Entscheidungsstichwort (Thema)
Stationierungsstreitkräfte. Mitwirkung der Hauptbetriebsvertretung bei Kündigungen anläßlich der Schließung einer Dienststelle
Leitsatz (amtlich)
- Arbeitgeber der bei den Stationierungsstreitkräften beschäftigten Arbeitnehmer ist der jeweilige Entsendestaat (BAGE 51, 104, 111 = AP Nr. 2 zu § 48 TVAL II und Urteil des Fünften Senats vom 7. Oktober 1987 – 5 AZR 116/86 – AP Nr. 15 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht, zu III 1 der Gründe).
- Das Hauptquartier als oberste Dienstbehörde ist verpflichtet, mit der Hauptbetriebsvertretung zu verhandeln, wenn die Bezirksbetriebsvertretung gegen beabsichtigte Kündigungen in einer Dienststelle eingewandt hat, es müsse vor Ausspruch der Kündigungen geprüft werden, ob nicht in einer anderen Dienststelle eine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung bestehe.
Normenkette
ZA-Nato-Truppenstatut Art. 56 Abs. 9; BPersVG §§ 79, 72
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Beschluss vom 27.03.1992; Aktenzeichen 17 (6) (17) TaBV 125/91) |
ArbG Mönchengladbach (Beschluss vom 27.01.1991; Aktenzeichen 2 BV 25/91) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 27. März 1992 – 17 (6) (17) TaBV 125/91 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten über Mitwirkungsrechte der Hauptbetriebsvertretung bei Kündigungen. Antragsteller ist die beim Hauptquartier der Britischen Rheinarmee in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Hauptbetriebsvertretung. Weiterer Beteiligter ist das Hauptquartier der Britischen Rheinarmee in der Bundesrepublik Deutschland.
Die Organisation der Britischen Rheinarmee in der Bundesrepublik Deutschland gliedert sich in drei Ebenen. Auf der untersten Ebene befinden sich einzelne Dienststellen. Dort sind örtliche Betriebsvertretungen gebildet. Auf der sog. Bezirksebene sind Mittelbehörden eingerichtet, bei denen Bezirksbetriebsvertretungen bestehen. Oberste Dienststelle der Britischen Rheinarmee ist das Hauptquartier mit der dort eingerichteten Hauptbetriebsvertretung.
Die Hauptbetriebsvertretung nimmt im vorliegenden Fall für sich in Anspruch, als oberste Stufenvertretung i. S. des BPersVG vom Hauptquartier vor Ausspruch von Kündigungen beteiligt werden zu müssen und mitwirken zu können, wenn die nachgeordnete Bezirksbetriebsvertretung gem. § 72 Abs. 4 BPersVG eine Vorlage an das Hauptquartier mit dem Antrag auf Entscheidung darauf stützt, nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden zu sein, weil im Zusammenhang mit der Schließung einer Dienststelle und deshalb anstehender Kündigungen keine Unterrichtung über freie Arbeitsplätze in anderen Dienststellen erfolgt ist.
Anlaß des Rechtsstreits zwischen den Beteiligten ist die Schließung der Dienststelle AWO (PSA) der Britischen Rheinarmee in D…, die 17 betriebsbedingte Kündigungen ziviler Arbeitskräfte zur Folge gehabt hat. Sowohl die örtliche Betriebsvertretung als auch die bei der zuständigen Mittelbehörde gebildete Bezirksbetriebsvertretung hatten im Rahmen der Mitwirkung bei den beabsichtigten Kündigungen eingewandt, eine Zustimmung zur Kündigung könne nur erfolgen, wenn zuvor geprüft worden sei, ob nicht eine Weiterbeschäftigung in einer anderen Dienststelle möglich sei. Die Bezirksbetriebsvertretung hat weiterhin darauf hingewiesen, daß sie Informationen und Unterlagen darüber benötige, in welcher Form den von der Schließung betroffenen Arbeitnehmern vorhandene freie Stellen angeboten würden.
