Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigung einer Bürokraft durch den Betriebsrat
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitgeber kann von seinem Betriebsrat nicht verlangen, einen bestimmten Arbeitnehmer als Bürokraft zu beschäftigen.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 20. Oktober 1995 – 4 TaBV 2/95 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Betriebsrat verpflichtet ist, eine ihm von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellte Bürokraft zu beschäftigen.
Am 1. März 1989 stellte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat die Arbeitnehmerin P… als Bürokraft zur Verfügung. Seit 1993 gab es zwischen dem Betriebsrat und der Arbeitnehmerin Unstimmigkeiten; u.a. beanstandete der Betriebsrat Inhalt und Ton von Äußerungen der Arbeitnehmerin. Mit Schreiben vom 5. und 25. August 1994 teilte er der Arbeitgeberin mit, daß ihm eine weitere Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmerin wegen endgültiger Zerstörung des Vertrauensverhältnisses nicht möglich sei, es solle umgehend eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen. Es war festgestellt worden, daß die Arbeitnehmerin eine private Diskette im Büro bearbeitet und wieder mit nach Hause genommen hatte, auf der sich auch ein Protokoll einer Betriebsratssitzung vom 22. Juli 1994 befand. Seither verweigert er die Beschäftigung der Arbeitnehmerin.
Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat für verpflichtet gehalten, Frau P… weiterzubeschäftigen, weil Kündigungsgründe nicht vorlägen. Frau P… habe sich stets ordnungsgemäß verhalten; bei dem Fall mit der Diskette habe es sich um ein Versehen gehandelt.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Betriebsrat zu verpflichten, der Arbeitnehmerin Ingeborg P… Zutritt zu ihrem Arbeitsplatz im Betriebsratsbüro zu gewähren und sie als Kontoristin/Schreibkraft des Betriebsrats zu beschäftigen.
Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat sich nicht für verpflichtet gehalten, eine Schreibkraft zu beschäftigen, die sein Vertrauen nicht genieße.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Antrag weiter. Der Betriebsrat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, daß der Betriebsrat zur Beschäftigung der Frau P… nicht verpflichtet ist.
1. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß es für das Begehren der Arbeitgeberin keine Anspruchsgrundlage gibt.
a) Gem. § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat im erforderlichen Umfang Büropersonal zur Verfügung zu stellen. Aus dieser Vorschrift ergibt sich ein Anspruch des Betriebsrats, nicht aber eine Verpflichtung des Betriebsrats, Büropersonal zu beschäftigen.
Auf die in diesem Zusammenhang vom Landesarbeitsgericht angestellte und von der Rechtsbeschwerde angegriffene zusätzliche Erwägung, in der Weigerung des Betriebsrats zur Beschäftigung einer bestimmten Bürokraft liege letztlich ein Verzicht des Betriebsrats auf seinen Anspruch aus § 40 Abs. 2 BetrVG, kommt es im Streitfall nicht an, sondern allenfalls in einem Verfahren, in dem der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangt, ihm eine andere Bürokraft zur Verfügung zu stellen.
b) Auch auf den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) läßt sich der Anspruch der Arbeitgeberin nicht stützen. Es mag dahinstehen, ob dem Landesarbeitsgericht darin zu folgen ist, daß aus § 2 Abs. 1 BetrVG nie eigenständige Ansprüche hergeleitet werden können (vgl. hierzu näher GK-Kraft, BetrVG, 5. Aufl., § 2 Rz 6 ff.). Der Betriebsrat hat, ob begründet oder nicht, das Vertrauen zu der ihm vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Bürokraft verloren. Dieses Vertrauen kann die Arbeitgeberin von ihm nicht durch Berufung auf das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit einfordern. Dieses Gebot verlangt vielmehr umgekehrt, daß die Arbeitgeberin auf die durch konkrete Anhaltspunkte gestützten Empfindungen des Betriebsrats Rücksicht nimmt.
2. Fehlt es bereits an einer Anspruchsgrundlage für das Begehren der Arbeitgeberin, so ist auch kein Raum mehr für die von der Rechtsbeschwerde angestellten Überlegungen, nach welchen Maßstäben der Betriebsrat berechtigt wäre, die Erfüllung dieses Anspruchs zu verweigern und Frau P… nicht zu beschäftigen. Das gilt insbesondere für die Ansicht der Rechtsbeschwerde, es müßten Gründe vorliegen, die eine Kündigung sozial rechtfertigen könnten. Der Betriebsrat steht zu dem ihm zugewiesenen Arbeitnehmer in keiner Rechtsbeziehung, die durch eine wirksame Kündigung gelöst werden müßte.
Unterschriften
Dörner, Steckhan, Schmidt, Stappert, Hökenschnieder
Fundstellen
Haufe-Index 884915 |
NZA 1997, 844 |