, die Frage, für welche organisatorischen Einheiten ein Betriebsrat zu wählen ist, verläßlich zu beantworten und damit Rechtssicherheit zu schaffen. Andernfalls müßte, wie es das Landesarbeitsgericht getan hat und wie es die Rechtsbeschwerde fordert, jeweils entschieden werden, ob solche mehr oder weniger selbständigen organisatorischen Einheiten selbständige Betriebe oder lediglich Betriebsteile sind. Eine eindeutige Abgrenzung dieser beiden Begriffe gegeneinander ist nicht möglich. Das machen die vielfältigen Versuche im Schrifttum und in der Rechtsprechung deutlich, die zu keinem einheitlichen Ergebnis geführt haben (vgl. Gamillscheg, Betrieb und "bargaining unit" in ZFA 1975, 357). Eine solche Abgrenzung ist allein schon deswegen nicht möglich, weil § 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG davon ausgeht, daß auch Betriebsteile durch Aufgabenbereich und Organisation "eigenständig", d. h. selbständig, sein können. Mag auch damit nur eine relative Selbständigkeit gemeint sein, so läßt sich auch zwischen dieser und einer größeren Selbständigkeit der "selbständigen" Betriebe keine sichere Unterscheidung treffen. Auch selbständige Betriebe sind von einer zentralen Leitung mehr oder weniger abhängig und damit nur relativ selbständig. Verläßliche Kriterien dafür, wann diese relative Selbständigkeit in eine Selbständigkeit umschlägt, die es rechtfertigt, die organisatorische Einheit nunmehr als selbständigen Betrieb im Sinne von § 1 BetrVG anzusehen, lassen sich nicht finden.
d) Danach kann zugunsten der Stiftung davon ausgegangen werden, daß die Akademien außerhalb Kiels so selbständig sind, daß sie als "selbständige Betriebe" angesehen werden können. Sie betreiben ebenso wie die Akademie in Kiel die politische Bildung Erwachsener und verfolgen damit den gleichen arbeitstechnischen Zweck wie die Akademie in Kiel. Sie bilden daher, da sie die Voraussetzungen des § 1 BetrVG nicht erfüllen, mit der Akademie Kiel zusammen einen Betrieb. Damit beschäftigt die Stiftung in ihrem Akademiebetrieb in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Die Stiftung hat daher bei personellen Einzelmaßnahmen in bezug auf die in den Akademien beschäftigten Arbeitnehmer das in § 99 BetrVG geregelte Beteiligungsrecht des Betriebsrats zu beachten.
2. Das gilt unabhängig davon, ob die in den Akademien außerhalb Kiels beschäftigten Arbeitnehmer bei der Wahl des Betriebsrats als wahlberechtigte Arbeitnehmer angesehen worden sind oder nicht. Welche Betriebe, Betriebsteile oder Nebenbetriebe einen Betrieb bilden oder als selbständige Betriebe anzusehen sind, bestimmt sich allein nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes, nicht aber nach der tatsächlichen Handhabung anläßlich einer Betriebsratswahl. Dem entspricht es, daß eine Verkennung des Betriebsbegriffes die Wahl des Betriebsrats lediglich anfechtbar macht (Beschluß vom 13. September 1984, BAG 46, 363 = AP Nr. 3 zu § 1 BetrVG 1972), der gewählte Betriebsrat somit seine gesetzlichen Aufgaben wahrzunehmen hat, wenn - wie hier - die Wahl nicht angefochten worden ist.
Auch § 18 Abs. 2 BetrVG steht der hier begehrten Entscheidung nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung kann vor der Wahl eines Betriebsrats eine Entscheidung des Arbeitsgerichts beantragt werden, wenn zweifelhaft ist, ob ein Nebenbetrieb oder ein Betriebsteil selbständig oder dem Hauptbetrieb zuzuordnen ist. Gleiches gilt für die Frage, ob überhaupt mehrere selbständige Betriebe vorliegen (Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 18 Rz 20). Diese Möglichkeit, die für eine Betriebsratswahl wichtige Frage in einem selbständigen Verfahren entscheiden zu lassen, schließt es aber nicht aus, in einem Verfahren über streitige Mitbestimmungsrechte die Frage nach der Selbständigkeit oder Zuordnung von Betrieben auch als Vorfrage zu entscheiden, jedenfalls solange eine Entscheidung in einem Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG nicht ergangen ist.
3. Damit war die Rechtsbeschwerde der Stiftung zurückzuweisen. Der Senat hat jedoch entsprechend dem Begehren des Betriebsrats den Tenor der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts klargestellt.
Dr. Heither Dr. Becker Matthes
Schneider Dr. Schönherr
Fundstellen
BAGE 50, 251-258 (LT1-2) |
BAGE, 251 |
DB 1986, 1076-1077 (LT1-2) |
ARST 1986, 99-100 (LT1-2) |
NZA 1986, 334-335 (LT1-2) |
RdA 1986, 137 |
AP § 99 BetrVG 1972 (LT1-2), Nr 28 |
AR-Blattei, Betriebsverfassung V Entsch 11 (LT1-2) |
AR-Blattei, ES 530.5 Nr 11 (LT1-2) |
EzA § 4 BetrVG 1972, Nr 4 (LT1-2) |
MDR 1986, 523-524 (LT1-2) |