Die Mittelbehörde hat die Einwände der Bezirksbetriebsvertretung zurückgewiesen. Sie hat hierbei die Auffassung vertreten, die Mitteilung freier Arbeitsplätze sei für die Willensbildung der Bezirksbetriebsvertretung nicht erforderlich. Vor Ausspruch der Kündigung müsse im übrigen ein Weiterbeschäftigungsangebot nicht erfolgen. Nach den Bestimmungen des Anhangs O zum TVAL II sei dies erst nach Ausspruch der Kündigung erforderlich.
Die Bezirksbetriebsvertretung hat mit Schreiben vom 9. September 1991 ihre Einwände gegen die beabsichtigten Kündigungen mit einem Antrag auf Entscheidung dem Hauptquartier als oberster Dienstbehörde vorgelegt. Das Hauptquartier hat die Hauptbetriebsvertretung mit Schreiben vom 10. September 1991 über den von der Bezirksbetriebsvertretung vorgelegten Antrag auf Entscheidung unterrichtet und um eine Besprechung der Angelegenheit bei einer bereits zuvor für den 18. September 1991 vereinbarten gemeinsamen Sitzung gebeten. Diesem Wunsch kam die Hauptbetriebsvertretung nicht nach. Mit Schreiben vom 12. September 1991 teilte sie dem Delegated Military Representative for Commander in Chief beim Hauptquartier mit, daß es nicht möglich sei, den Antrag auf Entscheidung so kurzfristig auf die Tagesordnung zu setzen, weil sich das Gremium der Hauptbetriebsvertretung innerhalb dieser Zeit nicht sachkundig machen könne.
Im Anschluß daran vertrat das Hauptquartier in einem Schreiben vom 16. September 1991 an die Hauptbetriebsvertretung die Auffassung, der Antrag auf Entscheidung entbehre einer Grundlage, weil die Bezirksbetriebsvertretung nicht das Recht habe, Informationen über einzelne freie Stellen in anderen Dienststellen zu fordern. Mit einem weiteren Schreiben des Hauptquartiers vom 24. September 1991 wurde der Antrag der Bezirksbetriebsvertretung abgelehnt. Vorherige mündliche Verhandlungen mit der Hauptbetriebsvertretung haben nicht stattgefunden. In dem Schreiben des Hauptquartiers ist u. a. folgendes ausgeführt:
- “
- Ich habe über ihren Antrag auf Entscheidung eingehend nachgedacht und glaube nicht, daß die Bezirksbetriebsvertretung Anspruch auf Informationen über freie Posten in anderen Dienststellen hat. Weiterhin haben einzelne Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf alternative Beschäftigungsangebote vor Abschluß des Mitwirkungsverfahrens auf Dienststellenebene.
- Dessen ungeachtet hat der DMR HQ (BR) RCZ seinen guten Willen dadurch gezeigt, daß er Ihnen diese Informationen zur Verfügung gestellt und bekundet hat, daß er dies auch nach Ausspruch der Kündigungen weiter tun wird.
- Aus diesem Grunde muß ich den Antrag ablehnen.”
Die Hauptbetriebsvertretung hat die Auffassung vertreten, ihre personalvertretungsrechtlichen Mitwirkungsrechte seien durch die Weigerung des Hauptquartiers, die Kündigungsangelegenheit mit ihr zu verhandeln, verletzt worden. Die Bezirksbetriebsvertretung habe im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens vor Ausspruch der Kündigungen Informationen und Unterlagen zu Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in anderen Dienststellen anfordern können. Solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten seien vor Ausspruch der Kündigungen zu prüfen gewesen, weil Arbeitgeber der von den beabsichtigten Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer nicht deren Dienststelle, sondern das Königreich von Großbritannien und Nordirland gewesen sei. Die Bezirksbetriebsvertretung habe daher gegen die beabsichtigten Kündigungen zu Recht Einwendungen erhoben und einen begründeten Antrag auf Entscheidung der obersten Dienststelle gestellt.
