Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten
Leitsatz (amtlich)
Hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen stillschweigend durch Erlaß eines Urteils bejaht, ist das Berufungsgericht gemäß § 17a Abs. 5 GVG, § 65 ArbGG gehindert, die Frage des Rechtswegs zu prüfen (Anschluß an BGH Urteil vom 12. November 1992 – V ZR 230/91 – BGHZ 120, 204 und BGH Urteil vom 19. November 1993 – V ZR 269/92 – NJW 1994, 387).
Normenkette
GVG § 17a; ArbGG § 65
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 22.02.1996; Aktenzeichen 7 (9) Sa 294/95) |
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 31.01.1995; Aktenzeichen 1 Ca 1965/94) |
Tenor
Auf die weitere sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. Februar 1996 – 7 (9) Sa 294/95 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit ist vor den Gerichten für Arbeitssachen zu verhandeln.
Tatbestand
I. Der Kläger nimmt die Beklagte mit seiner beim Arbeitsgericht eingereichten Klage auf Schadenersatz wegen des Todes eines Pferdes in Anspruch. Im ersten Rechtszug ist die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht gerügt worden. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe für den Tod des Pferdes nicht zu haften, weil sie mit dem Beklagten nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern in einem Ausbildungsverhältnis gestanden habe.
Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Im Laufe des Berufungsverfahrens ist der schriftliche Ausbildungsvertrag vorgelegt worden, den die Beklagte abgeschlossen hatte. Ausbilder ist hiernach nicht der Kläger, sondern ein Dritter, nämlich Herr H…. Mit der Begründung, zwischen den Parteien bestehe kein Ausbildungsverhältnis, auch wenn sich die tatsächliche Ausbildung der Beklagten nach § 5 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Pferdewirt (vom 1. November 1975 – BGBl. I S. 2719) im Betrieb des Klägers vollzogen habe, hat das Landesarbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen verneint und den Rechtsstreit an das Landgericht Weiden verwiesen. Gegen diesen Beschluß hat die Beklagte weitere sofortige Beschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die weitere sofortige Beschwerde ist zulässig. Zwar hat das Landesarbeitsgericht sie nicht in der Beschlußformel, wohl aber – wenn auch in etwas mißverständlicher Formulierung – am Ende seiner Beschlußgründe zugelassen. Die sonstigen Formalien für die weitere sofortige Beschwerde sind gewahrt.
Die weitere sofortige Beschwerde ist auch begründet. Das Landesarbeitsgericht hätte nicht mehr vorab durch einen gesonderten Beschluß über die Frage des Rechtswegs entscheiden dürfen. Es hat zu Unrecht § 17a Abs. 5 GVG und § 65 ArbGG nicht angewendet. Hiernach hat das Gericht bzw. Berufungsgericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Hat das erstinstanzliche Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg dadurch konkludent bejaht, daß es in der Sache selbst eine Entscheidung getroffen hat, so ist das Berufungsgericht gehindert, die Rechtswegfrage inhaltlich zu überprüfen, wenn eine Vorabentscheidung des erstinstanzlichen Gerichts nicht geboten war (BGH Urteil vom 19. November 1993 – V ZR 269/92 – NJW 1994, 387). Die Bejahung des Rechtswegs bei Erlaß eines Sachurteils ist für das weitere Verfahren auch dann bindend, wenn die Rüge der fehlenden Rechtswegzuständigkeit – anders als nach § 17a GVG vorgesehen – erst im Berufungsrechtszug erfolgt (BGH Urteil vom 12. November 1992 – V ZR 230/91 – BGHZ 120, 204, 206).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Im ersten Rechtszug ist nicht gerügt worden, daß der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gegeben sei. Diese Rüge ist vielmehr erst im zweiten Rechtszug erhoben worden, nachdem der Ausbildungsvertrag vorgelegt worden ist, den die Beklagte abgeschlossen hatte.
Unterschriften
Griebeling, Schliemann, Reinecke
Fundstellen
Haufe-Index 875309 |
NJW 1996, 3430 |
JR 1997, 220 |
NZA 1996, 1117 |
AP, 0 |