Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsatzbeschwerde - sachlicher Geltungsbereich des § 16 BRTV-Bau

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Auslegungsfrage, ob Rückzahlungsforderungen wegen rechtsgrundlos nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlter Vorschüsse und vermögenswirksamer Leistungen vom sachlichen Geltungsbereich des § 16 BRTV-Bau erfaßt werden, ist seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Juni 1991 - 6 AZR 395/89 - geklärt. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache kann deshalb nicht mehr mit der bereits entschiedenen Auslegungsfrage begründet werden.

2. Ansprüche auf Rückzahlung von Arbeitsentgelt und von vermögenswirksamen Leistungen, die versehentlich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Banküberweisung gutgebracht worden sind, fallen unter den in § 16 Abs. 1 BRTV-Bau enthaltenen Rechtsbegriff "Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen".

 

Normenkette

ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 1 Nr. 2; BRTV-Bau vom 3. Februar 1981 i.d.F. vom 24. April 1996 § 16

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 28.01.1998; Aktenzeichen 15 Sa 114/97)

ArbG Berlin (Urteil vom 11.06.1997; Aktenzeichen 14 Ca 51411/96)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 28. Januar 1998 - 15 Sa 114/97 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 7.104,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von dem beklagten Bauarbeitnehmer die Rückzahlung von Abschlägen und vermögenswirksamen Leistungen, die sie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im April und Mai 1996 gezahlt hat.

Das Arbeitsgericht hat die Klage wegen Nichteinhaltung der Ausschlußfrist des § 16 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV-Bau) vom 3. Februar 1981 in der Fassung vom 24. April 1996 abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen worden, ohne die Revision zuzulassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde.

II. Die ausschließlich auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 72 a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG damit begründet, daß die Rechtssache eine Rechtsstreitigkeit über die Auslegung des bezirksübergreifenden BRTV-Bau betrifft. Die Beschwerdebegründung entspricht den gesetzlichen Voraussetzungen des § 72 a Abs. 3 Satz 2 ArbGG. Der Beschwerdeführer hat den auszulegenden Rechtsbegriff "Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen" bezeichnet und dargelegt, aus welchen Gründen sie die Auslegung dieses Rechtsbegriffes durch das Landesarbeitsgericht für fehlerhaft hält.

2. Die Überprüfung durch den Senat ergibt, daß der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

a) Eine grundsätzliche Bedeutung kann bei einem Streit über die Auslegung eines Tarifvertrages nur angenommen werden, wenn die Entscheidung der Rechtssache von der Auslegung eines bestimmten Tarifbegriffs abhängt und diese Auslegung von allgemeiner Bedeutung ist. Sie muß daher verneint werden, sobald die Tarifauslegung nicht mehr klärungsbedürftig ist, weil sie bereits vom Bundesarbeitsgericht entschieden worden ist und gegen diese Entscheidung keine neuen Gesichtspunkte vorgebracht werden (vgl. BAG Beschluß vom 5. Dezember 1977 - 4 AZN 41/79 - BAGE 32, 203, 210 = AP Nr. 1 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz; Senatsbeschluß vom 16. September 1997 - 9 AZN 133/97 - AP Nr. 54 zu § 72 a ArbGG 1979 Grundsatz).

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Auslegungsfrage nicht mehr klärungsbedürftig. Das Bundesarbeitsgericht hat am 13. Juni 1991 (- 6 AZR 395/89 - n.v.) über einem ähnlich gelagerten Fall der irrtümlichen Weiterzahlung von Lohn und vermögenswirksamen Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entschieden. Dort hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt:

"Der bereicherungsrechtliche Rückforderungsanspruch unterliegt den Ausschlußfristenbestimmungen des § 16 BRTV-Bau. Es handelt sich um Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen. Hierzu zählen alle Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis tatsächlich oder rechtlich zusammenhängen (BAGE 30, 347 = AP Nr. 3 zu § 113 BetrVG 1972; BAG Urteil vom 3. August 1982 - 1 AZR 77/81 - AP Nr. 5 zu § 113 BetrVG 1972; BAG Urteil vom 27. November 1984 - 3 AZR 596/82 - AP Nr. 89 zu § 4 TVG Ausschlußfristen) ... Der Satzteil "und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen" sorgt dafür, daß Rückabwicklungsansprüche von rechtsgrundlos gezahlter Vergütung erfaßt werden."

In den weiteren Entscheidungsgründen hat das Bundesarbeitsgericht erläutert, es spreche der Zweck der Tarifbestimmungen für die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, die Überzahlung und der daraus resultierende Rückzahlungsanspruch hätten ihren Grund in dem früheren Arbeitsverhältnis der Parteien.

Damit entspricht die von der Beschwerdeführerin als fehlerhaft bezeichnete Auslegung der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts. Die Auslegungsfrage, ob Rückzahlungsansprüche wegen versehentlicher Zahlung von Entgelt und vermögenswirksamen Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom sachlichen Geltungsbereich des § 16 BRTV-Bau erfaßt werden, ist somit bereits von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bejaht worden und bedarf keiner weiteren Klärung.

III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Beschwerde nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 25 Abs. 2 GKG.

 

Unterschriften

Düwell Schmidt Reinecke Busch Furche

 

Fundstellen

BB 1998, 2648

DB 1999, 56

FA 1999, 23

NZA 1999, 223

RdA 1999, 230

ZTR 1999, 136

AP, 0

www.judicialis.de 1998

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