Die Hauptbetriebsvertretung hat weiterhin gemeint, ein rechtliches Interesse an der Klärung der Frage zu haben, ob das Hauptquartier mit der Hauptbetriebsvertretung im Rahmen eines von der Bezirksbetriebsvertretung gestellten Antrages auf Entscheidung über Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in anderen Dienststellen verhandeln muß. Das Rechtsschutzinteresse ergäbe sich hier daraus, daß sich vergleichbare Sachverhalte wie im vorausgegangenen Fall der Schließung der Dienststelle AWO (PSA) D… wegen des noch nicht abgeschlossenen Personalabbaus bei den Britischen Streitkräften in Deutschland wiederholen könnten.
Die Hauptbetriebsvertretung hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,
- festzustellen, daß das Hauptquartier das Mitwirkungsrecht der Hauptbetriebsvertretung Berletzt, indem das Hauptquartier in einem Verfahren auf Mitwirkung bei Kündigungen, in welchem die Bezirksbetriebsvertretung Informationen über freie Stellen in anderen Dienststellen verlangt hatte und nach Ablehnung Antrag auf Entscheidung durch das Hauptquartier gestellt hatte, ohne Mitwirkung der Hauptbetriebsvertretung abschließend entscheidet;
- festzustellen, daß das Hauptquartier das Mitwirkungsrecht der Hauptbetriebsvertretung verletzt, indem das Hauptquartier nach Vorlage der Mitwirkungsangelegenheit an die Hauptbetriebsvertretung ohne weitere Durchführung des Mitwirkungsverfahrens abschließend entscheidet.
Das Hauptquartier hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Das Hauptquartier hat gemeint, der Hauptbetriebsvertretung fehle bereits das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung, weil die Dienststelle AWO (PSA) D… zum 28. Februar 1991 (richtig: 1992) geschlossen worden sei. Damit sei der Arbeitgeber der gekündigten Arbeitnehmer nicht mehr existent. Arbeitgeber der von den Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer sei nämlich die Dienststelle und nicht das Königreich von Großbritannien und Nordirland. Im übrigen bestehe im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens nach §§ 79, 72 BPersVG kein Anspruch der Bezirksbetriebsvertretung auf Information zu Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei anderen Dienststellen. Soweit Einwendungen gegen beabsichtigte Kündigungen hierauf gestützt würden, seien sie offensichtlich unzulässig. Die oberste Dienstbehörde könne daher in diesem Falle ohne weitere Verhandlungen mit der Hauptbetriebsvertretung über den Antrag der Bezirksbetriebsvertretung entscheiden.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu 1) stattgegeben. Den Antrag zu 2) hat es – rechtskräftig – als unbegründet zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Hauptquartiers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt das Hauptquartier seinen Abweisungsantrag weiter, während die Hauptbetriebsvertretung Zurückweisung der Rechtsbeschwerde beantragt.
Entscheidungsgründe
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem allein noch streitbefangenen Antrag zu 1) zu Recht stattgegeben.
I. Der Antrag ist zulässig.
1. Über den Antrag der Hauptbetriebsvertretung ist gem. Abs. 9 des Unterzeichnungsprotokolls (UP) zu Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (BGBl. II 1961, 1183), geändert durch das Abkommen vom 21. Oktober 1971 (BGBl. II 1973, 1021), in Kraft getreten am 18. Januar 1974 (BGBl. II 1974, 143), im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren zu entscheiden (vgl. BAGE 48, 81, 84 = AP Nr. 1 zu Art. I Nato-Truppenstatut, zu B I 1 der Gründe). Gegenstand des Rechtsstreits ist eine Frage der Zuständigkeit der Hauptbetriebsvertretung, worüber gemäß Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen(ZA)-Nato-Truppenstatut i. V. mit § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG die Gerichte zu entscheiden haben (vgl. Lorenzen/Schmitt, BPersVG, Stand Januar 1992, § 83 Rz 22a).
Die Antragsbefugnis der Hauptbetriebsvertretung ergibt sich aus der Verweisung in Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut, wo für die Betriebsvertretung der zivilen Arbeitskräfte bei Stationierungsstreitkräften auf das deutsche Personalvertretungsrecht verwiesen wird. Antragsgegner ist das Hauptquartier der Britischen Rheinarmee als oberste Dienststelle, bei der die antragstellende Hauptbetriebsvertretung eingerichtet ist (vgl. dazu Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 1 Rz 21 und § 83 Rz 43).
2. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Die Hauptbetriebsvertretung begehrt die Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses i. S. des § 256 Abs. 1 ZPO.
a) Rechtsverhältnisse i. S. des auf das Beschlußverfahren entsprechend anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO (BAGE 56, 18, 24 = AP Nr. 23 zu § 77 BetrVG 1972, zu B I der Gründe) sind nicht nur die aus einem vorgetragenen Sachverhalt ableitbaren rechtlichen Beziehungen von Personen untereinander (vgl. BGHZ 22, 43, 46). Zulässiger Gegenstand von Feststellungsanträgen sind vielmehr auch einzelne Folgen solcher Rechtsbeziehungen, z. B. einzelne Ansprüche aus diesen Rechtsbeziehungen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 17. Aufl., § 256 Anm. 3a; Zöller/Stephan, ZPO, 17. Aufl., § 256 Rz 3). Gegenstand von Feststellungsanträgen kann daher auch das Bestehen oder Nichtbestehen von Mitbestimmungsrechten an einer näher zu bezeichnenden Maßnahme sein (vgl. Senatsbeschluß vom 16. August 1983 – 1 ABR 11/82 – AP Nr. 2 zu § 81 ArbGG 1979, zu B II 2 der Gründe; BAGE 56, 197, 202 = AP Nr. 24 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, zu B I 2a, b der Gründe; BAGE 61, 283, 287 = AP Nr. 65 zu § 99 BetrVG 1972, zu II 1 der Gründe). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt, weil die Hauptbetriebsvertretung die Feststellung von Mitwirkungsrechten bei Kündigungen geltend macht.
b) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiterhin angenommen, die von der Hauptbetriebsvertretung begehrte Feststellung betreffe ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis. Mit dem Antrag der Hauptbetriebsvertretung soll eine Entscheidung über eine zwischen den Beteiligten in Streit befindliche Frage herbeigeführt werden, die über den Anlaß des Rechtsstreits – Kündigungen bei der AWO (PSA) D… – hinausreicht. Es geht darum, ob das Hauptquartier mit der Hauptbetriebsvertretung gem. § 72 Abs. 4 BPersVG zu verhandeln hat, wenn die Bezirksbetriebsvertretung Einwendungen gegen beabsichtigte Kündigungen und einen Antrag auf Entscheidung des Hauptquartiers damit begründet, ihr seien keine Informationen über Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die von den Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer in anderen Dienststellen erteilt worden. Diese Frage ist für die Beteiligten im Rahmen des anstehenden Abbaus von Personal bei den Britischen Stationierungsstreitkräften von aktueller Bedeutung.
c) Die Hauptbetriebsvertretung hat auch ein rechtliches Interesse i.S. des § 256 Abs. 1 ZPO an der beantragten Feststellung. Die Kündigungen bei der Dienststelle AWO (PSA) D… sind zwar zwischenzeitlich ausgesprochen worden. Damit ist das rechtliche Interesse jedoch nicht entfallen. Wegen des anstehenden Personalabbaus bei den Britischen Stationierungsstreitkräften und der damit verbundenen Schließung von Dienststellen ist vielmehr davon auszugehen, daß sich ein dem Anlaßfall vergleichbarer Vorgang wiederholen wird. Besteht aber die – auch nur geringe – Wahrscheinlichkeit, daß sich ein gleichartiger Vorgang wie der in der Vergangenheit liegende wiederholen wird, so besteht auch ein Rechtsschutzinteresse an der Klärung eines in der Vergangenheit liegenden Sachverhalts (vgl. BAG Beschluß vom 6. November 1990 – 1 ABR 34/89 – AP Nr. 94 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie, zu B I 2a der Gründe; BAGE 39, 259, 264 ff. = AP Nr. 5 zu § 83 ArbGG 1979, zu III der Gründe).
II. Der Antrag der Hauptbetriebsvertretung ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, der Hauptbetriebsvertretung stehe ein Mitwirkungsrecht für den Fall zu, daß die Bezirksbetriebsvertretung im Rahmen der Mitwirkung auf ihrer Stufenebene gegen vom Arbeitgeber beabsichtigte Kündigungen im Zusammenhang mit der Schließung einer Dienststelle/Einheit Einwendungen erhebt und einen Antrag auf Entscheidung des Hauptquartiers damit begründet, ihr seien trotz Aufforderung keine Informationen über Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in anderen Dienststellen der Britischen Stationierungsstreitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland erteilt worden. Gründe, die eine Fortführung des Mitwirkungsverfahrens gem. § 72 Abs. 4 Satz 1 BPersVG auf der höchsten Stufenebene, hier der des Hauptquartiers, unter Mitwirkung der Hauptbetriebsvertretung ausschließen, liegen bei einer solchen Fallgestaltung nicht vor.
1. Bei den Britischen Stationierungsstreitkräften in der Bundesrepublik Deutschland wirkt die Betriebsvertretung vor Ausspruch von Kündigungen ziviler Arbeitskräfte durch den Arbeitgeber mit. Dies ergibt sich aus Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut i. V. mit § 70 Abs. 1 Soldatengesetz und § 79 Abs. 1 BPersVG. Die Dienststelle hat nach § 72 Abs. 1 BPersVG mit der Betriebsvertretung die beabsichtigte Kündigung mit dem Ziel einer Verständigung rechtzeitig und eingehend zu erörtern. Nach § 68 Abs. 2 BPersVG ist im übrigen die Betriebsvertretung rechtzeitig und umfaßend über die beabsichtigte Maßnahme zu unterrichten.
2. Die Betriebsvertretung kann im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens gem. § 79 Abs. 1 BPersVG Einwendungen erheben. Dabei ist sie – worauf das Landesarbeitsgericht mit zutreffenden Erwägungen hingewiesen hat – nicht auf die in § 79 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 1 bis 5 BPersVG genannten Gründe beschränkt. Sie kann vielmehr auch aus anderen Gründen Einwendungen erheben und bei Ablehnung der Einwendungen durch die Dienststelle gem. § 72 Abs. 4 BPersVG eine Entscheidung der übergeordneten Dienststelle beantragen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts, der sich der erkennende Senat anschließt (vgl. Urteil vom 29. September 1983 – 2 AZR 179/82 – AP Nr. 1 zu § 79 BPersVG, zu A IV 1 bis 6 der Gründe, mit zust. Anm. Löwisch/Bittner; zustimmend auch Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 7. Aufl., § 79 Rz 7; Altvater/Bacher/Hörter/Sabottig/Schneider, BPersVG, 3. Aufl., § 79 Rz 8; Lorenzen/Etzel, aaO, § 79 Rz 70; Fischer/Goeres, BPersVG, Stand 1987, § 79 Rz 6 sowie bereits Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 79 Rz 53).
a) Wie der Zweite Senat dargelegt hat, widerspräche es der Zielsetzung des Mitwirkungsrechts bei ordentlichen Kündigungen, wenn die Einwendungsmöglichkeiten des Personalrats auf die in § 79 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 1 bis 5 BPersVG genannten Tatbestände beschränkt würden. Aus der Gesetzgebungsgeschichte und der Systematik des § 79 BPersVG ergibt sich, daß die in § 79 Abs. 1 Satz 3 BPersVG genannten Einwendungstatbestände im Zusammenhang mit dem in § 79 Abs. 2 Satz 1 BPersVG normierten Weiterbeschäftigungsanspruch gesehen werden müssen. Nur wenn einer der in § 79 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 1 bis 5 BPersVG angeführten Gründe vom Personalrat vorgebracht wird, besteht ein Weiterbeschäftigungsanspruch. Durch die Einführung der in § 79 Abs. 1 Satz 3 BPersVG genannten Einwendungsgründe sollte dem Personalrat insoweit eine verstärkte Beteiligungsbefugnis gegeben werden.
In dieser Rechtsfolge erschöpft sich die Bedeutung der in § 79 Abs. 1 Satz 3 BPersVG genannten Einwendungstatbestände (vgl. BAG Urteil vom 29. September 1983, aaO, zu A IV 4b der Gründe; Dietz/Richardi, aaO, § 79 Rz 54; Fischer/Goeres, aaO, § 79 Rz 6). Bei Einwendungen, die nicht im Katalog des § 79 Abs. 1 Satz 3 BPersVG genannt sind, bleibt die Dienststelle jedoch gleichwohl gem. § 72 Abs. 3 BPersVG verpflichtet, dem Personalrat eine ablehnende Entscheidung unter Angabe der Gründe schriftlich mitzuteilen. Dem Personalrat steht dann nach § 72 Abs. 4 BPersVG das Recht zu, die Angelegenheit der übergeordneten Dienststelle vorzulegen. Diese hat dann nach Verhandlungen mit der bei ihr gebildeten Stufenvertretung zu entscheiden. Aus dem Gesetzgebungsverfahren ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß mit der Einführung des Einwendungskatalogs in § 79 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 1 bis 5 BPersVG dieses mehrstufige Beteiligungsverfahren bei Kündigungen eingeschränkt werden sollte (BAG Urteil vom 29. September 1983, aaO, zu A IV 4b der Gründe).
b) Aus dieser Auslegung des § 79 Abs. 1 BPersVG ergibt sich für den vorliegenden Fall, daß das Hauptquartier gem. § 72 Abs. 4 Satz 2 BPersVG verpflichtet war, mit der Hauptbetriebsvertretung über den von der Bezirksbetriebsvertretung gestellten Antrag auf Entscheidung zu verhandeln. Die Bezirksbetriebsvertretung hatte gegen die beabsichtigten Kündigungen in der Dienststelle AWO (PSA) D… eingewandt, es müsse vor Ausspruch der Kündigungen geprüft werden, ob nicht in einer anderen Dienststelle die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung der von der Schließung der Dienststelle in D… betroffenen Arbeitnehmer bestehe. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang hervorgehoben, daß es wesentlicher Bestandteil des Mitwirkungsrechts bei Kündigungen ist, seitens der Betriebsvertretung auf solche Bedenken hinzuweisen.
Ob eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im vorliegenden Fall tatsächlich besteht, ist nicht entscheidungserheblich. Es geht allein darum, daß das Hauptquartier vor seiner Entscheidung über den Antrag der Bezirksbetriebsvertretung gem. § 72 Abs. 4 Satz 2 BPersVG mit der Hauptbetriebsvertretung verhandeln mußte und nicht – wie erfolgt – ohne vorherige Verhandlung den Antrag der Bezirksbetriebsvertretung bescheiden konnte. Dabei wäre das Hauptquartier nach Abschluß des Mitwirkungsverfahrens nicht gehindert gewesen, die Kündigungen trotz der Einwendungen auszusprechen und die Arbeitnehmer zur Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigungen auf die Kündigungsschutzklage zu verweisen.
Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht weiterhin darauf hingewiesen, daß es dahinstehen kann, ob der Einwand der Bezirksbetriebsvertretung dem Grund des § 79 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BPersVG entspricht. Nach dieser Bestimmung kann der Personalrat gegen die Kündigung Einwendungen erheben, wenn seiner Ansicht nach der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweiges an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann. Es ist nämlich weder rechtlich erheblich, ob die zur Schließung anstehende Dienststelle i. S. dieser Bestimmung in einen übergeordneten “Verwaltungszweig” integriert ist, noch, ob die von der Bezirksbetriebsvertretung angesprochenen anderen Dienststellen in dem im Gesetz aufgezeigten räumlichen Geltungsbereich liegen. Beide Einschränkungen treffen nur den Fall, daß im Hinblick auf einen späteren Weiterbeschäftigungsanspruch eines betroffenen Arbeitnehmers die Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 Satz 3 BPersVG zu prüfen sind. Auch bei einem insoweit unbegründeten Einwand entfällt jedoch nicht die Verhandlungspflicht nach § 72 Abs. 4 Satz 2 BPersVG.
c) Die zur Begründung des Antrags auf Entscheidung von der Bezirksbetriebsvertretung vorgebrachten Einwände sind auch nicht rechtsmißbräuchlich. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist nämlich Arbeitgeber der von den Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer nicht die Beschäftigungsdienststelle.
Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist Arbeitgeber der bei den Stationierungsstreitkräften beschäftigten Arbeitskräfte der jeweilige Entsendestaat (BAG Urteil vom 30. November 1984 – 7 AZR 499/83 – AP Nr. 6 zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut, zu II 3 der Gründe; BAG Urteil vom 29. Januar 1986, BAGE 51, 104, 111 = AP Nr. 2 zu § 48 TVAL II und BAG Urteil vom 7. Oktober 1987 – 5 AZR 116/86 – AP Nr. 15 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht, zu III 1 der Gründe; so auch Beitzke, RdA 1959, 441, 442; ders., AR-Blattei, Stationierungsstreitkräfte I, B II 3; Volk, Die Rechtsstellung der deutschen Zivilbeschäftigten bei den Stationierungsstreitkräften im Bundesgebiet und bei den alliierten Streitkräften in West-Berlin, 1972, S. 284 ff.; a.A. Pretzsch/Schalkhäuser/Rechenberg, Das Recht der Arbeitnehmer bei den Streitkräften, 1955, S. 27; vgl. auch Rehbinder, Die Rechtsnatur der Arbeitsverhältnisse deutscher Arbeitnehmer bei den ausländischen Streitkräften, 1969, S. 30 ff., der als Arbeitgeber sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die alliierten Truppen ansieht).
Nur dies entspricht dem Verständnis des Arbeitgebers als einer zum Abschluß eines Arbeitsvertrages befähigten rechtsfähigen natürlichen und juristischen Person. Auch im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland ist Arbeitgeber nicht die einzelne Behörde oder Verwaltung, sondern die jeweilige Körperschaft. Davon zu trennen ist die Frage, wer einzelne Arbeitgeberfunktionen gegenüber dem Arbeitnehmer wahrnimmt. Dies ist regelmäßig der zuständige Behördenleiter, der dadurch aber nicht zum Arbeitgeber im Rechtssinne wird.
Dem steht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht die noch zu Art. 44 Truppenvertrag ergangene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Dezember 1957 entgegen (– 1 AZR 87/57 – AP Nr. 11 zu Art. 44 Truppenvertrag). Dort ist vorrangig vor allem negativ festgestellt worden, daß Arbeitgeber der bei den Streitkräften beschäftigten Arbeitnehmer nicht die Bundesrepublik Deutschland ist. Wenn in diesem Zusammenhang darauf verwiesen wurde, daß die Arbeitgeberfunktionen und mit ihnen auch die Arbeitgeberstellung “bei den Behörden der Streitkräfte” liegen und die Bediensteten zu den “Behörden der Streitkräfte” in einem Arbeitsverhältnis stehen, liegt darin keine positive Feststellung, daß nicht der Entsendestaat, sondern die einzelne Dienststelle Arbeitgeber im Sinne der formalen Stellung als Träger der Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag sei.
Nichts anderes ergibt sich aus dem Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut und dem Unterzeichnungsprotokoll. Das Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut unterscheidet zwischen den Behörden einer Truppe und des zivilen Gefolges (vgl. Art. 56 Abs. 1 Buchst. b und f, Abs. 6, Abs. 7 Buchst. a und b, ZA-Nato-Truppenstatut) und dem Arbeitgeber (vgl. Art. 56 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 8 ZA-Nato-Truppenstatut). Im Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut ist dabei allerdings nicht bestimmt, daß die Dienststellen einer Truppe als Arbeitgeber anzusehen sind. Art. 56 Abs. 2 Buchst. a und b ZA-Nato-Truppenstatut geht vielmehr davon aus, daß die Beschäftigungsdienststellen in eine Behördenhierarchie des Arbeitgebers eingegliedert sind. Die nach Art. 56 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 ZA-Nato-Truppenstatut mögliche Erklärung des “Arbeitgebers”, der Weiterbeschäftigung stünden militärische Bedenken entgegen, hat durch eine schriftliche Erklärung der obersten Dienstbehörde zu erfolgen; oberste Dienstbehörde ist nach Art. 56 Abs. 2 Buchst. b ZA-Nato-Truppenstatut die “in der Bundesrepublik Deutschland gelegene höchste, für die Beschäftigungsdienststelle des gekündigten Arbeitnehmers verwaltungsmäßig zuständige Dienststelle”. Diese Regelung wäre kaum verständlich, wollte man schon die Beschäftigungsdienststelle selbst als “Arbeitgeber” ansehen.
Aus dem Unterzeichnungsprotokoll zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut ergibt sich weiterhin, daß Dienststellen i. S. des BPersVG die einzelnen Verwaltungsstellen und Betriebe einer Truppe und eines zivilen Gefolges in der Bundesrepublik Deutschland sind. Auch diese Gleichstellung von Dienststellen i. S. des BPersVG mit den einzelnen Verwaltungsstellen der Streitkräfte spricht dafür, daß nicht die Dienststellen der Britischen Rheinarmee Arbeitgeber sind, weil eine Dienststelle i. S. des BPersVG nach deutschem Recht nicht Arbeitgeber ist, sondern die dahinterstehende Körperschaft.
Auch soweit Art. 56 Abs. 6 ZA-Nato-Truppenstatut den Behörden einer Truppe und eines zivilen Gefolges gegenüber den Arbeitskräften u. a. die Befugnis zur Einstellung und zur Kündigung einräumt, spricht dies nicht für die Arbeitgeberstellung dieser Behörden, sondern eher dagegen. Einer ausdrücklichen Zuweisung dieser Befugnis an einen Arbeitgeber bedarf es nämlich nicht, weil dieser selbstverständlich zu diesen Maßnahmen befugt ist. Wenn den einzelnen Behörden diese Befugnis ausdrücklich eingeräumt wird, so ist dies vielmehr i. S. einer Erweiterung der Rechtsstellung zu verstehen. Die Dienststellen werden damit aber ebensowenig Arbeitgeber wie der in einem Großunternehmen zur Einstellung und Entlassung befugte Personalleiter Arbeitgeber der bei dem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer wird.
Der Einwendung der Bezirksbetriebsvertretung, es müsse vor Ausspruch der Kündigung geprüft werden, ob nicht in einer anderen Dienststelle die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung der von der Schließung der Dienststelle in D… betroffenen Arbeitnehmer bestehe, kann daher nicht entgegengehalten werden, Arbeitgeber sei allein die bisherige Beschäftigungsdienststelle gewesen. Das Begehren der Bezirksbetriebsvertretung war daher nicht rechtsmißbräuchlich. Das Hauptquartier war vielmehr verpflichtet, gem. § 72 Abs. 4 BPersVG mit der Hauptbetriebsvertretung über den von der Bezirksbetriebsvertretung gestellten Antrag auf Entscheidung zu verhandeln. Die Entscheidung ohne vorherige Verhandlungen war rechtswidrig.
Das Landesarbeitsgericht hat daher dem allein noch streitbefangenen Antrag zu 1) zu Recht entsprochen. Die Rechtsbeschwerde des Hauptquartiers ist unbegründet.
Unterschriften
Dr. Kissel, Dr. Weller, Dr. Rost, Dr. Federlin, Peter Berg
Fundstellen